12.26

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Innenminister! Hohes Haus! Die heutige Diskussion zeigt sehr gut, wie unreflektiert Vertreter einzelner Fraktionen Themen lediglich durch ihre ideologische Brille behandeln, aber nicht anhand der bereits jetzt geltenden Rechtslage. Als Beispiel dazu nenne ich die geplanten Verschärfungen im Bereich des Waffengesetzes unter dem Deckmantel angeblicher Terrorismusbekämpfung.

Schon Verstöße gegen bestimmte Verwaltungsstrafgesetze können in Zukunft dazu führen, dass einem die für den Waffenbesitz notwendige Verlässlichkeit abgesprochen wird. Verstöße gegen Verwaltungsstrafgesetze können aber manchmal auch sehr geringfügig sein. Selbst Personen, die dem Gedankengut einer verbotenen Organisation strikt ablehnend gegenüberstehen, können verwaltungsstrafrechtlich bestraft werden, zum Beispiel nach dem Abzeichengesetz.

Wenn in einem solchen Fall nicht der geringste Zusammenhang mit irgendeinem extre­mistischen Gedankengut, mit Gewaltverherrlichung, Verhetzung oder dergleichen besteht, dann sollte man sich zumindest die Frage stellen, warum nicht eine Einzelfall­prüfung der Verlässlichkeit vorgenommen werden soll. Es steht nämlich bereits jetzt in § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes, also in der gültigen Fassung, Folgendes:

Die Behörde hat“ – nicht: kann, wie heute fälschlich behauptet wurde – „einem Men­schen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dieser Mensch durch mißbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.“ – Das ist bereits jetzt geltendes Recht.

Eine Verschärfung bringt im Bereich der Terrorismusbekämpfung überhaupt nichts, weil Sie den Terrorismus damit ganz sicher nicht treffen. Glauben Sie wirklich, dass ein Terrorist die bürokratischen Hürden auf sich nehmen wird, sich einer psychologischen Begutachtung unterzieht, einen Waffenführerschein macht, die Verwaltungsabgaben entsprechend bezahlt, um dann zwei Schusswaffen der Kategorie B zu erhalten? – Nein, Herr Innenminister, das tun Terroristen nicht, und das wissen Sie. (Beifall bei der FPÖ.)

Terroristen kaufen oder besorgen sich meistens sogenanntes Kriegsmaterial, also Kategorie-A-Waffen, zum Beispiel vollautomatische Sturmgewehre, welche man mit einer Waffenbesitzkarte sowieso nicht erwerben könnte, weil das eben entsprechend verbotene Waffen sind. Ein Terrorist geht ins Darknet, zum Mexikoplatz oder sonst wohin und besorgt sich dort diese verbotenen Waffen, oder er hat sie vielleicht bei seiner Einreise ins Inland schon mitgebracht. Um gut 700 Euro kann er sich überall illegal eine Kalaschnikow besorgen, die man legal nie kaufen könnte, die ein Waffenbesitzer mit Waffenbesitzkarte legal nie erhalten könnte. Dieser illegale Waffenbesitz unterliegt dann keiner polizeilichen Verwahrungskontrolle.

Es werden also immer wieder fadenscheinige Gründe ins Treffen geführt, um Waffen­gesetze Stück für Stück weiter zu verschärfen. Das war nach den Terroranschlägen in Paris, als die EU als Reaktion darauf dann diese unsägliche Feuerwaffenrichtlinie erlas­sen hat, die keinen einzigen Terroranschlag verhindert, genau das Gleiche. Alle in Paris verwendeten Waffen waren illegal, ebenso die Waffen, die am 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt verwendet wurden.

Herr Innenminister, mit einer unzweckmäßigen Gesetzesänderung können Sie nicht von Ihrem eigenen Versagen im Vorfeld des Terrorangriffs in Wien ablenken. Glauben Sie tatsächlich, dass eine Verschärfung des Waffenrechts radikale Islamisten, die in der Regel keine Waffenbesitzkarte haben, an der Durchführung eines solchen Anschlages hindern wird?

Terroristen halten sich nicht an Gesetze, und das sind alles eben nur vorgeschobene Gründe. Es werden wieder einmal lediglich die legalen Waffenbesitzer, die, aus welchem Grund auch immer, Waffen besitzen – sei es für die Jagdausübung, sei es als Sport­schützen, zum Selbstschutz oder aufgrund einer Sammlungstätigkeit –, von Ihren Ver­schärfungen getroffen. Im Kontext der aktuellen Maßnahmenpolitik der Bundesregierung und des Umgangs mit nicht geimpften Bürgern bietet die Verschärfung des Waffen­rech­tes eine weitere Analogie zu den dunkelsten Stunden unserer Geschichte. (Beifall bei der FPÖ.)

Für die Beschneidung bürgerlicher Grundrechte werden Sie, Herr Innenminister, jeden­falls keine Unterstützung seitens der FPÖ erhalten.

Ich schließe mit einem Zitat, das dem früheren SPD-Politiker und deutschen Bun­despräsidenten Gustav Heinemann zugeschreiben wird: „Ein Staat ist immer nur so frei wie sein Waffengesetz.“ (Beifall bei der FPÖ.)

12.31

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich diese Debatte.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt werde ich am Schluss der Ver­hand­lungen über die Vorlagen des Ausschusses für innere Angelegenheiten vornehmen.