9.49

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wertes Publikum! Der Tourismus ist fraglos einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Österreich. Fangen wir mit den guten Nachrichten an: Ich bin mir sicher, wir haben einen guten Sommer vor uns. Wir freuen uns alle über die Lockerungen und die Öffnungen. Die Siebentageinzidenz ist massiv zurückgegangen, auch dank der vielen Menschen, die bereits geimpft sind – über sechs Millionen Men­schen sind bereits einmal geimpft –, daher rechne ich nicht mit weiteren Einschränkun­gen. In ganz Europa hat sich die Situation stabilisiert. Die Menschen wollen wieder ver­reisen, und sie werden kommen. (Beifall bei den Grünen.)

Das sind sehr gute Nachrichten für die Tourismusbranche. Gleichzeitig gibt es aber auch schlechte Nachrichten, ich möchte da zwei Themen ansprechen: einerseits natürlich die Krise, von der der Tourismus massiv betroffen war, und zweitens auch strukturelle Defi­zite. Zur Krise: Wie gesagt, der Tourismus ist besonders betroffen, aber dank der zahl­reichen Unterstützungsmaßnahmen sind auch die Tourismusbetriebe sehr gut durch die Krise gekommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wie geht es weiter? – Manche Bereiche, insbesondere die Stadthotellerie, aber auch die Nachtgastronomie und zum Teil auch die ReiseveranstalterInnen, werden noch länger mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Da macht es volkswirtschaftlich auch absolut Sinn, die Unterstützungsmaßnahmen zu verlängern, und das passiert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kollegin Erasim, glaube ich, hat die Unternehmen angesprochen, die 50 Prozent Um­satzausfall haben. Genau an die wurde gedacht: Gestern wurde verkündet, dass Unter­nehmen, die mehr als 50 Prozent Umsatzausfall haben, mit umfassenden Unterstüt­zungs­maßnahmen rechnen können. Mit dem Ausfallsbonus wird der Umsatz, der ihnen ausfällt, mittels einer Ersatzrate ersetzt. Die Ersatzrate wird an die üblichen Kosten in der Branche angepasst, und im Tourismus ist das in einer Größenordnung von 40 Pro­zent. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt den Härtefallfonds für die Härtefälle, also ein Sicherheitsnetz für Unternehme­rinnen und Unternehmer, einerseits auch bei 50 Prozent Umsatzausfall. Darüber hinaus bekommen alle, die aus welchen Gründen auch immer – aus coronabedingten Gründen – ihre Kosten nicht decken können, 600 bis 2 000 Euro. Auch das ist sehr wertvoll. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dann gibt es den Verlustersatz für die Betriebe, die coronabedingt Verluste machen. Sie haben natürlich die Pflicht, ihre Schäden zu minimieren, sie können da nicht alle Verluste hineinpacken, aber coronabedingte Verluste werden abgedeckt, und zwar auch wieder dann, wenn der Umsatz im Vergleich zum Vorkrisenniveau um 50 Prozent gesunken ist. Weiters wird die coronabedingte Kurzarbeit für die Betriebe, die massive Umsatzausfälle haben, verlängert. Ein Thema, das wir hier schon ausführlich besprochen haben, ist der Veranstaltungsschutzschirm. Auch dieser ist sehr wertvoll für den Tourismus, weil damit garantiert wird, dass kulturelle Angebote weiter stattfinden können.

Ich möchte noch zu strukturellen Themen kommen: Es hat sich gezeigt, dass uns die Coronakrise strukturelle Probleme stärker vor Augen führt. Ein Thema, das ich an­sprechen möchte, ist das Wettrüsten der Betriebe. In den letzten Jahren sind Betten­burgen entstanden, weil Unternehmen mit mehr Betten auf mehr Umsatz gehofft haben. Mehr Umsatz bedeutet aber nicht mehr Wertschöpfung. Es gibt in Tirol zahlreiche Vier­sternbetriebe, die auf Fünfsternniveau aufgerüstet haben und Dreisternpreise verlangen. Das kann sich nicht ausgehen, da muss sich wieder etwas umdrehen. Es gibt Saison­betriebe, die nur 40 Prozent des Jahres ausgelastet sind, diese sind auch als Arbeit­geber völlig unattraktiv. Auch da müssen wir etwas verändern. Wir müssen stärker auf Qualität setzen, auf Wertschöpfung und auch auf Ganzjährigkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Förderstrukturen müssen dem angepasst werden, diese Diversität müssen wir stärker ausbauen, auch die Kleinteiligkeit der Betriebe ist eine große Qualität. Es ist da schon einiges passiert, unter anderem wurde die Investitionsprämie eingeführt. Viele Betriebe haben sie in Anspruch genommen, um ökologische Investitionen zu tätigen. Aktuell werden unter anderem Schutzhütten in Tirol und Rad- und Wanderwege ausgebaut, um das lokale Angebot zu verstärken.

Ein gutes Thema ist auch der Urlaub ohne Auto. Wie kann ich mit der Bahn anreisen und mich vor Ort ohne Auto bewegen? Da braucht es Rad- oder Carsharingangebote. Ein Beispiel für Ganzjährigkeit sind Hotels, die quasi Homeoffice im Hotel anbieten. Ich finde, das ist eine großartige Möglichkeit, um diesen neuen Trend zu Heimarbeit mit Urlaub zu verbinden. Damit kann man Urlaub und Arbeit verbinden. Unser Ziel ist, dass touristische Ortschaften, Tourismusgebiete ein guter Platz zum Leben sind, auch für die arbeitende Bevölkerung, und daran arbeiten wir.

Ein weiteres Thema sind Tourismusbetriebe, die leer stehen. Da braucht es geeignetes Leerstandsmanagement. Wir wollen nicht mehr Betten, sondern deren Zahl eher redu­zieren, angepasst an die Nachfrage.

Zusammenfassend: Ich bin davon überzeugt, dass der österreichische Tourismus eine große Zukunft hat. Es gibt bei uns einerseits einzigartige kulturelle Angebote und ande­rerseits auch eine großartige intakte Natur. Diese Stärken müssen wir stärken und ausbauen. Gleichzeitig müssen wir auch Neues ermöglichen, und dabei wollen wir die Betriebe unterstützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.