17.16

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wenn man Ihnen zugehört hat, Kollege Hammer, dann muss einem wirklich übel werden, vor allem jenen Menschen, die daheim sitzen und viele Bewerbungen geschrieben ha­ben, teilweise aber nicht einmal Antworten bekommen. Dann stellen Sie sich hier ans Rednerpult und sagen: Es bekommt eh jeder Arbeitslose ein Angebot, entweder einen Job oder eine Qualifizierungsmaßnahme, es ist eigentlich eh alles wunderbar! Kollege Pöttinger hat ja vorhin erklärt, es gäbe de facto Vollbeschäftigung – ich glaube, auch Kollege Hanger hat das am Vormittag schon einmal gesagt, da habe ich es nicht ganz so ernst genommen, denn bei ihm wissen wir schon, dass er ein Satireprojekt ist. (Zwi­schenruf des Abg. Hörl.)

Meine Damen und Herren von der Volkspartei, was verstehen Sie unter Vollbeschäf­tigung? Wenn mehr als 300 000 Personen in unserem Land arbeitslos sind, sprechen Sie von Vollbeschäftigung?! Wenn über 120 000 Personen aufgrund Ihrer völlig sinnlo­sen und überzogenen Maßnahmen jetzt in Langzeitarbeitslosigkeit sind, sprechen Sie von Vollbeschäftigung?! Wir alle wissen, was Ihr Wirtschaftsbund fordert, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei – das ist nicht der Zugang, den ich mir erwarten würde, nachdem Sie das Land so an die Wand gefahren haben!

Der Herr Bundesminister hat im Ausschuss erklärt, wie großartig sich unser Arbeitsmarkt entwickle: Ja, die Zahlen sind jetzt zurückgegangen, und ja, es gibt eine tolle Prognose – aber was er nicht gesagt hat, das ist, dass irgendwann die Steuerstundungen auslaufen. Herr Bundesminister, das haben Sie im Ausschuss nicht dazugesagt, und auch nicht, dass noch eine Welle auf uns zurollen wird, bei der es dann möglicherweise Pleiten gibt, und da wird die Arbeitslosigkeit wieder steigen.

Das, meine Damen und Herren, haben Sie alle nicht auf dem Radar, denn das passt nicht in Ihre wunderschöne Erzählung, dass in diesem Land alles wunderbar wäre. Wie es mit dieser Erzählung steht, meine Damen und Herren Kollegen von der Volkspartei, spüren aber die Bürger draußen. Sie spüren ja den Druck auf dem Arbeitsmarkt, und sie wissen ganz genau, dass das jetzt alles auf Sand gebaut ist. Die leichte Erholung ist noch nicht nachhaltig, dieser Arbeitsmarkt ist noch lange nicht nachhaltig.

Die Menschen spüren auch die Geringschätzung der Politik für die Leistungen, die sie erbringen. Wenn sie arbeitslos sind, dann werden sie von Ihnen jetzt auch noch so ab­gekanzelt: Na ja, wenn sie arbeiten wollen, kriegen sie eh ein Angebot – so quasi: die wollen ja nicht –, und jeder, der kann, muss! Wer bestimmt denn, wer was kann? Wer bestimmt das? Bestimmen Sie das? Bestimmt das der Herr Minister? Bestimmt das das AMS? (Ruf bei der ÖVP: Die Frau Belakowitsch!)

Oder wird das über irgendwelche menschenverachtenden Tests herausgefunden, bei denen man die Leute dann fragt: Haben Sie einen Geburtsfehler? Da sind aber auch noch ganz andere Fragen enthalten, wie: Haben Sie vielleicht eine Entzündung der Na­sennebenhöhlen? Haben Sie einen Harnwegsinfekt? Irgendetwas werden dann die Leute mit Ja ankreuzen, denn irgendetwas hat jeder, akut ablaufend oder auch chronifi­ziert. Jeder hat etwas, und dann sind die Menschen sofort auf dem Abstellgleis – das ist die Art, wie Sie die Leute behandeln!

All jene, die sich aufgrund dieses Medienberichts gemeldet haben, all jene, die sich gemeldet haben, waren Langzeitarbeitslose, die von Ihnen dorthin geschickt worden sind – von Freiwilligkeit keine Spur, meine Damen und Herren! Ihnen wurde gesagt: Das müssen Sie jetzt machen – es steht sogar darunter –, und wenn Sie fertig sind, meldet sich Ihr Betreuer bei Ihnen!

Sie wollen die Leute kategorisieren in die Guten, die man vermitteln kann, und alle anderen, die Pech gehabt haben, wird man dann aussteuern. Das ist Ihr Zugang, und das ist abstoßend und das ist menschenverachtend, meine Damen und Herren. Anstatt dass Sie sich endlich auch einmal Gedanken darüber machen, wie wir tatsächlich in eine Situation kommen können, in der vielleicht über 50-jährige Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt zurückgebracht werden, setzen Sie sich hin und sagen: Alles in Ord­nung, de facto Vollbeschäftigung!, meine Damen und Herren! (Ruf bei der ÖVP: ... Aktion Sprungbrett!)

Ja, Aktion Sprungbrett: Da springen die Leute auf und nieder, auf und nieder. (Abg. Gödl: Zügeln Sie Ihre Sprache!) Noch überhaupt nichts haben Sie damit erreicht. Die Aktion - - (Abg. Gödl: Zügeln Sie Ihre Sprache!) – Herr Kollege Gödl, Sie können sich ja dann hierherstellen, ich glaube, Sie sind eh eingemeldet. Erzählen Sie den Leuten von Ihren präpotenten Ansichten, die Sie über Arbeitslose haben! (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Sie werden sich davon schon ein Bild machen. Machen Sie das, aber lassen Sie mich jetzt einmal ausreden!

Ich weiß schon: Das tut euch weh, weil ihr nämlich nicht nur im Korruptionssumpf ver­sinkt, ihr versinkt auch in eurer eigenen Präpotenz (Zwischenruf bei der ÖVP), weil euch die Bürger im Land egal sind (Abg. Michael Hammer: ... nicht zum Aushalten!), weil euch die Arbeitslosen im Land egal sind, weil euch die Lebensbedingungen der Menschen egal sind; darum werden auch die Maßnahmen gegen Energiearmut von euch in Bausch und Bogen im Wirtschaftsausschuss abgelehnt werden. Euch ist es wurscht, wie die Lebensbedingungen da draußen sind. (Ruf bei der ÖVP: Aufhören!) Das sind spezielle Bedingungen, die schwierig sind.

Alles wird teurer, die Energie wird massiv teurer (Abg. Michael Hammer: Sollen wir Ih­nen helfen?), die Fernsehgebühren werden erhöht, und ihr sitzt da in der warmen Stube und sagt: Na, dann sollen sie sich halt einen Job suchen! – Das ist nicht der Zugang von Politik. Politik hat den Menschen zu dienen und nicht umgekehrt, meine Damen und Herren. Ja, da können Sie schon grinsen, Kollege Gödl! Sie haben bis jetzt politisch nichts weitergebracht, Sie haben in der Pflege nichts weitergebracht – da kommt auch nichts, haben wir heute gehört, im neuen Budget kommt gar nichts –, Sie haben aber auch auf dem Arbeitsmarkt nichts weitergebracht, also hören Sie mit Ihrer Präpotenz auf und kommen Sie einmal ins Arbeiten für die Bürger! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Das ist ja nicht zum Aushalten!)

17.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte sehr.