12.10

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben jetzt Mittag, zu Mittag essen wir normalerweise etwas – und wir reden jetzt über jene Menschen, die die Grundprodukte für unser tägliches Essen produzieren und die nicht immer die besten Arbeitsbedingun­gen haben.

Ich kann meinem Vorredner nur beipflichten: Es ist jetzt eine massive Verbesserung für diese Personengruppe eingeleitet worden. Wir vereinheitlichen das Landarbeitsgesetz, und das ist demokratiepolitisch und rechtspolitisch ein großer Schritt – einen herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium! Hans Binder, Anna Ritzber­ger-Moser haben in dem Team mitgearbeitet, es war ein großes Projekt – danke dafür. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Danke auch an die Regierungsparteien dafür, dass sie in den letzten Minuten noch dazu bereit waren, wichtige Punkte zu verändern: Der Kollektivvertrag wurde schon angespro­chen, und wir werden weiterhin nicht wegschauen, wenn in diesem Bereich etwas nicht passt.

Ich bringe auch einen Abänderungsantrag ein, weil wir ein paar Punkte sehen, in denen man ein paar Dinge noch besser machen sollte; so zum Beispiel in der Frage: Wie geht man mit den Erntehelferinnen und Erntehelfern um, wenn es um die Sonderzahlungen geht? Das hat uns noch nie gefallen, deswegen bringe ich dazu einen Abänderungsan­trag ein. Wir sollten bei der Teilzeitarbeit und bei Überstunden in der Teilzeit die gleichen Rechte haben.

Wir haben auch noch ein Ersuchen: dass man im Bereich der Toiletten auf den Feldern eine Lösung findet, vor allem bei großen Gruppen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht auch um die Frage: Wo ist die Ab­grenzung zum Gewerberecht bei den Arbeitgeberzusammenschlüssen? Wir schaffen eine neue Form der Kooperation. Das ist gut, eine ausdauernde Beschäftigung in der Landwirtschaft zu sichern, ist für alle gut, aber wir müssen auch das Gewerberecht ein­halten. Daher haben wir klar gesagt, dass keine Einkaufs- und Verkaufsgenossenschaf­ten Arbeitgeberzusammenschlüsse bilden dürfen. Wir müssen da sehr auf das Gewerbe­recht achten.

Ich bringe also zunächst diesen Abänderungsantrag zum Landarbeitsgesetz 2021, den ich angesprochen habe, ein, und ich bringe weiters einen gemeinsamen Entschließungs­antrag der Abgeordneten Stöger, Zarits, Mag. Koza ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Christoph Zarits, Mag. Markus Koza, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „die Zurverfügungstellung von Trinkwasser für Erntehelfe­rinnen und Erntehelfer auf auswärtigen Arbeitsstätten und Feldern durch den Arbeit­geber“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, die Sozialpartner damit zu beauftragen, dass im Zuge der zu erlassenden Arbeitsstättenverordnung für die Land- und Forstwirt­schaft (LF AStV) die Zurverfügungstellung von Trinkwasser auf Feldern bzw. auswärti­gen Arbeitsstätten durch den Arbeitgeber sichergestellt wird.“

*****

Bei Hitze brauchen die Menschen etwas zu trinken, und das sollte noch geregelt wer­den. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Voglauer.)

12.14

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger,

und GenossInnen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (687 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Arbeits­recht in der Land- und Forstwirtschaft (Landarbeitsgesetz 2021) erlassen wird sowie das Behinderten-Einstellungsgesetz, das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsor­gegesetz geändert werden (734 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs erwähnte Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Änderung des Bundesgesetzes über das Arbeitsrecht in der Land- und Forst­wirtschaft (Landarbeitsgesetz 2021 - LAG) wird wie folgt geändert:

1. § 18 wird Abs. 3 gestrichen.

2. § 31 Abs. 2 wird die Wortfolge „für Teilzeitbeschäftigte von 25%“ gestrichen.

3. § 156 Abs. 4 wird der Satz „Eine Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden ist zulässig, wenn die Gleitzeitvereinbarung vorsieht, dass ein Zeitgut­haben ganztägig verbraucht werden kann und ein Verbrauch in Zusammenhang mit ei­ner wöchentlichen Ruhezeit nicht ausgeschlossen ist“ gestrichen.

4. § 160 Abs. 1 und 2 werden folgt geändert

„§ 160 (1) Die Tagesarbeitszeit darf einschließlich Überstunden, während der Arbeits­spitzen sowie bei Gleitzeitvereinbarungen zehn Stunden nicht überschreiten.“

(2) Die Wochenarbeitszeit darf einschließlich Überstunden, während der Arbeitsspitzen sowie bei Gleitzeitvereinbarungen 50 Stunden nicht überschreiten.“

5. § 202 Abs. 2 wird der Paragraphenverweis „211“ durch den Paragraphenverweis „211 Abs. 1 bis 7“ ersetzt.

6. Dem § 211 wird folgender § 211a angefügt:

„§ 211a (1) Auf Felder, Wälder und sonstige Flächen, die zu einem land- und forstwirt­schaftlichen Betrieb gehören, aber außerhalb seiner verbauten Fläche liegen, sowie sonstige auswärtige Arbeitsstellen, sind vom Arbeitgeber Toilettenräume bereit zu stel­len.

(2) Die Verpflichtung gem. Abs. 1 entfällt, wenn die durchgehende Beschäftigung der Arbeitnehmer nicht mehr als zwei Stunden beträgt oder sich in unmittelbarer Nähe des Aufenthaltsortes eine Toilettenkabine befindet.

Begründung

Ad Z 1:

Durch die Streichung des § 18 Abs. 3 wird eine europarechtswidrige Regelung beseitigt. Eine Reduzierung der Sonderzahlungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die höchstens drei Monate zum Zweck von Erntearbeiten beschäftigt werden, steht im Wi­derspruch zu geltendem EU-Recht, insbesondere Art. 18 AEUV, wonach jede auch nur mittelbare Diskriminierung von Bürgerinnen und Bürgern anderer EU-Mitgliedsstaaten verboten ist. Aufgrund der Herkunft der meisten Erntehelferinnen und Erntehelfer aus EU-Mitgliedstaaten bzw. aus Drittstaatsländern liegt durch die Bestimmung eine verbote­ne Diskriminierung vor.

Ad Z 2:

Durch die Streichung der angeführten Wortfolge wird eine verfassungswidrige Bestim­mung hinsichtlich des Gleichheitssatzes des Art. 7 B-VG beseitigt. Die vorliegende Bestimmung des LAG ist § 19e Abs. 2 nachgebildet (Für Guthaben an Normalarbeitszeit gebührt ein Zuschlag von 50%. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt. Der Kollektivvertrag kann Abweichendes regeln“). Da jedoch im LAG hier eine zusätzliche Regelung für Teilzeitbeschäftigte geschaffen wurde liegt hier eine Ungleichbehandlung bei der Abgeltung von Zeitguthaben zwischen Arbeitnehmern die unter dem Anwendungsbereich des AGZ und jenen die unter den Anwendungsbe­reich des LAG fallen vor. Da es sich hierbei rein um die Abgeltung von Zeitguthaben handelt, stellt eine unterschiedliche Regelung eine Ungleichbehandlung iSd Art. 7 B-VG dar. Hintergrund des § 19e AGZ ist, dass es sich bei diesem Zuschlag um einen Flexibili­tätszuschlag, unabhängig von der Überschreitung der Normalarbeitszeit handelt. Diese Regelung wurde gerade für Teilzeitbeschäftigte geschaffen, da bei Vollzeitarbeit verblei­bende Zeitguthaben rückblickend ohnedies meist mit 50%-Zuschlag abzugelten sind. Zusätzlich steht die Bestimmung im Spannungsverhältnis des Diskriminierungsverbotes für Teilzeitbeschäftigte sowie der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie.

Ad Z 3 und 4:

Eine Höchstarbeitszeit von 12 Stunden ist jedenfalls aus gesundheitlichen Gründen hochgradig bedenklich. Durch überlange Arbeitsdauer entstehen körperliche, physische und gesundheitliche Belastungen welche die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer massiv gefährden. Entgegen einer Arbeitszeitverlängerung soll iSd Ge­sundheitsschutzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Arbeitszeit verkürzt werden.

Ad Z 5:

Gemäß § 202 Abs. 2 (Allgemeine Bestimmungen zu Arbeitsstätten) findet ua auf Felder, Wälder und sonstige Flächen, die zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betreib ge­hören, aber außerhalb seiner verbauten Fläche liegen, sowie auf sonstige auswärtige Arbeitsstätten § 211 keine Anwendung. Jedoch normiert § 211 die zur Verfügungstellung sanitärer Vorkehrungen in Arbeitsstätten bzw. sieht Abs. 8 leg cit vor, dass Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmern Trinkwasser oder ein anderes gesundheitlich einwandfreies, alkoholfreies Getränk zur Verfügung zu stellen ist. Diese Ausnahme führt schlussendlich dazu, dass auch § 211 Abs. 8 für Erntehelfer die am Feld arbeiten nicht zur Anwendung gelangt, und ihnen daher kein Wasser zur Verfügung gestellt werden muss. Jedoch muss für Arbeitsplätze in Arbeitsstätten ebenso wie an auswärtigen Arbeitsstätten eine Versorgung mit Trinkwasser sichergestellt werden. Durch diese Änderung wird sicherge­stellt, dass auch Erntehelferinnen und Erntehelfer ein absolutes Minimum an humanen und gesunden Arbeitsbedingungen, nämlich der Zugang zu Trinkwasser, garantiert wird.

Ad Z 6:

Um ein Mindestmaß an Hygiene und Privatsphäre der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer zu gewährleisten ist die Bereitstellung von Toiletten unerlässlich. Mit dem Auf­stellen von mobilen anschlussfreien Toilettenräumen kann ein Mindestmaß an men­schenwürdigen Arbeitsbedingungen geschaffen werden.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Stöger, Zarits, Mag. Koza

betreffend die Zurverfügungstellung von Trinkwasser für Erntehelferinnen und Erntehel­fer auf auswärtigen Arbeitsstätten und Feldern durch den Arbeitgeber

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (687 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bun­desgesetz über das Arbeitsrecht in der Land- und Forstwirtschaft (Landarbeitsge­setz 2021) erlassen wird sowie das Behinderten-Einstellungsgesetz, das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Betriebliche Mit­arbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden (734 d.B.)

Im Zuge der Novellierung des Landarbeitsgesetzes sollen Verbesserungen für Beschäf­tigte in der Land- und Forstwirtschaft, im Speziellen für Erntehelferinnen und Erntehelfer umgesetzt werden. Eine Versorgung von Erntehelferinnen und Erntehelfer mit Trinkwas­ser soll daher rechtlich verankert werden. Der Zugang zu Trinkwasser auch auf auswär­tigen Arbeitsstätten stellt ein absolutes Minimum an humanen und gesunden Arbeitsbe­dingungen dar, und muss garantiert und rechtlich umgesetzt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, die Sozialpartner damit zu beauftragen, dass im Zuge der zu erlassenden Arbeitsstättenverordnung für die Land- und Forstwirt­schaft (LF AStV) die Zurverfügungstellung von Trinkwasser auf Feldern bzw. auswärti­gen Arbeitsstätten durch den Arbeitgeber sichergestellt wird.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der erwähnte Abänderungsantrag wurde in den Grund­zügen erläutert und ist gemäß § 53 Abs. 4 GOG somit auch eingebracht, weil auch aus­reichend unterstützt. Der Entschließungsantrag ist ebenfalls ausreichend unterstützt und ordnungsgemäß eingebracht. Beide Anträge stehen somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte schön, Frau Abgeord­nete.