14.05

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, über Wissenschaftsfeindlichkeit reden wir nicht erst seit jetzt, seit sich, wie wir hören, Politiker der ÖVP über WissenschafterInnen und Wissenschaft lustig machen. Diese Erfahrung habe ich schon früher gemacht. Schon vor mehr als einem Jahr haben wir hier beantragt, dass diese Registerforschung möglich sein soll, und das ist dann alles abgeschasselt worden: Nein, nein, das brauchen wir nicht! (Bundesminister Faßmann schüttelt den Kopf.) – Umso dankbarer bin ich, dass wir das heute beschließen.

Weil hier auch von Menschen geredet wurde, die sehr stark dafür gekämpft haben: Einer davon, ein Mutiger, der sich nicht hat beirren lassen, war der Wifo-Forscher Gerhard Schwarz. Das Traurige ist, dass er den heutigen Tag nicht mehr erleben kann; umso mehr müssen wir ihm dankbar sein, dass er für diese Registerforschung gekämpft hat. (Beifall bei den NEOS.)

Und ja, Kollegin Oberrauner und Kollege Drobits, selbstverständlich haben wir uns das mit dem Datenschutz sehr genau angesehen. Faktum ist aber – und Kollegin Niss hat es ja wirklich sehr gut und sehr genau erklärt –, dass nicht nur durch Pseudonymisieren, sondern sehr wohl auch indem es dokumentiert wird, dafür gesorgt ist, dass der Daten­schutz funktioniert und dass Einzelergebnisse einzelner Personen nicht herausgeholt werden können. Ich halte das auch für extrem wichtig, und ich bin froh, dass wir das in dieser Form beschließen können.

Gerade aber die Diskussion darüber hat mir wieder deutlich gemacht: Es geht nicht nur um Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher, sondern es geht um die Digitalisierung, die wir jetzt erleben, es geht darum, dass wir, glaube ich, alle Menschen in Österreich so weit bringen müssen, dass sie Subjekt dieser Entwicklung und nicht Objekt dieser Entwicklung sind. Viele kommen mit dieser Digitalisierung nicht zurecht und werden dann über die verschiedenen sozialen Medien leider auch noch mittels Fakenews et cetera missbraucht.

Deswegen habe ich Ihnen ein ganz neues Buch mitgebracht, und zwar von jemandem, der schon sehr lange für Bildung in Österreich kämpft, auch für Digitalisierung, aber sehr wohl auch für die Forschung in Österreich, und das ist Hannes Androsch. (Der Redner hält das Buch mit dem Titel „Digitalisierung verstehen / Was wir über Arbeit, Bildung und die Gesellschaft der Zukunft wissen müssen“ in die Höhe.) Ich kann Ihnen nur dringend raten: Lesen Sie es nicht nur, sondern geben Sie es auch jungen Leuten, damit sie verstehen, dass da gerade etwas mit ihnen passiert! Wir haben in dieser Woche schon über künstliche Intelligenz gesprochen, und natürlich spielt das auch eine wesentliche Rolle.

Nicht nur der Herr Bundesminister, sondern auch ich möchte noch etwas zur aktuellen Lage sagen. Ich habe heute mit Interesse auf trend.at einen Artikel von Josef Votzi ge­lesen. Das, was er darin beschreibt, ist nicht nur das Staatsversagen, das heute ja wirklich anschaulich dokumentiert wird; nicht nur durch diesen Cabanossigang, wie mein Lateinlehrer gesagt hat, von einem Bundeskanzler und dem zuständigen Bundes­minister irgendwo an einem fernen See in Tirol. Also nicht nur das beweist das Staatsversagen, sondern auch etwas, das Votzi beschreibt und noch viel schlimmer ist: Die Bundes­regierung hat vor der Oberösterreich-Wahl sehr genau festgelegt, was passieren kann und passieren wird. Man hat dann auch die Stufen 4 und 5 vorgesehen, und selbst­verständlich wurde auch darüber geredet, dass es einen Lockdown geben kann. Dann haben diese Bundesregierung und die Koalitionsparteien beschlossen: Nein, wir neh­men lieber Menschenleben in Kauf, als dass wir die Wahrheit sagen.

Diese Bundesregierung wusste, dass es möglicherweise einen Lockdown geben wird, und hat die Menschen vor der Oberösterreich-Wahl, nein, nicht nur im Unklaren ge­lassen, sondern belogen, und das ist ein Staatsversagen - -

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben einen Blick auf mich gerichtet, offensichtlich im Wissen, dass wir diesen Ausdruck als ordnungsrufwürdig einstufen.

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Ja, aber man hat die Men­schen - -

Präsidentin Doris Bures: Nehmen Sie das zur Kenntnis! Ich würde Sie ersuchen - - (Abg. Brandstätter: - - nicht nur im Unklaren gelassen!) – Nicht nur im Unklaren gelassen, gut.

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Man hat die Menschen nicht nur im Unklaren gelassen, sondern es war schlimmer. Das ist der eine Punkt, und ich glaube, darüber muss noch geredet werden.

Dieses Staatsversagen hat einen Namen, aber nicht den Namen eines Menschen, das wäre ja einfach. Nein, das ist das System Kurz (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ) – das System, den Leuten nicht die Wahrheit zu sagen, das System, die Leute zu täuschen, das System, das eigene Ich vor die Gemeinschaft und vor die Menschen, die in Österreich leben, zu stellen, und das schadet uns allen, das schadet jetzt den Kindern.

Ja, Herr Bundesminister, wir haben das mit der Schule zur Kenntnis genommen, aber wenn Sie sagen, die Schülerinnen und Schüler sollen den Eltern sagen, dass sie eh betreut werden wollen, dann will man diese Krise schon wieder auf dem Rücken der Eltern austragen (Beifall bei den NEOS); leider bedeutet das sehr oft auch: auf dem Rücken von Frauen. Und das ist die nächste Gemeinheit – Entschuldigung –, das ist die nächste - - Ich sage es jetzt nicht, weil mich das wirklich aufbringt und ich nicht nur selber Vater einer Tochter bin, die noch in die Schule geht, sondern von den Eltern jetzt auch mitbekomme, wie man ihnen schon wieder ein schlechtes Gewissen macht.

Während man den Eltern ein schlechtes Gewissen macht und während viele Leute um ihren Job zittern, hat es in diesem System Kurz einen Herrn Fleischmann gegeben. Das ist derjenige, der seit vielen Jahren Journalisten anschreit, was sie machen dürfen und was sie nicht dürfen, und gleichzeitig irgendwie mit Inseraten gewachelt hat; wer brav ist, kriegt ein Inserat, wer nicht, wird niedergeschrien. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Gegen ihn gibt es jetzt natürlich eine Untersuchung der Staatsanwaltschaft – Höchst­strafe: 15 Jahre. Die Staatsanwaltschaft soll machen, was sie will, das ist ihr Job, aber folgerichtig ist dieser Herr Fleischmann nicht mehr im Kanzleramt. Seit dem Bericht von Josef Votzi wissen wir: Im ÖVP-Klub ist er, und zwar ist er für alle möglichen Themen zuständig. Er wird also vom Steuerzahler nicht mehr im Bundeskanzleramt bezahlt, sondern vom Steuerzahler jetzt im Klub, damit er wieder die Journalisten einschüchtert (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller), niederschreit und für Unwahrheit sorgt. Das ist das System Kurz, das hat zu diesem Staatsversagen geführt, und derselbe Herr, der gesagt hat, andere Staaten sind in ihrem System gescheitert (Zwischenrufe bei der ÖVP), hat in unserem Staat ein Staatsversagen hervorgerufen.

Gott sei Dank haben wir tolle Forscherinnen und Forscher, die alles Mögliche tun werden; wenigstens sie werden dafür sorgen, dass es in unserem Land wieder besser wird. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

Präsidentin Doris Bures: Wollten Sie einen Entschließungsantrag einbringen? (Ruf bei der ÖVP: Das Wesentliche ...!)

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Ich möchte einen Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auf­nahme des Complexity Science Hub Vienna in die Liste der wissenschaftlichen Ein­richtungen, die jedenfalls die Voraussetzungen für den Online-Zugriff auf das Austrian Micro Data Center laut Bundesstatistikgesetz erfüllen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Techno­logie wird aufgefordert, den Complexity Science Hub Vienna [...] im Bundes­statistik­gesetz in die Liste jener wissenschaftlichen Einrichtungen aufzunehmen, die jedenfalls die Voraussetzungen für den Online-Zugriff auf das Austrian Micro Data Center gemäß § 31 Abs. 7 Z 1 bis 3 erfüllen.“

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Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

14.12

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Aufnahme des Complexity Science Hub Vienna in die Liste der wissenschaft­lichen Einrichtungen, die jedenfalls die Voraussetzungen für den Online-Zugriff auf das Austrian Micro Data Center laut Bundesstatistikgesetz erfüllen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 131. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungs­vorlage (1098 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000 und das Forschungsorganisationsgesetz geändert werden sowie über den Antrag 939/A(E) der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Leichterer Zugang für die Wissenschaft und Forschung zu Registerdaten (1152 d.B.) – TOP 19

Im Zuge der Novellierung des Bundesstatistikgesetzes wird wissenschaftlichen Ein­rich­tungen künftig ein Online-Zugriff auf den Datenbestand des neu eingerichteten "Austrian Micro Data Center" (AMDC) eingeräumt. In § 31 Abs. 8 wird eine Liste jener wis­senschaftlichen Einrichtungen angeführt, die jedenfalls die in § 31 Abs 7 Z 1 bis 3 definierten Voraussetzungen für diesen Online-Zugriff erfüllen. Auffällig ist, dass der Complexity Science Hub Vienna (CSH), der vor allem von Universitäten getragen wird und Forschung im Bereich Big Data auf internationalem Niveau betreibt, in dieser Liste fehlt.

Im FTI-Pakt 2021-2023 wird der CSH als eine jener Einrichtungen genannt, auf die BMBWF, BMDW und BMK bei ihren Tätigkeiten im Bereich Forschung, Innovation und Technologie zurückgreifen, "um zusätzliche technologische und strategische Expertise zu nutzen, die im jeweiligen Handlungsfeld maßgeblichen Akteurinnen und Akteure einzubeziehen, die internationale Anschlussfähigkeit zu sichern und Trends und Rah­menbedingungen aufzugreifen". Vor diesem Hintergrund wäre es ein wichtiges Signal, den CSH in die oben genannte Liste jener wissenschaftlichen Einrichtungen, die jeden­falls einen Online-Zugang zum AMDC erhalten können, aufzunehmen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Techno­logie wird aufgefordert, den Complexity Science Hub Vienna (CSH) im Bundesstatistik­gesetz in die Liste jener wissenschaftlichen Einrichtungen aufzunehmen, die jedenfalls die Voraussetzungen für den Online-Zugriff auf das Austrian Micro Data Center gemäß § 31 Abs. 7 Z 1 bis 3 erfüllen."

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