10.48

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, danke erstens für die Klarstellungen und zweitens für den optimistischen Ausblick. Das stimmt durchaus positiv – zu Recht! Es ist das Gegenstück zu dem, was heute in der Aktuellen Europastunde durch dieses FPÖ-Verlangen seitens dieser Fraktion wieder einmal geboten wird.

Es ist wieder einmal etwas aus der Kickl-Sudelküche, kann ich nur sagen. Was macht die FPÖ? – Halbwahrheiten, unrichtige Behauptungen aneinanderreihen, um die Bevöl­kerung, die in den letzten Monaten durch Corona wirklich belastet war, weiterhin zu verunsichern. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Steger.) Schade, dass Ihnen nicht mehr einfällt!

In Ihrem Redebeitrag, Kollegin Steger, war wiederum nichts Konstruktives dabei, absolut nichts, kein Sterbenswörtchen. (Abg. Steger: Man muss zuerst ...!) Der Bundeskanzler hat es angesprochen: Was diese Regierung geleistet hat, um den Menschen zu helfen, war mehr, als andere Regierungen gemacht haben. Selbstverständlich sind wir mit unserer Bevölkerung solidarisch, selbstverständlich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Sie sagen: Freie Bürger statt EU-Zwangsbeglückung! (Abg. Matznetter: Die Regierung kann’s nicht!) Ich sage Ihnen: Diese Europäische Union hat den Menschen mehr persönliche Freiheiten gebracht, als sie jemals zuvor hatten. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Heiterkeit bei der FPÖ.) – Ja, Sie lachen, aber Sie sind dann dagegen, wenn es eine freie Wohnsitzwahl, wenn es freien Personenverkehr gibt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das stört Sie dann, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ. Diese Freiheiten hat die Europäische Union aber gebracht: Religionsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Mei­nungs­freiheit (Ruf bei der FPÖ: Ihre Reden waren auch schon besser! – weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ), alles abgesichert in der Charta der Grundrechte der Euro­päischen Union. Wenn diese Freiheiten wo gefährdet sind, dann bei Schwesterparteien von Ihnen, wie in Polen. (Abg. Kickl: Echt! Um Gottes willen!) Das schreibe ich Ihnen in Ihr Stammbuch. Ja, so ist es! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kassegger: ... ein Jurist! Staatsgrundgesetz 1867 ...!)

Nicht die Europäische Union gefährdet die Grundrechte, nicht wir, das sind Sie und Ihre Schwesterparteien, mit denen Sie in einer Fraktion sind. (Abg. Kickl: Sie haben es so weit gebracht, dass wir ein Korruptionsvolksbegehren in unserem Land brauchen! Sie brauchen nicht ...!) – Ja, Kollege Kickl, Sie haben uns 2008 schon gesagt, das Ende des Euro ist gekommen. (Abg. Belakowitsch: Ja eh! – Zwischenruf des Abg. Lausch.) Was Sie da gesagt haben, ist völlig falsch. Bei meiner letzten Rede haben Sie hier dazwischengerufen – ich zitiere Sie jetzt, Sie können es in den Protokollen nachlesen –, es gebe für den Euro nur mehr eine „künstliche Lebensverlängerung“ – absolut falsch! Der Euro hat sich in der Krise bewährt. Wir haben 2008 aus der Schuldenkrise gelernt. Der Euro ist jetzt besser aufgestellt als jemals zuvor. (Abg. Steger: Das glauben Sie doch selber nicht!) Es ist so, auch wenn Sie es nicht hören wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die Menschen brauchen keine Angst zu haben, wenn es um ihr Bargeld geht. (Zwi­schenruf der Abg. Steger.) Der Herr Bundeskanzler hat es angesprochen, der Finanz­minister hat es an dem Tag gesagt, an dem die zuständige Kommissarin - - (Abg. Kickl: Schreiben wir es in die Verfassung! Herr Kollege Lopatka, schreiben wir es in die Verfassung! Sind Sie so mutig?) – Ja, das sage ich Ihnen, schauen Sie nach: 2016 habe ich als Klubobmann den Antrag gestellt, dass wir es in die Verfassung schreiben. (Abg. Belakowitsch: Falsch! – Zwischenruf der Abg. Steger.)

Die SPÖ war damals unser Koalitionspartner, Kollege Leichtfried steht schon hier, vielleicht kann er mir erklären, warum sie nicht mitgegangen ist. (Abg. Kickl: Das wird eine längere Beichte am Sonntag!) Die SPÖ hat damals klargestellt: Wir sind auch dafür, dass das Bargeld geschützt bleibt, wir glauben aber, wir brauchen keine verfassungs­mäßige Absicherung.

Ich habe es anders gesehen. (Ruf bei der FPÖ: Warum? – Zwischenruf der Abg. Steger.) Warum? – Hätten wir es in der Verfassung, wären unsere Minister, wer immer in der Regierung ist, daran gebunden, das Bargeld zu schützen. Auf europäischer Ebene – das hat damals Nationalbankpräsident Nowotny klargestellt – kann das Bargeld nur abgeschafft werden, wenn es Einstimmigkeit gibt. Der Herr Bundeskanzler hat es gesagt, Sie wollten es nicht hören. (Abg. Steger: Der hat schon viel gesagt!) Mit Österreich gibt es keine solche Abstimmung mit dem Ergebnis, dass das Bargeld Geschichte ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Es gibt ja auch keine Beitragserhöhungen, das hat er ja auch versprochen! Auch ge­brochen!)

Schauen Sie, ich sage Ihnen eines: Sie reden von Schuldenunion. Wir haben – der Bundeskanzler hat es auch angesprochen – für uns, für Österreich selbst – und alle, ob in den USA, ob in Europa – in dieser Coronakrise, glaube ich, das Richtige gemacht, was ich sonst nie für richtig halte, nämlich Schulden zu machen, um den Menschen zu helfen, um die notwendige Solidarität auch tatsächlich zum Leben zu erwecken. (Zwi­schenruf der Abg. Steger.) Das, was die Europäische Union da macht, ist aber ein einmaliger Akt, das ist kein Einstieg in die Schuldenunion (Zwischenrufe bei der FPÖ) – das wollen Sie nicht hören. (Abg. Kickl: Lopatka als Einpeitscher des Schuldensozialis­mus! Großartig!)

Ich hoffe sehr, dass es der Kommission gelingt, mehr mit dem Geld zu erreichen, als es bisher bei Kohäsionsmitteln der Fall war, nämlich was Digitalisierung betrifft, was den Umweltbereich betrifft – da brauchen wir das Geld.

Bei der FPÖ ist eines der Fall, und damit komme ich zum Schluss: Sie haben vom ersten Tag an – Kickl hat ja gesagt, Haider sei sein großes Vorbild – eigentlich nie genau gewusst, ob Sie jetzt wollen, dass Österreich in dieser Union ist, ja oder nein. Sie haben das nie klar beantworten können.

Sie können sich schon noch an Ihren Vorvorgänger erinnern, H.-C. Strache? – Vielleicht haben Sie ihn damals auch bei der Meinungsfindung unterstützt. Der hat am 25. Juni 2016 gemeint: „[...] wenn die Europäische Union nicht bereit ist, ihre Fehler abzustellen, dann wird man nicht mehr zusehen können. Dann ist natürlich auch ein Exit oder Auxit mit einer Volksabstimmung in Österreich möglich.“

Ihren absolut erfolglosen Wiener Parteiobmann kennen Sie schon noch, oder? – Ja, den kennen Sie, gut. (Abg. Matznetter: Blümel!) Dominik Nepp hat im letzten Jahr in seiner Not, weil er gesehen hat, wie es immer näher an den Abgrund geht, gemeint, wir sollten in Österreich wieder über einen EU-Austritt diskutieren. Sie haben eine Konstante in Ihrer Europapolitik, das ist nämlich Ihr gestörtes Verhältnis zur Europäischen Union. (Abg. Kickl: Unsere Konstante heißt Rot-Weiß-Rot!) Das ist der große Unterschied zu allen Fraktionen hier im Haus, denn diese haben zwar unterschiedliche Zugänge, aber es gibt eine konstruktive Mitarbeit für eine positive Weiterentwicklung der Europäischen Union. (Abg. Kickl: Der war auch schon besser!) Hier bleiben Sie alleine sitzen. – Schade! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Leichtfried. Bei ihm steht das Wort. – Bitte. (Abg. Kickl: Ein abgehalfterter General­sekretär spielt Europapolitik!)