15.48

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir debattieren heute die Rettung von Arbeitsplätzen in Steyr. Als regional be­troffener Abgeordneter ist mir das schon ein besonderes Herzensanliegen, vor allem aber ist es natürlich ein wirtschaftspolitisches Anliegen.

Wer ist denn diese MAN am Standort Steyr? – Sie ist einer von mehreren Nachfolgern der ehemaligen Steyr-Daimler-Puch AG, von der wir wissen: In einer Krise der Verstaat­lichten – Steyr, Voest und Ähnliches – hat das nicht funktioniert. Diese Betriebe gingen mehr oder weniger pleite, und in neuen Betrieben wurden die Standorte aufgefangen. Vor allem die MAN hat sich gut entwickelt. Sie ist ein Teil des Volkswagen-Konzerns, der an diesem Standort unter anderem kleine Lkws produziert, die kleinen Lkws unter anderem für die letzte Meile.

So, und die Automobilindustrie und unter anderem auch die Industrie, die die Lkws er­zeugt, hat in Europa und vor allem in Österreich über Jahrzehnte Wohlstand erwirtschaf­tet: Wohlstand für Zulieferer, Wohlstand für Arbeitskräfte. Wenn wir aber jahrelang und teilweise sogar jahrzehntelang eine Stimmung gegen die Autoindustrie erzeugen, wenn wir gegen den Lkw ganz im Besonderen sind, dann brauchen wir uns wirklich nicht darü­ber zu wundern, dass in diesem Fall diese Auswüchse, diese hysterischen Entwicklun­gen zu beklagen sind. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Wichtig ist für uns der Industriestandort und dass die Arbeitsplätze erhalten werden, auch wenn das für Kollegen Hanger vielleicht nicht so interessant ist; er lebt ja mehr vom Holz, da wird er sich auch noch wundern. Dabei ist wirklich schon viel Milch vergossen worden. Wodurch und durch wen? – Durch eine Bundesregierung.

Nun zitiere ich aus den PR-Gags der Bundesregierung, aus der Zeitung „Heute“ vom 5. Oktober 2020: „Kurz macht das Thema Arbeit zur Chefsache“, es gibt „einfach zu wenig Arbeit“. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) „Nun will Bundeskanzler Kurz“ von der ÖVP „die Sicherung von Arbeitsplätzen in den Fokus der nächsten Monate setzen. Damit will er gleich am Dienstag in Oberösterreich beginnen.“

Herr Bundeskanzler, was ist seit Dienstag, 6. Oktober letzten Jahres, passiert? (Neuerli­cher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch sowie Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was haben Sie gemacht? Herr Bundeskanzler, ich habe die Befürchtung, Sie sind ein Ankündi­gungsriese, aber leider ein Umsetzungszwerg! (Beifall bei der FPÖ.)

Fakt ist: An diesem Standort hat eine Firma, die eine Tochterfirma eines deutschen Kon­zerns ist, einen Langzeitarbeitsvertrag und einen Produktionssicherheitsvertrag unter­schrieben, will ihn nun aber nicht mehr einhalten und hat ihn gekündigt.

Damals – die ersten Gerüchte dazu waren im März letzten Jahres zu hören – hat es geheißen: Na, das ist alles ein böses Gerücht, das ist nicht wirklich so! Herr Bundeskanz­ler und Herr Arbeitsminister – beziehungsweise seine Vorgängerin –, was haben Sie damals gemacht, um dagegen vorzugehen? Ich weiß ehrlich gesagt nichts Konkretes, und auch in Steyr weiß man nichts Konkretes. Was ist passiert, um den Produktions­standort in Österreich zu halten, als man gewusst hat, in Polen gibt es einen Standort, ein Werk oder – besser gesagt – bloß eine Halle, die nur darauf wartet, dass die Ma­schinen in Steyr demontiert werden können und eine Woche später in Polen in Betrieb gehen? Was ist da passiert? Was haben Sie mit den Vertretern des Volkswagen-Kon­zerns diskutiert? Was haben Sie in Bezug auf die Lohnnebenkosten gemacht? – Eine alte Forderung von Herrn Kollegen Haubner, vor ein paar Minuten hat er gesprochen.

Was ist zur Entbürokratisierung passiert? – Auch eine Forderung der ÖVP. Was passiert zur Forschungsförderung (Abg. Belakowitsch: Nichts!) und zur Entwicklung neuer Technologien? (Abg. Belakowitsch: Nichts!) – Ich weiß nichts, ich weiß nur, dass der Finanzminister die Entwicklungsmittel kürzt. Was haben Sie konkret im Fall von MAN gemacht?

Lieber Herr Bundeskanzler und liebe Mitglieder der Bundesregierung, Sie haben genü­gend schattige Plätzchen, an denen Politik und Wirtschaft beisammensitzen, und dort wird darüber gesprochen, was die Sorgen und Nöte der Industrie sind. Haben Sie dort zugehört oder haben Sie auch dort PR gemacht? – Ich fürchte, leider wieder Letzteres. Ich habe den Eindruck, neben der Coronapolitik ist Ihnen in der Bundesregierung auch die Arbeitspolitik komplett entglitten. Die Konsequenzen werden unsere Kinder tragen, aber die Antwort darauf werden sie Ihnen sagen, sobald sie volljährig sind und wählen dürfen.

Wenn ich heute Vergleiche rund um eine Verstaatlichung oder die AUA höre: Bitte, wir haben keine Verwerfungen im Markt! Wir haben keine äußeren Einflüsse, die ein Wirt­schaftssystem oder eine Sparte zerstören. Die Forderung ist einfach eine lokale Forde­rung, und es ist problematisch, wenn man vorher alle brüskiert hat, wenn man allen, mit denen man normalerweise verhandeln sollte, nur mehr ein Image anbieten kann, das diese als Verhandlungspartner nicht mehr akzeptieren – sei es der Finanzminister mit lustigen Chats und lustigen Bildern, seien es Sie selbst –, in den internationalen Medien sind Sie mittlerweile abgeschrieben. Politik ist bitte mehr als PR und 200 Millionen Euro für die Medien! Mittel gehören sinnvoll eingesetzt.

Dass wir als Republik Österreich einen Standort zu überhöhten Preisen aufkaufen, finde ich nicht sinnvoll. Denn was wäre das? – Der MAN-Konzern zieht sich vom Standort zurück – Sie lesen heute in den „Oberösterreichischen Nachrichten“, dass das bereits fix ist – und das wäre ein totaler Kahlschlag für das Industriebundesland Oberösterreich. Wir haben in Oberösterreich den höchsten Anteil an Industrie und den wollen wir weiter halten. Ich würde Sie ersuchen, in Ihrem Beruf als Bundeskanzler gemeinsam mit den Mitgliedern der Bundesregierung gefälligst etwas zu unternehmen! (Beifall bei der FPÖ.)

Erlauben Sie mir noch eines, als Technologie- und Weltraumsprecher möchte ich Sie noch etwas fragen: Was machen Sie, damit wir im Weltraumbereich wirklich vorne sind? Wen fördern Sie? Was tun Sie zur Unterstützung von Firmen in diesem Weltraum? Oder ist es wirklich so, dass wir da den nächsten Technologiebereich verschlafen und hinter­her wieder sämtliche Rettungskonzepte kommen müssen?  Herr Bundeskanzler, tun Sie einmal irgendetwas, was Ihre Aufgabe ist und in Ihrer Jobdescription drinsteht – Ös­terreich wartet darauf! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, wir haben bereits gehört, was Sie alles nicht machen. Der Standort Steyr wartet – und dass der Arbeitsminister direkten familiären Bezug zur Planung und Ausrichtung der Arbeit des Standortes Steyr hat, kann für Steyr eigentlich kein Nachteil sein, es sollte ein Vorteil sein. (Beifall bei der FPÖ.)

15.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte sehr. (Abg. Stögmüller: ... Weltraum! – Ruf: Im Weltraum, genau!)