13.19

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Bundesministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon hitzige Debatten gehabt, aber ich glaube, in Wirklichkeit ist die wichtigste, vor allem für die Jugend des Landes, die, die wir jetzt führen – denn die Zukunft Österreichs ist Europa. Ich sehe keine Alternative außerhalb der Europäischen Union, und ich hoffe, dass das alle Fraktionen so sehen.

Man kann natürlich die Europäische Union sehr positiv sehen, man kann aber, wenn man es mit der Europäischen Union ernst meint, auch das eine oder andere kritisch sehen. Es ist ja schon von Europaministerin Karoline Edtstadler angesprochen worden, dass der, dem Europa wichtig ist, nicht unbedingt der sein muss, der in der ersten Reihe in einem Jubelchor steht. So sehe ich auch diese Zukunftskonferenz.

Auch die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat das sehr rasch erkannt. Denn welches Bild hat Europa nach der großen Aufbruchsstimmung mit Erwei­terungsrunden zuletzt abgegeben, nicht selbst verschuldet? – Wir hatten 2008 die Eurokrise, dann hatten wir die Migrationskrise und den Brexit, der kein Erfolg für die Europäische Union ist, schon gar nicht für das UK.

Als dann die Zukunftsdebatte starten sollte, ist die Coronakrise gekommen, und das sind natürlich krisenhafte Erscheinungen. Daher ist es umso wichtiger, jetzt zu starten. Die Europäische Union ist ein kompliziertes Gebilde, daher hat es relativ lange gedauert, bis auch manche – und ich möchte das hier kritisch ansprechen – Zentralisten in Brüssel erkannt haben, dass die Europäische Union auch die Einbindung der nationalstaatlichen Parlamente braucht.

Frau Bundesministerin Gewessler, ich verstehe Sie, es ist natürlich wichtig, die Bürger­gesellschaft einzubinden, aber hier sitzen von den Bürgern gewählte Vertreter. Da muss man eine richtige Balance finden. Ich glaube, dass wir, so wie wir das hier im Parlament aufgesetzt haben, die Chance haben, als österreichischer Nationalrat gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundesrat tatsächlich einen wesentlichen Beitrag zu leisten, dass man am Ende dieses Diskussionsprozesses nicht zur Tages­ordnung übergeht, sondern die eine oder andere Änderung gemeinsam mitträgt. Will sich die Europäische Union in dieser dynamischen Welt – und da müssen wir über die Grenzen der EU hinausschauen – durchsetzen können, muss sie in einzelnen Bereichen schneller, handlungsfähiger, selbstbewusster werden, damit wir entsprechend agieren können.

Bisher haben wir vor allem nach Krisen reagiert. Ich glaube, dass wir – weil Kollege Matznetter herschaut, der auch Finanzstaatssekretär war – aus der Eurokrise gelernt haben, der Euro seither gestärkt ist und der Stabilitätsmechanismus ein Bereich ist, in dem wir Fortschritte erzielt haben. Im Migrationsbereich auf europäischer Ebene kann ich das noch nicht sagen, um ein anderes Beispiel zu nennen.

Das heißt, was ich meine, ist: Wenn wir über die Zukunft von Europa diskutieren, sind nationalstaatliche Parlamente einzubinden. Stellen Sie sich vor, wir diskutieren über die Zukunft von Österreich und klammern die Bundesländer aus – na viel Glück, könnte ich uns da nur wünschen! Wir hatten ja schon den Österreich-Konvent, mit dem wir versucht haben, unser Land weiterzubringen, was die Zusammenarbeit betrifft. Das heißt, ich bin absolut für diesen Bürgerdialog, aber ich bin auch dafür, den nationalstaatlichen Parlamenten hier in der Debatte ein entsprechendes Gewicht zu geben.

Wir werden ja morgen das erste Mal zusammensitzen. Wir haben - -

Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich will Sie nicht unter­brechen, aber Sie wollten noch einen Antrag einbringen und haben nur noch 1 Minute Redezeit. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (fortsetzend): Ja, das mache ich sehr schnell.

Wir kommen also morgen hier zusammen, und meine Idee ist, dass wir uns auf die Jugend bei uns im Land konzentrieren. Es ist auch eine Kollegin aus dem französischen Parlament hier, die die Debatte mitverfolgt. Frankreich will, was den Westbalkan betrifft, gemeinsam mit uns aktiv werden. Da könnten wir Signale ausschicken, die in die richtige Richtung gehen, nämlich Richtung Erweiterung und Richtung Zukunft, und das ist die Jugend im Land.

Daher darf ich folgenden Antrag einbringen und ich bedanke mich bei Michel Reimon für die Vorbereitung dieses Antrages:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Michel Reimon, MBA, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „die EU-Zukunftskonferenz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas in Österreich mit Bürgerinnen und Bürgern einen ergebnisoffenen und transparenten Dialog in Übereinstimmung mit den Grundwerten der Union zu allen Politikbereichen zu führen;

bei der Organisation von Veranstaltungen und BürgerInnenforen stets bestmöglich auf eine repräsentative Zusammensetzung, also in Bezug auf geografische Herkunft, Ge­schlecht, Alter, sozioökonomischen Hintergrund und den Bildungsweg der Bürgerinnen und Bürger, zu achten;

sich im Plenum der Konferenz und in anderen geeigneten Foren dafür einzusetzen, dass die EU den Empfehlungen der BürgerInnen rasch durch konkrete und rasche Reform- und Gesetzesinitiativen nachkommt;

und sich bei Bedarf auch für eine Verlängerung der Konferenz zur Zukunft Europas auszusprechen.

*****

Ich bitte alle Fraktionen, diesem Antrag die Zustimmung zu geben, und bedanke mich beim Präsidenten für den Hinweis, sodass ich diesen Antrag noch ordnungsgemäß ein­bringen konnte. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.25

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Reinhold Lopatka, Michel Reimon,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend die EU-Zukunftskonferenz

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1 EU-Erklärungen der Bundesministerin für EU und Verfassung und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobi­lität, Innovation und Technologie gemäß §74b Abs.   1   lit   b   der   Geschäfts­ord­nung   des   Nationalrates   zum   Thema   "Zukunft der Europäischen Union"

Die Europäische Union ist eine der größten Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Sie ist eine Verantwortungs- und Solidargemeinschaft mit gemeinsamen Regeln. Sie steht für die gemeinsamen Werte Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechti­gung und Menschenrechte sowie für Wohlstand und wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt.

Um diese Errungenschaften auch für die Zukunft zu wahren und weiterzuentwickeln, braucht es heute eine tiefgehende und ehrliche Debatte. Denn angesichts zahlreicher Herausforderungen wie der Klimakrise, die Förderung der europäischen Wettbewerbs­fähigkeit und der strategischen Autonomie, der COVID-19-Pandemie, sozialer Ungleich­heiten und Angriffen auf die Rechtsstaatlichkeit braucht es Reformen, damit die Euro­päische Union handlungsfähig, zukunftsfit und krisenfest bleibt. Dies kann möglicher­weise auch in Vertragsänderungen münden.

Die von der Europäischen Union initiierte „Konferenz zur Zukunft Europas“ spielt eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung der EU als starke Akteurin. Im Zentrum der Konferenz zur Zukunft Europas stehen der Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern sowie ihre Impulse für die Gestaltung der Zukunft des europäischen Projekts. Das Europäische Parlament, der Rat und die Europäische Kommission haben sich verpflichtet, mit Euro­päerinnen und Europäern aus allen Gesellschaftsschichten und Regionen der Union die Herausforderungen und Prioritäten Europas zu erörtern und in diesem Prozess sicher­zustellen, dass die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger, inklusive Jugendlicher, aus­reichend Gehör finden. Eine wesentliche Rolle kommt dabei auch den nationalen Parla­menten in der EU als jene die BürgerInneninteressen legitim vertretenen Institutionen zu, deren Einbindung wichtig ist, um deren Sichtweise in den Prozess der Zukunfts­konferenz einfließen zu lassen.

Die Institutionen haben sich auch verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten den Vorschlägen und Empfehlungen der Bürgerinnen und Bürger zu folgen. Dass die Ergeb­nisse der Konferenz zu konkreten Reformen und Gesetzesinitiativen führen, ist nicht nur für die Glaubwürdigkeit der EU, sondern auch für ihre zukünftige Handlungsfähigkeit ausschlaggebend.

Die Empfehlungen der nationalen und europäischen BürgerInnenforen werden in den Plenarversammlungen der Konferenz erörtert, an denen auch VertreterInnen des Euro­päischen Parlaments, der Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission, der natio­na­len Parlamente, des Ausschusses der Regionen, des Wirtschafts- und Sozialausschus­ses, der SozialpartnerInnen und der Zivilgesellschaft teilnehmen. Das Plenum tritt erst­mals am 19. Juni 2021 in Straßburg zusammen.

 Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert,

im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas in Österreich mit Bürgerinnen und Bür­gern in einem ergebnisoffenen und transparenten Dialog in Übereinstimmung mit den Grundwerten der Union zu allen Politikbereichen die zukünftigen Prioritäten und Heraus­forderungen der EU zu erörtern;

bei der Organisation von Veranstaltungen und BürgerInnenforen stets bestmöglich auf eine repräsentative Zusammensetzung, unter anderem in Bezug auf die geografische Herkunft, das Geschlecht, das Alter, den sozioökonomischen Hintergrund und/oder den Bildungsweg der Bürgerinnen und Bürger, zu achten;

sich im Plenum der Konferenz und in anderen geeigneten Foren dafür einzusetzen, dass die EU den Empfehlungen der BürgerInnen rasch durch konkrete und rasche Reform- und Gesetzesinitiativen nachkommt;

sich bei Bedarf für eine Verlängerung der Konferenz zur Zukunft Europas auszu­sprechen.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.