11.46

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Dr. Bettina Vollath (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Noch einmal, damit es wirklich allen klar ist: Nein, niemand will das Bargeld abschaffen, weder die Kommission noch der Rat noch das Parlament. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Was tatsächlich vorgeschlagen wurde, um Geldwäsche zu bekämpfen – und das wurde schon richtiggestellt –: Wer mehr als 10 000 Euro in die EU einführen oder aus der EU ausführen möchte, soll kontrolliert werden. Wenn die Geschwindigkeit auf der Autobahn kontrolliert wird, wird deswegen auch nicht die Geschwindigkeit abgeschafft. (Abg. Kickl: Es wollte auch niemand eine Mauer bauen!)

Letztlich bleibt es eine politische Frage, was man wichtiger findet: die Freiheit für wenige, auch aus Sicht von NormalbürgerInnen astronomisch hohe Zahlungen in bar durchfüh­ren zu können, oder die Sicherheit aller, dass kriminelle Aktivitäten erschwert werden. Wir stehen für Zweiteres. Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Korruption müssen umfassend bekämpft werden, und dazu gehört die Kontrolle von dubiosen Bargeldge­schäften, aber das hat nichts, rein gar nichts mit dem Geld als Zahlungsmittel im täg­lichen Leben zu tun. Statt das falsch zu behaupten, wäre es wesentlich sinnvoller, gegen die Risiken von Kryptoveranlagungen vorzugehen. Auch da braucht es dringend eine Identitätskontrolle, um der Nutzung durch Kriminelle einen Riegel vorzuschieben. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zum Vorwurf der Schuldenunion: Dass sich die europäischen Regierungschefs auf einen umfassenden Aufbauplan geeinigt haben, ist ein Eingeständnis dessen, dass die Austeritätspolitik nach der Finanz- und der folgenden Wirtschaftskrise in den Zehner­jahren ein Fehler war. Diesmal will man es richtig machen, und das ist gut so. Der Wiederaufbau kostet Geld, und die EU kann zu besseren Konditionen Kredite aufnehmen. Das ist wesentlich gescheiter, als wenn sich jedes Land sein Geld selber teuer auf dem Finanzmarkt besorgt.

Gerade die gemeinsame Beschaffung dieser Gelder ermöglicht auch eine Zweckbin­dung dieses Geldes, um eine Win-win-Situation zu schaffen, denn zusätzlich zur dringenden Belebung der Wirtschaft werden wir durch die Zweckbindung den dringend notwendigen digitalen, klimatischen und sozialen Wandel schaffen und so eine gute Zukunft für Europa bauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch die Rückzahlung dieser Mittel folgt einem guten Plan. Sie soll nämlich über neue Eigenmittel der EU bedient werden. Auch da kommt es, wenn die Mitgliedsländer kluge Entscheidungen treffen, zu einer Win-win-Situation. Diese neuen Einnahmequellen für die EU werden nämlich im besten Sinne des Wortes gute Steuerungsmittel sein. Es geht zum Beispiel um einen CO2-Grenzausgleich für faire globale Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen; es geht um eine Digitalabgabe, die diesen Namen auch verdient, um ein erweitertes EU-Emissionshandelssystem und auch endlich um eine zumindest europäische Finanztransaktionssteuer. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht also um die Investitionen, die wir derzeit brauchen, um die Wirtschaft anzu­kurbeln; und es geht auch darum, dass die Union uns durch innovative Lenkungsmaß­nahmen gemeinsam zukunftsfit macht und gleichzeitig ihren Eigenmittelanteil so erhöht, dass die Mitgliedsländer und damit auch die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entlastet werden.

Nun ein Satz zum ständigen Neidkomplex: Es stützt seltsamerweise auch die österreichi­sche Wirtschaft, dass manche Länder richtigerweise aus diesem Aufbaufonds mehr Mittel erhalten werden als andere. Gerade wir in Österreich leben prächtig vom Export und sollten daher wissen, wie wichtig es ist, dass wirklich alle europäischen Länder gut durch die Krise kommen. Wenn wichtige Partner von uns in der Krise verharren, dann stellt sich das als Bumerang für die österreichische Wirtschaft heraus.

Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass auch die Frage, wie EU-Gelder an sich verwendet werden, wichtig ist. In gewissen Mitgliedstaaten versickern europäi­sche Gelder seit Jahren in dunkeln Kanälen und werden sogar durch die eigenen Regie­rungen zum Abbau von Rechtsstaatlichkeit verwendet. Als Europäisches Parlament haben wir daher vergangene Woche die sofortige Anwendung des Rechtsstaatsmecha­nismus gefordert, der seit 1. Jänner endlich in Kraft ist. Es ist schade, dass die FPÖ dagegengestimmt hat und die ÖVP sich in der Abstimmung sehr uneinig war, denn das ist eine große Chance für Europa. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen mehr denn je alle an einem Strang ziehen. Gerade die Coronakrise hat uns die eigene Verletzlichkeit vor Augen geführt. Wir sollten die Menschen aktiv zur Mitarbeit auffordern und sie nicht verunsichern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.51

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.