15.45

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.) – Danke für den Auftrittsapplaus! Meine Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Ich finde es bewundernswert, einen solchen Auftritt so zu beklatschen.

Wäre ich jetzt nicht am Wort, hätte ich eine tatsächlichen Berichtigung anzumelden, mit der ich gleich beginne: Herr Kollege Stocker, bitte informieren Sie sich! Ich bin nicht Gesundheitssprecherin – das ist ein kleiner Fauxpas, und es wäre, wenn Sie mir das schon zum Vorwurf machen, gut gewesen, wenn Sie ein bisschen recherchiert hätten. Das würde Ihnen nicht schaden, Herr Kollege Stocker. (Abg. Hanger: Waren Sie schon einmal testen?! – Demonstrativer Beifall des Abg. Fürlinger.) – Was wollen Sie?! (Zwischenruf des Abg. Pöttinger.)

Herr Kollege Stocker, Herr Bundesminister Blümel, es ist zwar sehr reizend und nett, was Sie hier versuchen, aber dieser Versuch ist gescheitert. Wir wissen es, es ist auch schon in den Medien. Ich habe im Gegensatz zu Kollegen Gerstl, der ja für etwas skurrile Auftritte bekannt ist, nicht erkennen können, dass irgendetwas aus dem Unterausschuss des Rechnungshofausschusses in dieser Dringlichen Anfrage gewesen wäre. Was ich hier sehe, ist nichts anderes als ein Screenshot der Plattform zackzack.at (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP), wem auch immer diese nahesteht – das überlasse ich Kollegen Gerstl, er wird sich da vermutlich informiert haben oder auch nicht; das ist aber auch gar nicht wichtig.

Aus diesem Aufdeckungsartikel, Herr Bundesminister Blümel, geht schon ganz klar her­vor, dass es natürlich einen Deckel beim Budget für den Impfstoff gegeben hat – na, selbstverständlich! (Abg. Ottenschläger: Ihr seid eh nicht fürs Impfen!)

Das Gesundheitsministerium wollte mehr als 200 Millionen Euro, und das Finanz­minis­terium hat gesagt: bis zu 200 Millionen. Ich meine, das ist ein ganz gravierender Unter­schied, denn: Mindestens 200 Millionen impliziert, dass man auch darüber gehen kann; bei bis zu 200 Millionen – das weiß jedes Volksschulkind – ist bei den 200 Millionen dann das Ende, und genau das ist das Problem. (Abg. Weidinger: 52 Milliarden ...!) Dann geht man als Beamter der Republik Österreich mit den 200 Millionen Euro Impfstoff einkaufen, wenn man das jetzt bildlich sagt, und muss um 200 - - (Abg. Pöttinger: Lächerlich!) – Ja, für Sie ist das lächerlich, Herr Kollege, das ist schon ganz klar. Sie finden das alles lächerlich.

Um diese 200 Millionen Euro kann man dann Impfstoff einkaufen gehen. (Abg. Pöttinger: Da haben Sie nicht gut zugehört! Sie müssen mehr zuhören!) Wenn man als Beamter versucht, so viel Impfstoff wie möglich zu bekommen, dann konzentriert man sich natürlich darauf, den billigsten zu nehmen, damit man recht viel bekommt. Daher haben wir ja auch sämtliche Kontingente von Astra Zeneca gekauft, während wir bei den viel teureren Impfstoffen Teile unseres österreichischen Kontingents eben nicht kaufen konnten, weil das Geld nicht gereicht hat (Abg. Pöttinger: Wir haben auch andere Kon­tingente gekauft! Das stimmt ja nicht! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), weil Sie, Herr Finanzminister, und Ihr Finanzministerium gesagt haben: bis zu 200 Millionen, danach ist Schluss!

Das geht nicht nur aus Artikeln in Zeitungen, sondern vor allem auch aus den Minis­terratsbeschlüssen hervor. Deshalb ist es ein Deckel. Da können Sie dort drüben (in Richtung ÖVP) noch so toben. Sie sind ja so hochnotnervös, dass einer Ihrer Abge­ordneten, noch bevor diese Dringliche beginnt, herausgeht und irgendwelche Skurrilitä­ten erklärt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Heute Vormittag hat der Sicherheitssprecher – oder wie auch immer sich das in der ÖVP nennt, lassen wir das jetzt einmal so stehen (Zwischenruf bei der ÖVP) – gemeint, sich irgendwelche Konstrukte zusammendenken zu müssen. Offensichtlich ist man in der ÖVP schon sehr ängstlich, dass jetzt eine Whistlebloweraktion folgt und möglicherweise die Mobiltelefone durchsucht werden. (Abg. Weidinger: ... bei Kickl!) Da könnte schon etwas passieren, denn in Österreich gibt es kein Verwertungsverbot. Da könnte es Zufallsfunde geben. Wir sind darauf gespannt, Herr Sicherheitssprecher. (Abg. Zarits: Ja, ja, passt schon!) Frei nach Minister Gernot Blümel sage ich Ihnen: Finger weg von meinem kleinen Bruder – das hat der Herr Finanzminister im Untersuchungsausschuss auch gesagt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Passen Sie also auf, was Sie tun! Ich weiß ja nicht, was in den nächsten Tagen auf uns zukommt, aber diese Trägerrakete ist jedenfalls schiefgegangen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Kommen wir jetzt aber wieder zur Dringlichen Anfrage zurück! Die Impfstoffbeschaffung ist ja nur ein Beispiel dafür, wie diese Bundesregierung seit einem Jahr arbeitet (Abg. Weidinger: Vorbildlich!): mit Desinformation, mit Desorganisation auf der einen Seite und mit Repression der Bürger auf der anderen Seite, meine Damen und Herren. Und jetzt stehen wir Freiheitlichen dazu, dass wir die Wahlfreiheit beim Impfen möchten. (Abg. Melchior: ..., dafür stehen Sie!) – Ah, Kollege Melchior, das ist ja der, der vom Innenminister der Lüge überführt worden ist. Ich an Ihrer Stelle wäre ganz leise, Herr Kollege Melchior! (Abg. Melchior: ... Identitären schützen ...!) Da wäre ich jetzt einmal ganz ruhig. Ganz, ganz leise würde ich mich unter dem Tisch verstecken, weil das, was Sie gemacht haben, eine Irreführung ist, auch der Journalisten, Herr Kollege Melchior. Nehmen Sie sich zurück! Sie können es sich nicht mehr leisten, hier herauszuschreien, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Bei dieser Kombination, meine Damen und Herren, stehen wir als Freiheitliche nicht an, zu sagen: Wir möchten die Wahlfreiheit beim Impfen! (Zwischenrufe der Abgeordneten Melchior und Steinacker.) Wir möchten aber, dass jeder, der sich impfen lassen möchte, auch einen Impfstoff bekommt, und das haben Sie, Herr Bundesminister Blümel, durch Ihr Knausern, durch Ihr Sparen und durch Ihren Geiz verunmöglicht (Abg. Stocker: Das stimmt ja überhaupt nicht!), und das ist es, was wir Ihnen hier vorhalten. Dann haben Sie es noch nicht einmal zugegeben (Zwischenruf des Abg. Weidinger), sondern was dann passiert ist, war (Abg. Stocker: Frau Kollegin, der Deckel ist Definition!), dass die übrig gebliebenen Impfdosen, die Österreich nicht gekauft hat, in der EU unter den Staaten, die bereit waren, dafür auch mehr Geld in die Hand zu nehmen, noch einmal weitergegeben worden sind. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Stocker.)

Dann tritt irgendwann der Bundeskanzler auf den Plan und sagt: Da ist die EU schuld!, aber die hat das gleich einmal zurückgewiesen. Offensichtlich ist der Bundeskanzler dann draufgekommen, dass das nicht so gut war, und dann hat er gesagt: Die Beamten sind schuld! – Dann hat er den Gesundheitsminister aufgefordert, er müsse die Beamten entlassen. Der hat das natürlich sofort gemacht, der fragt ja gar nicht mehr nach. Dann sind die Beamten weggekommen, und dann hat sich der Herr Bundeskanzler hingestellt und gesagt: Ich will jetzt 400 000 zusätzliche Dosen für Österreich haben! (Zwischenruf des Abg. Weidinger.) – Die EU hat gesagt: Die Österreicher werden sich wundern; die werden gar nichts kriegen, denn so, wie sich dieser Kanzler Kurz aufgeführt hat, wird er schön schauen – wenn er überhaupt noch die 200 000 Dosen kriegt, die er zu wenig gekauft hat!

Meine Damen und Herren! Wo stehen wir heute? – Jetzt kriegen wir nichts, weil wir eh im Durchschnitt liegen, und das haben wir dem Verhalten dieser Bundesregierung zu verdanken – auch diesem Bundeskanzler, aber auch Ihnen, Herr Minister Blümel, denn bei Ihnen hat das ganze Problem seinen Ursprung, meine Damen und Herren! (Ruf bei der ÖVP: Atmen!) Das ist die Situation, die wir haben.

Auf der anderen Seite haben wir Profiteure, und da stimmt dann Ihr Leitspruch: „Koste es, was es wolle“. Das gibt es schon auch in dieser Republik. (Zwischenruf des Abg. Melchior.) Da fällt mir einmal die Firma Hygiene Austria ein – „Koste es, was es wolle“. Da war alles in Ordnung, da wird alles zugedeckt, da wird ein Skandal vertuscht, meine Damen und Herren – „Koste es, was es wolle“, auch für andere ÖVPler. (Zwischenruf des Abg. Weidinger. – Ruf bei der ÖVP: Die große Skandalpartei FPÖ!) – Seien Sie nicht immer so nervös, Kollege Weidinger! (Abg. Weidinger: ... nervös!) Na, seien Sie einmal ruhig! Hören Sie zu, vielleicht lernen Sie einmal etwas, Kollege Weidinger! (Ruf bei der ÖVP: Die Suppe ist extrem dünn, Frau Kollegin! Die Suppe ist sehr dünn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es würde Ihnen nicht schaden.

Es hätte Ihnen wahrscheinlich in der Vergangenheit auch nicht geschadet, zuzuhören und eine Diplomarbeit selbst zu schreiben, dann hätten Sie nämlich auch gewusst, dass Sie einen Titel nicht zurücklegen können (Beifall bei FPÖ und SPÖ), sondern dass Sie warten müssen, bis Sie einen anderen Bescheid bekommen, Herr Kollege Weidinger – aber Sie haben schon das ganze Studium nicht zugehört! (Zwischenruf des Abg. Melchior.)

Meine Damen und Herren! „Koste es, was es wolle“ galt dann auch für einen niederöster­reichischen Landtagsabgeordneten (Zwischenruf der Abg. Baumgartner), der die Covid-Fighters gegründet hat und damit ganz viel Geld verdient. „Koste es, was es wolle“ galt auch für einen ÖVP-Berater aus Oberösterreich, der für Schutzkleidung die sechsfachen Kosten bekommen hat. „Koste es, was es wolle“, das gilt nur für ÖVP-nahe Berater und für ÖVP-nahe Unternehmer (Beifall bei der FPÖ), das gilt nicht für alle anderen, nämlich alle anderen Unternehmen – die müssen schauen, wo sie bleiben –, und das gilt auch nicht für die Bevölkerung, meine Damen und Herren. (Abg. Stocker: Das ist eine erbärmliche Unterstellung!)

Diese Bundesregierung hat das verursacht, an allen Ecken und Enden, und in Wahrheit bräuchte es nicht nur einen Untersuchungsausschuss betreffend Corona. Wenn wir alles aufklären wollten, was es an Korruption, an Skandalen aus Ihren Reihen gibt (Abg. Weidinger: ... FPÖ!), dann können wir den Parlamentsbetrieb in Wahrheit einstellen, meine Damen und Herren, und hätten nur noch Untersuchungsausschuss. (Abg. Weidinger: Wegen Ibiza! – Ruf bei der ÖVP: Das glaubt Ihnen kein Mensch! – Zwischenruf des Abg. Melchior.)

Herr Bundesminister Blümel, betreffend Sie als Verursacher des Ganzen stelle ich folgenden Entschließungsantrag:

Misstrauensantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Finanzen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Finanzen wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

Meine Damen und Herren, es ist Feuer am Dach in dieser Republik! Sie wird von Skandalen und noch mehr Skandalen erschüttert, und eines wäre dringend notwendig – und wenn Sie ehrlich wären und nichts zu verbergen hätten, stimmten Sie zu –: Machen wir einen Coronauntersuchungsausschuss, in den die Auskunftspersonen dann auch kommen müssen und in dem sie unter Wahrheitspflicht aussagen müssen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Prinz.)

15.54

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Misstrauensantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch

und weiterer Abgeordneter

betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Finanzen

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage des Abgeordneten Jörg Leichtfried und weiterer Abgeordneter betreffend Sparen bei der Impfstoffbeschaffung – Wie die Bundesregierung leichtfertig mit Leben und Arbeitsplätzen der Menschen in Österreich spielt

in der 93. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 26. März 2021

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Finanzen wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt."

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Misstrauensantrag, Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.