21.09

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Blümel (in Richtung Bundesminister Blümel, der mit Abg. Engelberg spricht), würden Sie mir vielleicht Ihr Ohr leihen oder doch nicht? – Wir kön­nen auch die Sitzung unterbrechen, wenn der Finanzminister gerade keine Zeit für die Debatte hat.

Sie waren ja heute bei der Debatte über die Ministeranklage gegen Sie nicht da. Da hatten wir eine interessante Debatte. Ich habe hier gesagt, dass Sie bis heute das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März nicht umgesetzt haben, wonach ja in der Zwischenzeit erst- und einmalig in der Zweiten Republik vom Bundes­prä­sidenten sogar ein Exekutionsverfahren gegen einen amtierenden Minister geführt wird. (Abg. Eßl: Was haben wir für ein Thema?)

Kollege Gerstl vertraut Ihnen offenbar so blind, dass er sogar rausgekommen ist und behauptet hat, das, was ich gesagt habe, wäre falsch. Und siehe da, zwei Stunden später bekomme ich ein E-Mail von Ihnen, und wissen Sie, was da drinnen steht? – Dass Sie durch ein Versehen, irrtümlich noch nicht alle Akten und Unterlagen geliefert haben, die Sie hätten liefern müssen, weil Sie der Verfassungsgerichtshof dazu am 3. März verpflichtet hat. (Abg. Hörl: Er soll zur Sache reden! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das haben Sie bis jetzt noch nicht geliefert! Sie haben angekündigt, dass es heute noch geliefert wird. Wir haben heute zumindest von der Parlamentsdirektion noch keine Be­stätigung. Dabei ist heute der 16. Juni, und Sie haben noch immer das Erkenntnis vom Verfassungsgerichtshof vom 3. März nicht umgesetzt. Mittlerweile geben Sie es zu und sagen: Es war ein Versehen, ein Irrtum, dass wir noch nicht alle Akten und Unterlagen geliefert haben. – Ich sage Ihnen: Herr Minister, so geht es nicht! Unsere Geduld ist erschöpft! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden heute noch Gelegenheit haben, das zu debattieren. Sie sind herzlichst ein­geladen, weil wir ja heute noch einmal über die Nachspielzeit des Untersuchungs­aus­schusses debattieren. Wir kennen das alles von der Europameisterschaft: Wenn eine Mannschaft Zeit verzögert, dann wird das eingerechnet, dann gibt es die Nachspielzeit, und in der Geschichte von Untersuchungsausschüssen hat noch nie jemand so viel Zeit verzögert wie Sie und Bundeskanzler Kurz. (Ruf bei der ÖVP: Tagesordnung!)

Wir bestehen auf diese Nachspielzeit. Wir werden heute ja noch darüber debattieren können, ob es auch wirklich zu dieser Nachspielzeit kommt oder ob ernsthaft eine Mehrheit hier in diesem Haus diese Vorgangsweise akzeptiert, dass ein Minister am 16. Juni sagt: Durch einen Irrtum und durch ein Versehen habe ich noch immer nicht alle Akten und Unterlagen geliefert, die ich seit 3. März vonseiten des Verfassungs­ge­richtshofes verpflichtend hätte liefern sollen. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Wir werden sehen, ob wirklich eine Mehrheit sagt: Ja, das legitimieren wir und diese Vorgangsweise decken wir!, oder ob eine Mehrheit hier im Haus sagt: Nein, das geht selbst uns zu weit! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.) Auch Ihnen, Herr Hanger, könnte irgend­wann einmal etwas zu weit gehen, denn glauben Sie mir eines: Herr Blümel ist bereit, so weit zu gehen, dass es sogar für Sie zu weit ist. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Zur gegenständlichen Debatte: Wir verlängern hier einige Hilfsmaßnahmen, die die Krise betreffen. (Abg. Hanger: ... steht auf der Tagesordnung!) Das ist gut und richtig so, da stimmen wir zu. Die Frage aber – und das ist eine wesentliche Frage; Herr Hanger, ich weiß, sie interessiert Sie nicht – ist: Wer bezahlt am Ende diese Krise? (Abg. Hanger: Ich bin gespannt, wann er wieder ...!) Wir wissen aufgrund unserer heutigen Steuer­struktur, dass über 80 Prozent unserer Steuern sich aus Steuern auf Arbeit (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger) und Konsum zusammensetzen, sprich, die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer, die Pensionistinnen und die Pensionisten bezahlen unsere Steuern und Abgaben.

Im Bereich Kapital und Vermögen ist es durch unsere eigentlich nicht existente Vermö­genssteuer so, dass nur circa 15 Prozent des Staatshaushaltes aus Steuern im Bereich Kapital und Vermögen stammen. Das heißt, wenn wir an unserer Steuerstruktur nichts ändern, bezahlen über 80 Prozent die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und nicht einmal 20 Prozent die, die über Vermögen und Kapital verfügen.

Was macht der Minister? – Er denkt darüber nach, die Steuerstruktur zu ändern, und zwar dahin gehend, dass die Großkonzerne, die heute schon keinen gerechten Beitrag zahlen, noch weniger zahlen. Das heißt, Sie wollen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Zwischenruf des Abg. Hanger), die Pensionistinnen und Pensionisten nicht nur 80 Prozent, sondern 90 Prozent der Krisenkosten zahlen und die Bereiche Kapital und Vermögen noch weniger! Da werden Sie mit unserem erbitterten Widerstand rechnen müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Sehr gute Rede!)

21.13

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.