21.27

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ja, Herr Kollege Haubner, dass du die KMUs als wichtige Säule von Österreichs Wirtschaft erwähnt hast, ist mir bewusst. Ich wundere mich nur immer noch mehr, wie schändlich Teile dieser Wirtschaft von euch im Stich gelassen werden, von der Österreichischen Volkspartei, die sich einmal als Wirtschaftspartei in diesem Land betrachtet hat. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Zarits: Ein zarter Applaus!)

99,6 Prozent der Betriebe in Österreich sind KMUs, davon 90 Prozent Familienbetriebe, in denen die Familien mit ihrem Herzblut drinnenhängen. Die sind auf jeden Fall nicht die großen Gewinner dieser Krise, sondern die großen Gewinner sind die internationalen Konzerne, Amazon, Google, wie sie alle heißen, und zum Teil Industriebetriebe, wie wir es auch im Wirtschaftsausschuss besprochen haben, die staatliche Hilfen kassiert ha­ben und jetzt Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten. Das ist nicht nur gegenüber jedem Steuerzahler etwas, das man nicht tun kann, sondern auch unfair gegenüber je­dem KMU in Österreich, wo der Unternehmer mit seinem Privatvermögen oft für dieses Unternehmen haftet und schaut, dass er seine Mitarbeiter in dem Betrieb halten kann.

Was noch dazukommt: Sie haben letztes Jahr eine Gesellschaft geschaffen – Sie haben sie selber erwähnt –, die Cofag, die Covid-19-Finanzierungsagentur. Die ist völlig unnot­wendig. Das hätte man alles über das Finanzministerium abwickeln können. Diese Ge­sellschaft – und das steht noch heute auf der Website – soll „rasch und effizient, transpa­rent und nachvollziehbar“ die Förderfälle und die Unterstützungen für die Unternehmen abwickeln. Bis heute erreichen uns täglich Mails von betroffenen Unternehmen, die bis heute noch keine Hilfe bekommen haben oder völlig unzureichende Hilfe bekommen haben und von der Cofag nicht einmal eine Antwort bekommen.

Diese Cofag bekommt von euch 15 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, von einer parlamentarischen Kontrolle völlig losgelöst. Ich habe es das letzte Mal schon erwähnt. Damit man sich veranschaulichen kann, wie groß diese Summe ist: 10 Milliarden bekom­men alle Gemeinden Österreichs pro Jahr aus dem Steuertopf, 15 Milliarden bekommen da zwei Geschäftsführer zur Verteilung, ein grüner und ein türkiser Geschäftsführer. (Abg. Hanger: Ganz ohne Richtlinien! Es gibt ja keine Richtlinien! Die machen das nur so!) 15 Milliarden Euro: Die Unternehmen, die betroffen sind, bekommen davon nichts.

Da diese Blackbox von uns immer schon kritisiert worden ist – dass man der parlamen­tarischen Kontrolle entzogen Geld verteilt –, werde ich wieder einen entsprechenden An­trag einbringen, dass man die Cofag sofort schließt und ihre Agenden dem Finanzminis­terium überträgt, in das sie auch hingehören.

Ich bringe hiermit folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „sofortige Auflö­sung der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) und Übertra­gung der Kompetenzen an das Bundesministerium für Finanzen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die sicherstellt, dass einerseits die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) umgehend aufgelöst und andererseits das Bundesministe­rium für Finanzen mit den der COFAG übertragenen Kompetenzen betraut wird.“

*****

Da die SPÖ heute unseren Antrag für den 1 000-Euro-Gutschein einbringt, brauchen wir das nicht zu machen. Wir werden ihm natürlich zustimmen. Es freut uns, dass die SPÖ diesen Antrag übernommen hat. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

21.31

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer und weiterer Abgeordneter

betreffend sofortige Auflösung der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) und Übertragung der Kompetenzen an das Bundesministerium für Finanzen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 19: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Bericht über die Situation und Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen der österreichischen Wirtschaft ("KMU im Fokus 2020"), vorge­legt von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (III-254/711 d.B.) in der 89. Sitzung des Nationalrates am 24. März 2021

Im April des Vorjahres wurde die sogenannte COVID-19 Finanzierungsagentur des Bun­des GmbH (COFAG) geschaffen. Aufgabe und Zielsetzung der COFAG ist es, „rasch und effizient, transparent und nachvollziehbar finanzielle Maßnahmen zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten der österreichi­schen Unternehmen während der Corona-Krise zu ergreifen,“ wie es auch auf der ent­sprechenden Homepage nachgelesen werden kann. Zu diesem Zwecke werden 15 Mrd. Euro von der COFAG verwaltet, und das ohne entsprechende parlamentarische Kon­trolle.

Mittlerweile werden über die COFAG neben Garantien der Fixkostenzuschuss, Verlust­ersatz, Umsatzersatz und Ausfallbonus abgewickelt.

Die Kritik an der entsprechenden Bearbeitung von Anträgen der Unternehmer reißt nicht ab.

So berichtet die Wiener Zeitung am 21. Jänner 2021 unter dem Titel: „Massive Verzöge­rungen, unverständliche Absagen: Kleinstunternehmen sind frustriert über die Abwick­lung der Wirtschaftshilfen durch die staatliche Finanzierungsagentur Cofag. Was läuft dort falsch?“ auszugsweise folgendes:

„(…) bei vielen EPU und Kleinunternehmen kommt das Geld von Umsatzersatz und Fix­kostenzuschuss nicht oder nur sehr schleppend an. Im Gespräch mit der "Wiener Zei­tung" berichten sie von massiven Verzögerungen bei der Antragsstellung, unverständli­chen Absagen, zu gering berechneten Beträgen und Hürden bei der Kommunikation mit der staatlichen Finanzierungsagentur Cofag.“

Andreas Witek ist dennoch frustriert über die staatlichen Hilfen. Er betreibt eine Event­agentur in Marchtrenk in Oberösterreich. Er organisiert große Veranstaltungen, Som­merfeste, Firmen- und Weihnachtsfeiern. Da seit März so gut wie keine Events stattfin­den, ist Witek sein Standbein fast komplett weggebrochen. "Wir hätten acht bis zehn Weihnachtsfeiern gehabt. Allein dadurch habe ich rund 200.000 Euro Umsatz verloren", sagt Witek. Seine Fixkosten laufen hingegen weiter. Für Strom, Heizung, Versicherung und Leasingraten muss er rund 5000 Euro pro Monat rechnen. "Die staatlichen Hilfen sind meilenweit von dem Schaden entfernt, den ich gehabt habe", sagt er.

Seine zwei Mitarbeiter hat Witek in Kurzarbeit geschickt. Aus dem Härtefallfonds hat er rund 1.500 Euro pro Monat bekommen. Ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Im November 2020 hat er deshalb den Umsatzersatz beantragt. Laut seiner Umsatz­steuervoranmeldung (UVA) hatte er im November 2019 einen Umsatz von 52.000 Euro. Davon hat er nun 38.000 Euro ausbezahlt bekommen. Es seien nicht ganz 80 Prozent, sagt Witek, aber er will sich deswegen nicht beschweren. Er ist froh über jeden Euro. Für den Dezember hat er ebenfalls den Umsatzersatz beantragt. Laut UVA hatte er 2019 einen Umsatz von 55.000 Euro in diesem Monat. Witek rechnete mit der Hälfte des Betrages an staatlichen Hilfen. Bekommen hat er allerdings nur ein Zehntel davon: 2.300 Euro.

Keine Rückmeldung

Witek kann die Berechnung nicht nachvollziehen, die Anträge hat er gemeinsam mit sei­ner Steuerberaterin eingereicht. Er ist ratlos und erkundigte sich bei der Cofag-Hotline, wie er gegen die Auszahlung des zu gering bemessenen Betrages vorgehen kann. Eine Telefonistin teilte ihm mit, er müsse die 2.300 Euro erst zurücküberweisen. Sonst könne die Cofag seinen Fall nicht weiter betreuen. Witek ist fassungslos.

Die Kommunikation mit der Cofag kostete ihn Nerven. Er hat rund ein dutzend Mal bei der Umsatzersatz-Hotline angerufen. Informationen zu seinem Antrag hat er dort meist keine bekommen. "Schreiben Sie eine Mail an die Cofag", hieß es jedes Mal, erzählt Witek. "Ich habe elf Mails geschrieben und keine Antwort darauf bekommen. Niemand meldet sich bei mir zurück", erzählt er.

Auch Marion Peternell hat keine guten Erfahrungen mit der Cofag gemacht. Peternell ist Kunsthandwerkerin, ein klassisches EPU. Sie fertigt handgeschöpftes Papier, auf Weih­nachtsmärkten lukriert sie einen Großteil ihres Umsatzes. Aufgrund der hohen Infek­tionszahlen waren die Weihnachtsmärkte aber alle dicht. Am 13. November hat sie ge­meinsam mit ihrer Bilanzbuchhalterin einen Antrag für Umsatzersatz gestellt.

Erst einen Monat später, am 12. Dezember, erhielt sie von der Cofag die erste Rückmel­dung. Eine Massenmail, in der ihr gesagt wird, sie müsse sich noch gedulden.

Peternell hat mehrmals bei der Hotline der Cofag angerufen, jedes Mal bekam sie die­selbe Antwort: "Wir können Ihnen nicht weiterhelfen. Man kriegt überhaupt keine Infos", beschwert sie sich. In den folgenden Wochen hat sie mehrfach versucht, an Informatio­nen über den Status ihres Antrags zu gelangen. Ohne Erfolg.“

Von einer raschen, effizienten, transparenten und nachvollziehbaren Aufgaben-erfüllung durch die COFAG, wie die COFAG selbst ihre Aufgabe beschreibt, kann vor dem Hinter­grund dieser Fakten wohl keine Rede sein.

Denn diese Liste an Beschwerden könnte noch lange fortgesetzt werden, denn täglich werden neue unzählige Hilferufe von betroffenen Unternehmern bekannt, die schon eine lange Zeit in der Warteschleife der COFAG hängen, ohne dort einen Ansprechpartner, geschweige denn eine Hilfeleistung bekommen und mittlerweile am Rande ihrer Exis­tenz stehen.

Dazu kommt, dass aufgrund der seitens der Bundesregierung beschlossenen legisti­schen Konstruktion der COFAG Transparenz und parlamentarische Kontrolle in diesem Zusammenhang fehlt.

Aus diesen Gründen ist daher aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten die COFAG sofort aufzulösen, und sind die entsprechenden Kompetenzen unmittelbar dem Bundes­ministerium für Finanzen zu übertragen, welches über das notwendige Know-How, die Daten etc. verfügt, um so den Unternehmen endlich eine rasche und unbürokratische Hilfe zukommen zu lassen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die sicherstellt, dass einerseits die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) umgehend aufgelöst und andererseits das Bundesminis­terium für Finanzen mit den der COFAG übertragenen Kompetenzen betraut wird.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er ist auch ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Götze. – Bitte.