11.29

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin, passen Sie auf, dass der Herr Bundesminister nicht Ihre Rolle übernimmt, die Redner aufzurufen! (Bundesminister Brunner: Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht - -! – Heiterkeit.) – Nein, danke, Herr Bundesminister. (Abg. Wöginger: Wer weiß, was in 20 Jahren ist!)

Frau Präsidentin! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Wir befinden uns alle jetzt seit fast zwei Jahren in einer als durchaus sehr, sehr ernst zu bezeichnenden Situation, durch ein Virus, das uns im persönlichen, privaten Bereich Einschränkungen aufzwingt, das uns aber leider auch in unserem wirtschaftlichen Tun große Einschränkungen und große Probleme bringt.

Es gibt in diesen Stunden aber auch absolut Anlass zu Hoffnung und Zuversicht. Die Wissenschaft hat in Rekordzeit eine Impfung gegen dieses Virus bereitstellen können, die uns, wie wir jetzt sehen, einen enormen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen bietet. Die Impfpflicht, die wir heute beschließen, ist natürlich nicht unumstritten und bedeutet selbstverständlich auch einen Eingriff – einen starken Eingriff – in die per­sönliche Sphäre, ist aber notwendig. Mit ihr bekommen wir Aussicht, ich würde sogar sagen: Anspruch, auf eine Art Normalität: nämlich ohne Lockdown und auch ohne 2G-Regel. Das hängt für mich zusammen.

Es gibt auch Anlass zu Hoffnung und Zuversicht, was die Wirtschaft betrifft. Sie erholt sich schon seit dem letzten Jahr kräftig, sie wächst kräftig. Natürlich hatten wir 2020 einen deutlichen Einbruch, so wie die gesamte Eurozone. Mit etwa 6,6 Prozent haben wir Einbrüche im selben Ausmaß erlebt. Schon Ende dieses Jahres werden wir aber voraussichtlich wieder auf Vorkrisenniveau sein. Das gibt Zuversicht, und darauf darf man sich – freuen ist vielleicht das falsche Wort; aber das gibt Zuversicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch das Beschäftigungsausmaß – das ist ja wohl für die Menschen in Österreich ein entscheidender Faktor – ist schon jetzt wieder auf Vorkrisenniveau. Das heißt, wir erle­ben seit dem letzten Jahr nach der Delle des Jahres 2020 einen regelrechten Wachs­tums­schub, letztes Jahr immerhin 4,1 Prozent – zur Erinnerung: Die Prognose vor der Krise lag für das Jahr 2021 bei 1,5 Prozent. Heuer wird uns von allen Experten ein Wachstum von 5,2 Prozent prognostiziert – noch einmal zur Erinnerung: Die Prognose für 2022 lag bei 1,6 Prozent.

Jetzt muss man seriöserweise natürlich sagen, da stecken aufgrund des Einbruchs des Jahres 2020 einige Aufholeffekte drinnen, ganz klar; aber wenn man gleichzeitig sieht – der Herr Finanzminister hat es schon angesprochen –, dass Deutschland letztes Jahr nur bei 2,7 Prozent lag – wir bei 4,1 –, die Schweiz letztes Jahr bei 3,6 – wir wie gesagt bei 4,1 –, Deutschland heuer bei 4,2, also einen Prozentpunkt unter uns sein wird, die Schweiz sogar bei 3,3, also 2 Prozentpunkte unter unserem Wachstum, dann kann ich nur feststellen und Ihnen sagen: Diese Steuerreform kommt zur richtigen Zeit mit den richtigen Maßnahmen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Lohnsteuersenkung, der Familienbonus, der Klimabonus, all diese Entlastungs­maß­nahmen stärken die Kaufkraft der Menschen in Österreich; die Körperschaftsteuer­sen­kung, der Investitionsfreibetrag als Folgemaßnahme der höchst erfolgreichen Investi­tions­prämie, auch der Gewinnfreibetrag für die einkommensteuerpflichtigen Unterneh­men – das alles sind Maßnahmen zur Stärkung der Unternehmen in schwieriger Zeit. Dafür stehen etwa 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung, die sowohl der Beschäftigung als auch der Absicherung der zum Teil ja schwer getroffenen Unternehmen in Österreich dienen. Das heißt – ich habe es vorhin schon erwähnt, und die Experten und Expertinnen bestätigen uns das –, dieses um 1 bis 1,5 Prozent erhöhte Wachstum gegenüber der Schweiz und Deutschland, das wir in Österreich letztes Jahr schon hatten und heuer wieder, ist ein ursächlicher Effekt dieser Steuerreform. Das kann man nicht oft genug betonen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Noch ein paar Anmerkungen zu Mythen und Falschinformationen, die immer wieder verbreitet werden: Von der Körperschaftsteuer profitieren etwa 150 000 Unternehmen, nämlich Kapitalgesellschaften, und no na, Herr Kollege Krainer, sie profitieren natürlich in Relation zu ihrer Steuerleistung. Das jetzt hervorzustreichen, dass ein großes Unter­nehmen mehr bekommt als ein kleineres, ist nicht seriös. (Zwischenruf der Abg. Greiner.) Im Verhältnis zu ihrer Steuerleistung profitieren sie alle gleich, weil wir ja den Steuersatz senken, das sollte ja wohl einleuchtend sein. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Der Herr Finanzminister hat es schon hervorgestrichen: Wir sind in der Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften in der Zwischenzeit hinter den Schnitt der EU-27 zurückge­fallen, wir sind auch gerade einmal dann, wenn wir die zwei Stufen genommen haben werden, ungefähr dort, wo der OECD-Schnitt sein wird. Also sind wir schon standort­politisch, um nicht ins Hintertreffen zu geraten, wenn es um Ansiedlung von Unterneh­men in Österreich geht, aufgerufen, diese zwei Senkungen bei der Körperschaftsteuer zu machen. Dazu sei im Übrigen gesagt: Auch bei der Einkommensteuersenkung der oberen zwei Tarifstufen profitieren ja letzten Endes Hunderttausende Unternehmerinnen und Unternehmer, die Einzelunternehmer sind oder Personengesellschaften haben und deswegen nicht körperschaftsteuerpflichtig, sondern einkommensteuerpflichtig sind. Das haben Sie geflissentlich auch verschwiegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Von wegen Umverteilung von unten nach oben! – Ich kann da auch wieder nur den Budgetdienst des Hauses zitieren, der uns ja wirklich sehr, sehr fundierte und seriöse Analysen liefert: Es profitiert vor allem der Mittelstand ganz klar, das zeigt die Studie des Budgetdienstes. No na, die mittleren 40 Prozent zahlen etwa 60 Prozent der Lohnsteuer. Die unteren 50 Prozent zahlen gerade einmal 2 Prozent. Um diese Menschen entlasten zu können, setzen wir andere Maßnahmen, bis hin zu einer Negativsteuer, aber die kann man nicht mehr mit der Steuer entlasten, weil sie fast keine zahlen. Zur Ergänzung noch: 4 Prozent der Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen leisten immerhin 40 Prozent der Lohn- und Einkommensteuer, tragen diese Last, das soll auch einmal gesagt werden. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Von dieser Steuerreform werden im Besonderen die mittleren Einkommen profitieren, die kleineren werden aber nicht vergessen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zur kalten Progression ist schon viel gesagt worden. Kollege Krainer, es ist eine leichte Untertreibung, zu sagen, die kalte Progression wird durch diese Steuerreform etwas mehr als kompensiert. Da sollte man auch wieder beim Budgetdienst nachlesen: Sie wird in ihrer Wirkung deutlich übertroffen (Zwischenrufe der Abgeordneten Matznetter und Doppelbauer) gegenüber einer automatischen Senkung oder Berücksichtigung der kalten Progression. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Matznetter: Bei der Inflation! – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.)

Noch etwas möchte ich zur vom Herrn Bundesminister kürzlich angezogenen Thematik Kapitalertragsteuer auf Kapitalerträge sagen. Nicht umsonst heißt im allgemeinen Sprachgebrauch die Behaltefrist Spekulationsfrist. Wir brauchen dringend privates Kapital zur Finanzierung von Unternehmen als Ergänzung zur Bankenfinanzierung und wir brauchen mehr Menschen, die bereit sind, ihr Erspartes auch in Firmen zu inves­tieren. Die, die es spekulativ tun, indem sie von einem Investment zum anderen hüpfen: no na, Kapitalertragsteuer. Aber jene, die bereit sind, über einen längeren Zeitraum in diese Unternehmen zu investieren, damit auch durchaus Risiko dieser Unternehmen mitzutragen, denen sollte man dieses Zuckerl der Kapitalertragsteuerbefreiung geben, weil die einen wesentlichen Beitrag zur Eigenkapitalstärkung unserer Unternehmen leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Deswegen, meine Damen und Herren, abschließend: Diese Steuerreform gibt Hoffnung. Sie gibt Hoffnung, Zuversicht und setzt auch ganz konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Kaufkraft der Menschen, Maßnahmen zum wirtschaftlichen Wachstum der einzelnen Unternehmen und sie stärkt die Beschäftigung in diesem Land in ganz besonders hohem Maße. Ich kann Sie also nur einladen, dieser Vorlage heute zuzustimmen, Sie leisten damit einen wertvollen positiven Beitrag zur weiteren Entwicklung unseres Landes. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.39

Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeord­neter Matznetter zu Wort gemeldet. – Bitte.