12.52

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister Polaschek! Hohes Haus! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Wenn man den beiden Bildungssprechern der Regierungsfraktionen zuhört: Es kann gar nichts weiter auseinan­der sein wie die Positionen von ÖVP und Grünen. Man kann sich alles schönreden, nämlich dass wir auf einem Weg zu einem Pflichtfach sind – wir sind es aber nicht. Wenn man den Worten von Herrn Kollegen Taschner gelauscht hat, dann kommt man zum Schluss, wir sind ganz weit davon entfernt. Das muss man einmal festhalten. Sie können das noch so oft sagen, es stimmt schlichtweg nicht. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Yılmaz.)

Es ist immer wieder dasselbe. Ich verstehe schon, dass Sie das auch wollen, und da sind Sie, finde ich, auch sehr glaubwürdig darin, aber es ist langsam ein bisschen komisch, bei allen bildungspolitischen Projekten zu hören: Wir Grüne würden ja eigent­lich gerne, aber leider, leider finden wir nicht mit der ÖVP zusammen! – Das ist zu wenig. Dieser Satz kommt immer wieder, jedes Mal. Bildungspolitisch wird also nicht viel weitergehen.

Ich bedanke mich zuerst einmal bei den Initiatoren des Ethikvolksbegehrens und auch bei den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern. So ein Volksbegehren zu initiieren kostet viel Kraft und ist zeitintensiv. Es ist schade, dass die Hauptforderung nicht angenommen wurde, nämlich ein Ethikfach für alle einzuführen, dass nach 20 Jahren Schulversuch diese historische Chance ausgelassen wurde. Woran liegt es? – De facto wieder einmal an der ÖVP.

Den Ethikunterricht brauchen wir, glaube ich, dringender denn je. Schauen Sie sich an, in welcher Zeit wir leben, beinahe jede Woche ein Frauenmord! Wir diskutieren über Rechte und Pflichten und wir diskutieren über Toleranz – oder wir sollten über Toleranz diskutieren –, und nicht nur wir Erwachsenen, sondern auch die Kinder sollten damit beginnen, und nicht getrennt voneinander. Ethikunterricht und Religionsunterricht mit Zeichen- oder Musikunterricht zu vergleichen, finde ich, ist ein sehr hinkender Vergleich. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Yılmaz.)

Wir müssen im Gespräch bleiben. Kinder müssen im Gespräch bleiben oder überhaupt einmal erst ins Gespräch kommen, über verschiedene Blickpunkte, über verschiedene Perspektiven und Zugänge diskutieren. Es geht ja darum, dass wir gemeinsam, mit­einander fixieren oder ausdiskutieren, wie wir hier in Österreich miteinander leben wollen, und nicht nur in der einen Religionsgemeinschaft und in der anderen Religions­gemeinschaft – das hat alles seine Berechtigung, aber es braucht einen Unterricht, in dem man diese Themen, auch die großen Themen, gemeinsam diskutieren kann.

Was ist jetzt herausgekommen? – Es ist die typisch österreichische Lösung herausge­kommen: der kleinste gemeinsame Nenner, und die polytechnischen Schulen sind nicht einmal erfasst. Das übernimmt im Übrigen die rot-pinke Stadtregierung in Wien als Pilot­projekt.

Als Grüne kann man weiterhin sagen: Besser als nichts, das ist der erste Schritt!, aber Sie kennen mittlerweile das Bildungssystem in Österreich auch sehr gut: Alles, was einmal da ist, bleibt in diesem ziemlich lange und unverändert da. Es ist sehr, sehr schade, dass Sie diese Chance vergeben haben. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Yılmaz.)

12.55

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Martin Polaschek zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.