10.16

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Spätestens nach dem Re­debeitrag der Frau Kollegin von der grünen Fraktion ist, glaube ich, klar, dass wir durch­aus ein echtes Problem rund um Corona haben. Dass das eine Regierungspartei dem Koalitionspartner so deutlich ausrichtet, habe ich in diesem Haus auch selten erlebt.

Wir haben wesentliche Probleme rund um die Impfungen. Der Bundeskanzler stellt sich hierher und sagt, es sei alles großartig, weil wir so viel testen. Man muss aber schon einmal auf den Boden der Realität kommen: Wir müssen auch so viel testen, weil wir mit dem Impfen so in Verzug sind. Dafür sind Sie, Herr Bundeskanzler, und Ihre Bundesre­gierung verantwortlich. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Versuchen wir, ein paar Punkte hinsichtlich des letzten Jahres herauszunehmen, an de­nen man klar festmachen kann, dass die Bundesregierung eben nicht das Beste aus zwei Welten zusammengebracht hat oder dass, wenn das das Beste aus zwei Welten ist, das eher beschämend für dieses Land ist.

Das Erste ist das Beschaffungschaos: Sie haben das Thema Beschaffung am Anfang der Pandemie gleich einmal dem Roten Kreuz gegeben und haben mit diesem Step, den Sie da gegangen sind, jegliche Beschaffungskontrolle außer Kraft gesetzt – genau das­selbe, was Sie bei der Cofag gemacht haben, was Sie gemacht haben, wo Sie können. Beschaffungsdeals in Österreich sind für dieses Parlament nicht mehr kontrollierbar. (Abg. Kickl: ... noch genau anschauen! Das wird ein Untersuchungsausschuss!)

Wir werden das jetzt so gut wie möglich im Zuge des kleinen Untersuchungsausschus­ses machen, aber Ausschreibungskriterien und alles andere sind nicht mehr da. (Abg. Steinacker: Hätten wir drei Monate warten sollen? – Rufe bei der ÖVP: Hätten wir das aufschieben sollen, die Entscheidung? Diese Argumentation ...! Weltfremd!) Diese in­transparenten Beschaffungen in Kombination mit der Hygiene Austria sind durchaus et­was, was man sich wirklich intensiv anschauen muss. (Abg. Steinacker: Ich weiß nicht, in welcher Welt ihr lebt! Ihr denkt ... den Menschen alles zumuten!) Die Nervosität der ÖVP in diesem Zusammenhang zeigt uns das ja auch sehr deutlich. (Zwischenrufe der Abgeordneten Ottenschläger und Steinacker.)

Das Zweite ist, dass wir in dieser Krise sehr viel Geld ausgegeben haben. (Abg. Stein­acker: Die sind so - -! Einmal in eine Firma gehen! Einmal Verantwortung tragen! Da würdet ihr das anders sehen!) Das ist durchaus etwas Positives – liebe Kollegin von der ÖVP, bitte kommen Sie zur Ruhe! (Beifall bei den NEOS) –, wir haben in dieser Krise extrem viel Geld ausgegeben (Abg. Steinacker: Ja!) und das ist durchaus in Ordnung, wenn es effizient eingesetzt wird. Wenn wir uns aber anschauen, dass wir allein im ers­ten Halbjahr der Krise, also bis September 2020, 700 Millionen Euro für Beschaffungen rund um Schutzausrüstung und so weiter ausgegeben haben – was alles legitim ist (Abg. Steinacker: Na Gott sei Dank!) –, aber wesentlich mehr ausgegeben haben als bei­spielsweise Deutschland – pro Kopf 80 Euro in Österreich, in Deutschland sind es run­tergerechnet 32 Euro –, dann ist das eine Divergenz, die durchaus zu hinterfragen ist (Abg. Kickl: Das ist aber sehr verdächtig! Alles sehr verdächtig!), und all das in einer Situation, in der, glaube ich, alle ExpertInnen sagen, dass Deutschland wesentlich bes­ser durch diese Krise gekommen ist als wir. (Rufe bei der ÖVP: Welche Experten? Ge­sundheit und Wirtschaft ...! Unglaublich! Als liberal denkender Mensch ...!)

Schauen wir uns an, wie Sie das Ganze gemacht haben: mit wahnsinnig wunderbarer PR. Sie haben sich wöchentlich, nein, täglich hingestellt und irgendetwas verkündet, haben gesagt, wie großartig alles ist und wie toll Sie doch alle sind. Und das ist ja in der Krise das Allerschönste gewesen: Sie zahlen sich jede Woche für Inserate 1 Millionen Euro aus! 1 Million Euro geben Sie jede Woche für Inserate aus. (Zwischenrufe der Ab­geordneten Steinacker und Wöginger.) Würden Sie das in Impfungen investieren – was jetzt so notwendig wäre –, wären das jede Woche 150 000 Stiche, die Sie setzen könn­ten, um den Österreicherinnen und Österreichern endlich wieder ein normales Leben zu ermöglichen das wollen Sie aber nicht. (Beifall bei den NEOS. – Neuerlicher Zwischen­ruf der Abg. Steinacker.)

Das Impfen läuft generell unter dem Motto: Pleiten, Pech und Pannen!, und das auf voller Ebene. Das haben Sie, glaube ich, dann irgendwann auch gesehen, aber davor haben Sie es noch schnell zur Chefsache gemacht. Sie haben gesagt: Ich als Bundeskanzler bin für all das verantwortlich, ich übernehme das! – Das war übrigens auch wieder eine schöne Inszenierung im Rahmen einer Pressekonferenz.

Das Problem war: Es hat dann halt nicht funktioniert. (Zwischenruf der Abg. Belako­witsch.) Es war dann halt einfach eine wirklich Panne, die Ihnen passiert ist, und dann waren plötzlich – das ist das, was Sie am besten können: Schuldzuweisungen machen – oben die Europäische Union und unten ein einzelner Beamter schuld. Was ist das für eine Verantwortung eines Bundeskanzlers – das muss man sich schon fragen –, wenn man sich einfach hinstellt, immer nur die anderen schuld sind und man als Chef in der Chefsache vollkommen versagt hat?

Es gibt in dieser Causa zwei Möglichkeiten: Entweder Sie wussten es wirklich nicht – dann muss man sich die Frage stellen, ob Sie nicht eigentlich als Bundeskanzler versagt haben, wenn Sie nicht wissen, was Ihr Gesundheitsminister und Ihre Beamten machen – oder Sie wussten alles und Sie lügen – entschuldigen Sie, Herr Präsident –, Sie sagen vor laufender Kamera die Unwahrheit. Das wäre eine andere Möglichkeit, aber auch dann wären Sie für den Posten des Bundeskanzlers nicht geeignet. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Problem, das Sie als Bundeskanzler und insbesondere die ÖVP haben: In der Krise reicht es nun einmal nicht, wenn man sich hinstellt und gute PR kann – das können Sie, gar keine Frage –, Showpolitik kann – das können Sie auch, ohne Frage –, politische Strategie kann – das können Sie alles, ohne Frage, das rechne ich Ihnen auch an (Zwi­schenruf der Abg. Steinacker–, aber in der Krise - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (fortsetzend): - - – Herr Präsident, ich bin beim Schlusssatz – reicht das nicht, denn in der Krise geht es darum, zu arbeiten und um das Leben der Österreicherinnen und Österreicher zu kämpfen, und das können Sie einfach nicht. (Beifall bei den NEOS.)

10.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich darf mich beim Herrn Bundeskanzler für seine Anwesenheit bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)