16.20

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Frauen Bundesministerinnen! Herr Bundesminister, gleich vorweg entschuldige ich mich für meinen sehr emotionalen Zwischenruf, ich kann ihn aber auch gleich erklären. Sie haben ja richtig erkannt, dass ich hier wahrscheinlich auf den vermeintlichen oder aus meiner Sicht bestehenden Bruderzwist eingehen werde.

Ich will nicht sagen, dass ich nicht die positiven Bestrebungen von Ihnen in einzelnen Bereichen sehe. Wir sind uns sicher nicht in allem einig, aber es gibt Maßnahmen – und die haben Sie auch angesprochen – wie die Frage, wie man Rückführungsabkommen intensivieren kann, wie man auch notwendige Änderungen auf europäischer Ebene voranbringen kann. Das sehe ich ohne Weiteres. Es ist aber leider oft der Fall, dass, wenn Herr Klubobmann Kickl Ihnen etwas vorwirft – und Sie haben natürlich auch die Verpflichtung, diese Dringliche Anfrage zu beantworten, ich wollte da auch nicht irgend­etwas anderes sagen –, es immer das Ergebnis ist, dass es zu einer Aufrechnung kommt: Wer hat die härteren Maßnahmen vorgeschlagen? Wer hat die härteren Ideen?

Dieses Vorschlagen dieser Maßnahmen und dieses Aufrechnen führen nicht dazu, dass wir die Möglichkeit haben, solche widerwärtigen, solche grauenhaften Morde zu verhindern. Das ist das, was mich wütend macht, weil das Aufrechnen keinen einzigen Mord verhin­dern wird. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Es macht mich auch deswegen so wütend, weil wiederum auch in diesem Fall die Maßnahmen, die man setzen müsste, zumindest nach dem Wissensstand, den ich jetzt habe, sehr offenkundig sind. Wir haben vier Tatverdächtige, das ist schon angesprochen worden, alle Asylsuchende aus Afghanistan, drei davon mehrfach vorbestraft, als Gewalttäter polizeibekannt. In Wirklichkeit hat zumindest für diese drei das Aufent­halts­recht keine Gültigkeit mehr, und das Problem ist, es ist nicht zu einer Abschiebung gekommen. Da fragt man sich, wieso das so ist, und dann erkennt man, dass es im Asyl- oder im Abschiebeverfahren offensichtlich zu Fehlern gekommen ist. Wir haben auch dieses Hin- und Herschieben von Schuld erlebt.

Es geht hier um zumindest drei, die keinen Schutzstatus mehr genießen sollten, einer davon schon seit November 2018 nicht mehr. Der Fall liegt seit November 2018 beim Bundesverwaltungsgericht. Dort gibt es eigentlich eine Dreimonatsfrist, die für die entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahme vorgesehen ist. Es ist nur nichts passiert. Wenn wir aber bis 2018 zurückrechnen, dann fällt uns auf, dass drei Monate ganz offensichtlich vergangen sind. In der Zeit dazwischen sind sogar noch weitere strafrechtliche Verurteilungen dazugekommen.

Mit ein Grund dafür, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht entschieden hat, ist, dass dort immer noch 14 000 offene Asylverfahren liegen und offensichtlich zu wenige Res­sourcen vorhanden sind, um diese abzuarbeiten. Das Ergebnis, wenn zu wenige Res­sourcen vorhanden sind, ist, dass diese Verfahren nicht rasch genug bearbeitet werden und dass in diesem Fall auch die Außerlandesbringung dieses einen Tatverdächtigen nicht funktioniert hat. Wenn man das konsequent zu Ende überlegt: Wenn die Res­sourcen vorhanden wären, hätte man unter Umständen diesen furchtbaren Mord verhin­dern können, denn dann wäre zumindest der eine Tatverdächtige nicht mehr im Land.

Es ist, glaube ich, für uns alle unbestritten, dass die Menschen, die nach Österreich kommen, die hier Schutz suchen, sich an das österreichische Rechtssystem zu halten haben und dass es für jede einzelne Person, die nach Österreich kommt, die hier Schutz sucht, die hier Asyl bekommt und dann der Meinung ist, dass man sich nicht an unsere Grund- und Freiheitsrechte halten muss, die wir jahrzehntelang erkämpft haben, die der Meinung ist, dass man die sexuelle Integrität von Frauen nicht zu respektieren hat, die der Meinung ist, dass man deren Rechte durch Gewalt einschränken kann oder ihnen vielleicht sogar das Leben nehmen kann, wie es in diesem tragischen Fall passiert ist, nur eine einzige Antwort geben kann: Leute, die so denken, haben in Österreich schlichtweg nichts verloren. (Allgemeiner Beifall.)

Sie haben selbst gesagt, Herr Bundesminister, und da stimme ich Ihnen hundertprozentig zu: Wenn jemand glaubt, dass er den Schutz der liberalen Demokratie in Anspruch nehmen kann, und diesen Schutz dann ausnützt, um die hier geltenden Gesetze zu missachten, dann hat er etwas ganz Grundlegendes falsch verstanden. Wenn ein Asylwerber oder auch ein Asylberechtigter mehrere schwere Straftaten begeht, wie etwa Gewaltverbrechen, dann kann ja wohl kein Weg daran vorbeiführen, dass wir diese Leute wieder in ihre Herkunftsländer zurückbringen.

Genauso haben Sie auch angesprochen, woran es leider oft hakt. Das sind die Rück­führungsabkommen oder -übereinkommen, wie auch immer wir sie nennen wollen. Wenn ein negativer Asylbescheid erfolgt ist, ist klar, dass es eine rasche und entschlos­sene Rückführung geben muss. Das Problem ist – das Gesetz sieht das so vor, es sieht es jetzt schon vor, es braucht da keine Verschärfungen –: Es braucht eine konsequente Umsetzung der bestehenden Gesetzeslage, und dazu braucht es, wie wir gesagt haben, erstens mehr Ressourcen bei den entsprechenden Gerichten, denn solange sich die Fälle dort stapeln und nicht abgearbeitet werden können, können wir auch das Gesetz nicht entsprechend durchsetzen.

Was es aus meiner Sicht auch brauchen würde, haben wir schon mehrmals am Beispiel Schweiz aufgezeigt. Sie kennen das, in der Schweiz ist es so, dass bis zur zweiten Instanz die Verfahren in 180 Tagen durchgeführt werden müssen. Wir brauchen ganz grundsätzlich eine Beschleunigung der Asylverfahren.

Das heißt, wir brauchen die Beschleunigung, wir brauchen ausreichende Ressourcen. Es muss klar sein, dass jemand, der hier kein Asyl bekommt, so rasch wie möglich in sein Herkunftsland zurückgebracht wird, und es muss letztlich klar sein, dass jeder, der unter Ausnutzung des Schutzes durch uns hier schwere Gewalttaten begeht, diesen Schutz nicht mehr bekommen darf und so rasch wie möglich nach Hause gebracht werden muss.

Es ist nicht sinnvoll, wenn wir gegenseitig aufrechnen, wer die härteren Maßnahmen hat. Es wäre sinnvoll, wenn wir mit den momentanen gesetzlichen Grundlagen das Auslan­gen finden würden und wenn wir es mit den momentanen gesetzlichen Grundlagen schaffen würden, dass wir solche grauenhaften Morde verhindern können. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

16.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.