9.45

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kanz­ler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Klubobmann Kickl hat gestern einen, wie ich finde, sehr bemer­kenswerten Satz gesagt: Er hat uns, die anderen Parteien, alle miteinander angesichts der schweren Erkrankung von Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner zu mehr Demut aufgefordert und hat noch gemeint, es gebe keinen Grund zu Häme oder Schadenfreude; zumindest wird das in den Medien so zitiert.

Kollege Kickl, ich gebe Ihnen recht, es gibt keinen Grund zu Häme oder Schadenfreude, und Sie werden bei uns auch keine Häme oder Schadenfreude erleben. (Abg. Kickl: Auf Twitter, glaube ich, haben Sie ein paar ...!) Ganz im Gegenteil! Wir bangen nämlich, ge­nauso wie auch Sie in der Zwischenzeit bangen, um das Leben des Herrn Haimbuchner, den ich beispielsweise selber seit über 20 Jahren kenne. Das geht mir selber nahe, wenn jemand aus meiner Nachbargemeinde mit 42 Jahren, gerade einmal zwei Jahre jünger als ich, schwer an Corona erkrankt und eben jetzt gerade um sein Leben kämpft. Da gibt es keine Häme und keine Schadenfreude. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Sie fordern uns alle miteinander dazu auf, dass wir demütig sein sollen. Also ich habe von meinen Eltern gelernt, dass man sich, wenn man etwas von jemandem anderen verlangt, zuerst einmal selber Gedanken darüber macht, ob man auch selber bereit ist, das zu tun. Und diese Demut, die Sie von uns verlangen, sehe ich bei Ihnen nicht, ganz im Gegenteil, nämlich angesichts der aktuellen Fakten.

Wir haben momentan eine Inzidenz von 243,1. Ich glaube, das Ziel wäre einmal ge­wesen, dass wir unter 50 kommen. Das war immer so dieses Inzidenzziel, eines von mehreren Zielen, die es eben braucht, um Öffnungen ermöglichen zu können. Diese 243,1 ziehen sich von Vorarlberg mit 78 bis Wien mit 312. Das ist Fakt.

Gestern zu Mittag oder gegen 14 Uhr befanden sich 436 Menschen auf Intensivstatio­nen. Dazu sei gleich einmal gesagt: Die Zeitspanne von der Aufnahme im Spital bis zur Verlegung auf die Intensivstation beträgt in der Zwischenzeit durchschnittlich 6 Stunden, und die Wahrscheinlichkeit, dass jemand auf die Intensivstation verlegt werden muss, ist in der Zwischenzeit doppelt so hoch wie noch vor vier oder fünf Wochen. Woran liegt das? – Das liegt eben in erster Linie an der starken Verbreitung der britischen Virusmu­tation insbesondere in Ostösterreich.

Das Durchschnittsalter jener Menschen, die beispielsweise im AKH hospitalisiert sind, liegt momentan bei 52. Die Altersgrenze sinkt immer weiter. Das heißt, die Menschen, die ins Spital müssen, die Menschen, die auf die Intensivstation kommen, werden immer jünger, so wie eben unter anderem auch ihr eigener Parteikollege mit 42 Jahren.

Demgegenüber steht gleichzeitig: Es sind bis gestern eine Million Menschen in Öster­reich zumindest einmal geimpft worden; manche von ihnen sind in der Zwischenzeit schon zweimal geimpft worden, haben also beide Teilimpfungen bekommen. Wir bekom­men jetzt im März circa eine Million Impfdosen zugesendet, im April werden es zwei Millionen sein. Das heißt, das sind alles Fortschritte, die wir machen, die uns auch wei­terbringen. Solange wir aber mit der Impfung noch nicht in die Breite gekommen sind, sodass wirklich alle ein Impfangebot bekommen haben, gelten eben noch weiterhin die­se Maßnahmen wie Maske tragen, Abstand halten, Kontakte reduzieren.

Was steht dem gegenüber? – Ihre Politik. Sie reden die Masken schlecht, Sie kampagni­sieren dagegen, Sie tun so, als ob im Endeffekt das Tragen einer Maske mehr oder minder der erste Weg in die Diktatur wäre. Sie reden übrigens die ganze Zeit von einer Diktatur. Ihr eigener Kollege, Kollege Wurm, hat das auch in der letzten Gesundheitsaus­schusssitzung gemacht und sozusagen die Diktatur, die Gesundheitsdiktatur in unserem Land herbeigeredet. (Abg. Kickl: Sie nicken ja nur mehr ab!)

Ich meine, damit desavouieren Sie nicht nur alle demokratischen Institutionen in diesem Land, sondern uns alle hier herinnen, die wir hier als demokratische Vertreterinnen und Vertreter des Landes sitzen, all die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, die Landtags­abgeordneten in diesem Land, die tagtäglich auch in der Krise dafür arbeiten, dass wir eben gut durchkommen. Sie alle desavouieren Sie genau mit solchen Aussagen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Sie desavouieren damit genauso auch die freien Gerichte, die freie Presse, denn das gehört auch alles zu einem demokratischen Land dazu. (Abg. Kickl: Sehr frei!)

Sie kampagnisieren gegen die Tests. Ihr eigener Generalsekretär stellt sich hier heraus und tut so, als ob der Test keine Wirksamkeit habe, indem er hier mit Cola herummischt. Ich meine, ich weiß schon  vielleicht weiß Kollege Schnedlitz es noch nicht , dass man das Ganze auch mit einem Schwangerschaftstest machen kann. Vielleicht kommt ja Kollege Schnedlitz als Nächstes dann darauf, dass man von Cola schwanger wird, aber okay. (Heiterkeit und Beifall bei Grünen und ÖVP.) Sogar Ihr eigener Experte, Kollege Allerberger, hat im Gesundheitsausschuss gesagt, dass asymptomatische Personen ein Ansteckungsrisiko für andere darstellen. Auch das ist ein Grund dafür, warum wir testen, testen, testen.

Sie kampagnisieren gegen die Impfung. Ihre eigene stellvertretende Klubobfrau hat erst letzte Woche wieder Fakenews verbreitet, indem sie von 4 000 Impftoten schwadroniert hat, davon angeblich 200 alleine in Deutschland. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Sie verunsichern die Menschen in einer Tour, Sie kampagnisieren in einer Tour, ohne jegliche Vernunft, ohne jegliche Demut – Demut, die Sie von anderen einfordern! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, wenn Ihr von anderen etwas einfor­dert, dann geht lieber einmal in euch und schaut einmal bei euch selber, denn so ist das die allerallerletzte Art und Weise, wie man Politik betreibt. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Schauen Sie einmal nach Schweden! Es geht auch anders! Schauen Sie nach Schweden!)

9.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Loa­cker. – Bitte.