18.06

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Minister! Ich darf zum Tagesordnungspunkt 26, zur Armutsbekämpfung, ein paar ausführende Worte hinzufügen, insbesondere weil man doch das Budget so angesetzt hat, dass man jetzt einen Erhöhungsbeitrag von 10 Millionen Euro mittels eines gemeinsamen Antrages der Grünen und der ÖVP eingebracht hat.

Ich möchte das Augenmerk darauf legen, dass diese 10 Millionen Euro für Projekte im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit beziehungsweise der Notsituationen von Jugend­lichen und Kindern im Grunde genommen ein Tropfen auf den heißen Stein sind. Das sieht man, wenn man andere Zahlen bedenkt, zum Beispiel dass eine Frau mit einer Diplomausbildung nach 30 Jahren Berufserfahrung 1770 Euro bekommt. Seit Monaten beziehungsweise jetzt schon seit fast einem Jahr sichert diese Regierung, sowohl die Grünen als auch die ÖVP, zu, dass der Coronafünfhunderter ausbezahlt wird. Das passiert nicht, aber man macht auf der anderen Seite Meter, indem man sich halt dementsprechend wohlgesinnt mit der Werbewirtschaft geeinigt hat und sich im Grunde genommen dort einen fetten Vertrag gesichert hat, sodass man in aller Form glänzen und sich präsentieren kann.

Die 10 Millionen Euro für Jugendliche und in Armut lebende Menschen sind nichts im Vergleich dazu, dass man mit der Bundesbeschaffungsgesellschaft einen Rahmen­ver­trag über 180 Millionen Euro abgeschlossen hat und Medienagenturleistungen noch einmal mit 30 Millionen Euro unterlegt. Das ergibt in Summe 210 Millionen Euro einfach nur für Werbung. Da müssen Sie sich selbst fragen, sehr geehrte Damen und Herren, ob dieser Antrag am Ende des Tages nicht lächerlich ist.

Dementsprechend darf ich zur Unterlegung dieser Ausführungen einen Entschließungs­antrag einbringen und verlesen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Geld für die Pflege statt Werbeverträge“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, welche die Rahmenverträge für Regierungs-PR über insgesamt 210 Millionen Euro aufkündigt. Statt in Werbung sollen diese Mittel in einem ersten Schritt zur finan­ziellen Besserstellung von Menschen in allen Pflegeberufen bundesweit investiert wer­den, um eine leistungsgerechte Entlohnung sicherzustellen. Darüber hinaus soll ein Einmal-Bonus von 1.000 Euro für alle in der Corona-Pandemie eingesetzten Mitarbeitern in Gesundheits- und Pflegeberufen – unabhängig von ihrem berufsrechtlichen Status – ausbezahlt werden.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ragger, Dr. Belakowitsch, Wurm, Ries, Mag. Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend Geld für die Pflege statt Werbeverträge

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2067/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­pfle­gegeldgesetz geändert wird (1235 d.B.) (TOP 27) in der 135. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. Dezember 2021

In der Covid-19-Pandemie wurde uns allen wieder bewusst, welch großartige Leistungen für die Gesellschaft Bürgerinnen und Bürger in Pflegeberufen erbringen. Diese Arbeit leisten diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und physischen und psychisch be­lastenden Bedingungen, die nicht ohne weiteres mit anderen Berufsgruppen vergleichbar sind. Beispielsweise wurde das Krankenpflegepersonal in der Hochzeit der pan­de­mi­schen Belastung dazu angehalten, sich doch trotz Infektion auf die Station zu begeben, solange bei ihnen keine Symptome bemerkbar sind. Und viele Bürger in Pflegeberufen haben das auch getan, um Pflegebedürftigen zu helfen und um unser Gesundheits­sys­tem vor dem Kollabieren zu bewahren.

Mit diesem Bemühen um Patienten und Pflegelinge, kann die Bezahlung dieser tra­genden Säulen im Gesundheitswesen jedoch nicht mithalten. So weist der KV für die Bediensteten der Sozialwirtschaft Österreichs für diplomiertes Pflegepersonal nach 30 Berufsjahren, Gehaltsstufe 15 u. Verwendungsgruppe 4, 2.497,70 Euro brutto aus. Das sind etwa 1.770 Euro netto oder anders gesagt etwa 10 Euro netto pro geleistete Arbeits­stunde. Für diese 10 Euro netto haben sie eine umfangreiche und anspruchsvolle Aus­bildung absolviert. Für diese 10 Euro wachen sie an unseren Krankenbetten und machen Arbeiten die wenige verrichten wollen oder können. Dafür arbeiten sie auch nachts und auch an Wochenenden und setzen sich im Berufsalltag Keimen und Viren aus. Die Höhe der monatlichen Gehälter werden aktuell keinesfalls der physischen und psychischen Belastung gerecht, denen diese Berufsgruppe im Arbeitsalltag dauerhaft ausgesetzt ist, gerecht.

Anderenorts ist jedoch Geld vorhanden: Bereits 2020 sorgten die immens hohen Aus­gaben der türkis-grünen Regierung für Inserate und Werbung für Aufsehen: Die Bundes­regierung warb um rund 47,3 Millionen Euro. Gegenüber 2019 bedeutete das bereits mehr als eine Verdreifachung der Werbeausgaben. Um die Stellung als größter Werbe­kunde des Landes zu sichern, schloss die Bundesregierung zudem 2021 über die Bun­desbeschaffungsgesellschaft (BBG) Rahmenverträge über 180 Millionen Euro1 für vier Jahre für Mediaagenturleistungen sowie 30 Millionen2 für vier Jahre Kreativagentur­leis­tungen ab.3

Es wird an der Zeit das bestehende System zeitgemäß umzugestalten und staatliche Budgetmittel verantwortungsvoll einzusetzen. Es braucht dringend höhere Gehälter für Pflegekräfte, insbesondere vor dem Hintergrund der Leistungen in der Covid-19-Krise, statt weiteres Geld in Werbung zu investieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, welche die Rahmenverträge für Regierungs-PR über insgesamt 210 Millionen Euro aufkündigt. Statt in Werbung sollen diese Mittel in einem ersten Schritt zur finan­ziellen Besserstellung von Menschen in allen Pflegeberufen bundesweit investiert wer­den, um eine leistungsgerechte Entlohnung sicherzustellen. Darüber hinaus soll ein Einmal-Bonus von 1.000 Euro für alle in der Corona-Pandemie eingesetzten Mitarbeitern in Gesundheits- und Pflegeberufen – unabhängig von ihrem berufsrechtlichen Status – ausbezahlt werden.“

1 https://offenevergaben.at/auftr%C3%A4ge/91628

2 https://offenevergaben.at/auftr%C3%A4ge/88789

3 https://www.unzensuriert.at/content/117009-mitten-in-der-corona-krise-regierung-will-kuenftig-180-millionen-euro-fuer-inserate-und-werbung-ausgeben/

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.