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Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Es ist wirklich sonderbar, welche Aufregung zu Förmlichkeiten anstatt zum Inhalt aufpoppt. Das ist ja unfassbar!

Bleiben wir ruhig und sachlich: Just am 4. Oktober, genau an jenem Tag, an dem die Staatsanwaltschaft sozusagen die Einsatzkräfte für die Hausdurchsuchungen am 6. Ok­tober sammelt, kommt eine Anordnung, die darauf hinausläuft, dass am 10. ­ im Bun­deskanzleramt die gesamten Back-up-Daten, die hinter dem Exchange Server laufen, gelöscht werden, es sei denn, dass jeder einzelne Mitarbeiter, jede einzelne Mitarbeiterin des Amtes individuell meldet: Wir brauchen das noch. (Abg. Lopatka: Das ist eine bewusste Irreführung! Das stimmt ja nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und genau dieser Umstand wurde in der Nacht von gestern auf heute bekannt gegeben. Alle Einwendungen, man hätte es früher machen können: gegenstandslos. Was sonst, wenn nicht das, ist Anlass für eine solche Dringliche? – Ehrlich!

Das Ganze geht jetzt natürlich weiter. Abgeordneter Krainer hat ganz klar nachgewiesen, warum der geplante – damals war er noch nicht eingebracht – Entschließungsantrag untauglich ist: Statt jedes einzelnen Mitglieds der Bundesregierung wird das Kollektiv­organ aufgefordert. Den entscheidenden Teil, nämlich zum „eingesetzten Unter­suchungs­­ausschuss“ (Rufe bei den Grünen: „Insbesondere“!), hat Kollege Krainer völlig richtig ja während seiner Begründung noch einmal vorgelesen. (Neuerliche Rufe bei den Grünen: „Insbesondere“!) – Ihr habt 30 Minuten für die Korrektur gehabt. (Abg. Stögmüller:Ins­be­sondere“!  Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Habt ihr es zusammenge­bracht? – Nein! (Abg. Stögmüller: Da kennst du dich aber nicht aus damit! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Keiner hat es erklärt, nur: Ihr habt das falsch eingebracht. 

So, und jetzt komme ich aber zum Inhalt dessen, was sonst passiert ist. Wieso führt ihr das auf? Ist das ein Stockholmsyndrom? (Zwischenrufe bei den Grünen.) Habt ihr eigentlich Kollegen Gerstl zugehört, der Vorwürfe getätigt hat? Nicht, dass er gesagt hat: Wir werden keine Straftaten mehr begehen, damit niemand eine Anzeige machen muss!, nein, er hat gesagt: Wieso findet beim Chorherr keine Hausdurchsuchung statt? (Zwi­schenruf des Abg. Stögmüller.) Er hat sich verstiegen in der Unterstellung, dass die frühere Stadträtin Wehsely unter falschem Namen die Firma Reisswolf beschäftigt hätte, die Rechnung nicht bezahlt hätte und Festplatten geschreddert hätte. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Und wie reagiert ihr auf solche Unterstellungen? – Eva Blimlinger hält uns einen Vortrag über die Einrichtung des Archivs im 18. Jahrhundert (Zwischenrufe bei Grünen und ÖVP) ehrlich?! –, statt dass ihr hergeht und sagt: Freunde, aus jetzt! Es wird unter­sucht, das Schreddern wird jetzt gestoppt (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abge­ordneten der FPÖ), jetzt schauen wir uns jede einzelne Information an, um diesen Sumpf trockenzulegen!

Das wäre eure Aufgabe gewesen, und ich wiederhole hier, was ich gestern schon gesagt habe: Möge der Anstand grün gewählt haben – aber wenn er es gemacht hat, hat er inzwischen politisches Asyl in Skandinavien gesucht. Dort gibt es nämlich ein Infor­mationsfreiheitsgesetz – ihr habt es nicht zusammengebracht. Es hätte uns geholfen, denn dann wären die ganzen Lösch- und Schredderaktionen, die jetzt flächendeckend stattfinden, nicht möglich gewesen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Zur Ausrede: Wir machen doch jetzt ein anderes System! Freunde, die Back-ups der Back-ups müssen da sein. (Abg. Zorba: Ja ...!) Und die Frage, ob eine Hausdurch­suchung verraten wurde, möge jeder einzelne für sich beantworten. Liebe Zuseherinnen und Zuseher, denkt einmal darüber nach! (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Bei Herrn Schmid gibt es eine Hausdurchsuchung, das Handy ist gelöscht, er gibt sogar den Code her. Der Herr Bundeskanzler a. D. erklärt uns: Das Diensthandy verwende ich ja gar nicht, ich verwende nur das private Handy von der Partei! Die Nächste, zu der sie kom­men, Frau Beinschab, müssen sie für zwei Tage festnehmen (Zwischenruf der Abg. Scheucher-Pichler), weil die Festplatten gelöscht waren, als sie dort erschienen sind. (Ruf bei der ÖVP: So ein Blödsinn!) Frau Gaby Schwarz erklärt eine Woche vor der Hausdurchsuchung: Es gibt bei uns in der ÖVP-Parteizentrale nichts mehr zu finden! (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)

Fällt Ihnen irgendein Zusammenhang auf? Ehrlich gesagt gibt es also zwei Möglich­keiten: Entweder die Staatsanwaltschaft sagt: Wir wissen nicht, was wir mit Ihnen machen!, sie kündigt sich vorher an, schreibt ein Brieferl: Wir kommen vielleicht im Oktober!, oder es gibt andere Quellen (Zwischenruf des Abg. Haubner), die rechtzeitig darüber infor­mieren. Eines ist aber bitte auch klar, meine Damen und Herren von der ÖVP: Ein an­ständiger Mensch hat vielleicht die Unterlagen vorbereitet, aber übergibt nicht ein gelöschtes Handy. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Über die Intelligenz dieser Truppe kann man nur sagen: Es deutet nicht auf besondere Intelligenz hin, zu glauben, dass wenn die Back-ups in der I-Cloud gelöscht sind, sind sie gelöscht, und daher kann der Ex-Bundeskanzler im Untersuchungsausschuss erzäh­len, was er will. Selbst mein zwölfjähriger Sohn weiß, dass die Firma Apple wie jeder Cloudanbieter natürlich ein Back-up der Back-ups hat und dass man nach einer kurzen Anfrage der Staatsanwaltschaft in den USA ein Wiederherstellen mit allen Bildern, die drauf waren, beantragen kann. (Abg. Gabriela Schwarz: Da braucht man das Handy des Landeshauptmannes Doskozil!) So viel zum Thema Intelligenz.

Mein letzter Appell geht an die junge Frau Gödl: Sie haben recht, wenn Sie Ihren Vater kritisieren, weil er dabei ist, aber, junge Dame, versuchen Sie Ihren Papa zu überreden, dort auszutreten, denn wenn er nicht mehr dabei ist, ist er ein anständiger Abgeordneter. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich beglückwünsche Sie, wenn es Ihnen gelingt, Frau Gödl! – Vielen Dank, auf Wiederschauen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Tanja Graf:  ... letztklassig! – Weitere Rufe bei der ÖVP: Super! Na gratuliere! Das gibt’s ja nicht!)

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