15.55

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der MinisterInnenbank! Sehr verehrte ZuseherInnen zu Hause! Liebe KollegInnen bei MAN! Die MAN-Belegschaft hat gegen das Übernahmeangebot von Wolf gestimmt, fast zwei Drittel der Belegschaft wa­ren dagegen. Diesem Votum ist zuallererst einmal Respekt zu zollen, und es ist in Wirk­lichkeit auch nicht überraschend, denn was war dieses Konzept? – Dieses Konzept sah einerseits eine deutliche Reduktion der Belegschaft und einen Einkommensverlust von 15 Prozent vor, andererseits keinerlei Beschäftigungsgarantie und in Wirklichkeit eine starke Abhängigkeit vom russischen Markt; ein Konzept, das MAN Steyr im Falle von weiteren Verschärfungen von Sanktionen der USA oder der Europäischen Union gegen­über Russland natürlich in die nächste schwere Krise manövriert hätte. Vor diesem Hin­tergrund erscheint das Abstimmungsverhalten der ArbeitnehmerInnen in Steyr weit we­niger irrational und viel nachvollziehbarer, als es uns manche weismachen wollen. (Bei­fall bei Grünen und SPÖ.)

Unverständlich ist dieses Abstimmungsergebnis auf jeden Fall nicht. Die Belegschaft bei MAN Steyr hat für diese Entscheidung nicht nur unser Verständnis, sondern auch Soli­darität verdient, denn eine Belegschaft vor vollendete Tatsachen zu stellen, sie darüber abstimmen zu lassen, ohne jeweils ernsthaft den Dialog mit ihr gesucht zu haben, ge­schweige denn den Betriebsrat in Entscheidungen mit eingebunden zu haben, geht sich in einer modernen Gesellschaft einfach nicht mehr aus! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich war am 12. März mit meiner Kollegin Ulli Schwarz von den oberösterreichischen Grünen beim MAN-Betriebsrat. Ich habe dort einen Be­triebsrat erlebt, der sehr reflektiert war, der sich sehr ernsthaft und gewissenhaft mit der Zukunft von MAN in Steyr auseinandergesetzt hat und der auch selbst gewusst hat, dass es so nicht mehr weitergehen kann (Zwischenruf des Abg. Loacker), dass die Form der Mobilität, die Form dieser Fahrzeugproduktion ökologisiert werden muss, dass es kein Weiter-wie-bisher geben kann.

Es hat auch bei Weitem nicht nur dieses eine Übernahmeangebot, sondern auch andere Angebote gegeben. Dass diese nicht geprüft worden sind, halte ich für einen schweren Fehler. Siegfried Wolf war nicht alternativlos, sondern es hat Alternativen gegeben, und es wäre meiner Meinung nach nun die Aufgabe von allen Stakeholdern, von der Landes- und der Bundespolitik, den Sozialpartnern, MAN möglichst rasch wieder an den Ver­handlungstisch zurückzubringen, um diese Alternativangebote zu prüfen und eine Schlie­ßung des Produktionsstandorts zu verhindern. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es geht darum, diese Angebote gemeinsam mit der Belegschaft zu prüfen. Es geht um 6 000 bis 8 000 Arbeitsplätze bei MAN selbst, in der Region, in den Zulieferbetrieben. Es geht letztlich auch nicht nur um MAN, sondern überhaupt um die Zukunft der Auto­motive-Industrie in diesem Land. MAN wird nicht der letzte Fall gewesen sein, da müs­sen wir uns nichts vormachen. Wir stehen in der Automobilindustrie vor einem großen Transformationsprozess: weg von der fossilen hin zur klimaneutralen, ökologischen Mo­bilität, und dieser muss begleitet, gesteuert und gestaltet werden. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Das ist eine der großen Herausforderungen für die Zukunft – und nun komme ich zu der Frage der öffentlichen Beteiligungen, und ich möchte bitte zu einer Debatte aufrufen, die bei Weitem nicht so ideologisch überfrachtet ist, wie es sich gerade in Österreich immer wieder darstellt. Da eine Staat-versus-Markt-, Staat-versus-Privat-Dichotomie zu kons­truieren halte ich in einem Land, in dem in Wirklichkeit jeder Infrastrukturkonzern, jedes Energieunternehmen und viele andere Bereiche öffentliche Beteiligungen haben – näm­lich aus strategischen Überlegungen, aus wirtschaftspolitischen Überlegungen und be­schäftigungspolitischen Überlegungen –, für reichlich absurd, es tut mir leid. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir müssen einfach, wenn es darum geht, Nachfolgeprojekte für MAN realistisch werden zu lassen – es geht nicht darum, sich irgendwie an MAN zu beteiligen, das wäre ja absurd –, wenn es tragfähige, zukunftsfähige Projekte gibt, die den Standort schützen, die die Beschäftigung dort schützen, die nachhaltig Jobs schützen und Zukunft geben, überlegen beziehungsweise die öffentliche Hand sollte dann sehr wohl auch überlegen, da mitbeteiligt zu sein. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und SPÖ.)

Ich möchte daran erinnern: Das ist kein Unikum, das ist nicht retro, das ist nicht alt. Alfa Romeo, Citroën, Opel, VW, MAN haben etwas gemeinsam: Sie alle gehören zu Konzer­nen mit öffentlicher Beteiligung. – Es geht um Ernsthaftigkeit, es geht um Ernsthaftigkeit in der Debatte, es geht darum, ein kategorisches Nein abzulehnen, und es geht darum, gemeinsam Land, Bund, Belegschaft, plus Sozialpartner bestmögliche nachhaltige Lösungen für den Standort MAN und für die Beschäftigten dort zu finden. Das haben sich die Beschäftigten dort verdient, das haben sich die Angehörigen und die Region verdient.  Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ. Zwischenrufe bei den Grünen.)

16.01

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schell­horn. – Bitte.