11.40

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Regierungsver­treter! Ich habe heute beim Herfahren in der Zeitung von einer alleinerziehenden Mutter gele­sen, die es nach der Trennung von ihrem Partner und nach der Geburt ihres Kindes nicht mehr geschafft hat, die Miete zu bezahlen, und mit ihrem Kind mehrere Monate in der Kälte gesessen ist. Das ist eine Geschichte in der heutigen Zeitung, aber es geht ganz vielen Menschen so.

Im Übrigen, Herr Finanzminister, wird diese alleinerziehende Mutter mit wenig Gehalt nicht den vollen Familienbonus ausschöpfen, wie andere hier zum Beispiel, wie gut Verdiendende, nein, für diese alleinerziehende Mutter gilt er nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber zurück zur Geschichte: Ich denke, unter diesem Bild müssen wir eine Steuerreform beurteilen. Wem bringt sie am meisten? Wem bringt dieses Volumen etwas? Denen, die eh schon schwer über die Runden kommen, oder jenen, die jetzt schon zu viel haben? – An meinem Ton werden Sie es vielleicht erkennen: Es ist leider schon wieder Zweiteres passiert.

Ich greife da auch eine Maßnahme heraus. Mir ist nicht verständlich, warum in dieser Zeit, in der trotz oder sogar wegen der Krise, wegen der Pandemie einiges an Be­reicherung stattgefunden hat, sodass sich die Zahl der Millionäre auch in diesem Land immer weiter erhöht, Sie sich denken: Da geht aber noch mehr! Mir ist nicht verständlich, warum die Gewinnsteuer für Konzerne und große Unternehmen in diesem Land jetzt gesenkt wird!

Herr Abgeordneter Kopf! Zwei Drittel dieser Steuersenkung gehen an 1 Prozent der Unternehmen in diesem Land, an die Topunternehmen. Das ist einfach Fakt, das ist einfach so. (Beifall bei der SPÖ.) Warum das jetzt notwendig ist, anstatt dass wir das Geld anders einsetzen, nämlich für die, die es wirklich brauchen, ist mir nicht klar.

Es geht ja so weiter. Der neue Herr Finanzminister hat ja schon angekündigt, dass er mit dem Steuersenken für die Vermögenden weitermachen will; auch wenn es um Steu­ern auf Wertpapiere geht, wurde angekündigt, haben wir gelesen. Auch Gewinne mit Aktien sollen steuerlich begünstigt werden. Ich frage mich – oder ich frage mich nicht, denn da brauche ich mich nicht zu fragen, wem das etwas bringen wird. Die Hälfte der Bevölkerung in diesem Land hat keine Wertpapiere. Da ist es ganz klar, wem auch das wieder etwas bringen wird, und das ist einfach verkehrt! (Beifall bei der SPÖ.)

Da fehlen einem ja fast die Worte, aber man muss nicht lange danach suchen, denn der ehemalige ÖVP-Generalsekretär im Finanzministerium hat es eigentlich selbst sehr, sehr gut auf den Punkt gebracht. Er hat seinem Mitarbeiter nämlich geschrieben, Zitat: „Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP Kabinett!! Du bist die Hure für die Reichen!“ – Auch das soll hier nicht unerwähnt bleiben, auch das will ich wirken lassen. – So viel einmal zum Punkt sozial. (Beifall bei der SPÖ.)

Machen wir weiter mit dem Punkt öko: Wie viel CO2 werden wir durch diese Reform denn einsparen? Wie viel werden wir am Ende des Tages einsparen? Ein paar Prozent, die wir an einer Hand abzählen können. Wenn die Voest in Linz einen Hochofen ausschalten muss, weil man ihn von Zeit zu Zeit reinigen muss, sparen wir mehr CO2 ein als durch diese Steuerreform. Auch das ist Fakt, auch wenn Sie hier von historisch reden und von Revolution – das haben wir vorher vonseiten der Grünen gehört.

Auch der Rechnungshof kritisiert oder hinterfragt den Lenkungseffekt all dieser Maßnah­men: Wie viel wird denn wirklich an Lenkungseffekt eintreten? Wie viele werden denn aufgrund dieser CO2-Steuer wirklich umsteigen?

Um da eine Verbesserung zu erzielen, will ich einen Antrag mit zwei zentralen Punkten einbringen: Erstens soll der CO2-Preis überhaupt sichtbar gemacht werden – die Bevölkerung wird ihn nämlich auf dem Rechnungszettel für das Tanken oder für das Heizen nicht sehen; das steht gar nicht drauf –, um einen Lenkungseffekt zu haben, um das sichtbar zu machen; denn jede Energiepreisschwankung ist mehr als dieser CO2-Preis. Das ist der erste Schritt.

Zweitens wollen wir, dass nicht die Falschen zur Kasse gebeten werden. Wenn man zum Beispiel die Mieter und Mieterinnen zur Kasse bittet und sagt, dann steigen die vielleicht auf eine andere Heizung um, dann muss man sagen: Nein, werden sie nicht. Es liegt nicht in ihrer Hand, sie können sich das Heizungssystem ja nicht aussuchen. Das heißt, sie werden einfach nur zur Kasse gebeten, der Lenkungseffekt ist gleich null, und das ist weder öko noch sozial! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rauch.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „CO2 Steuer: konsumentenfreundlich und sozial treffsicher machen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die rechtlichen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass bei Rechnungen von Energiehändlern künftig der Anteil der Kosten, der auf die CO2-Bepreisung entfällt und an die Endkunden weitergegeben wird, klar ausgewiesen wird.“

*****

Dann können sich nämlich auch die MieterInnen dieses Geld vom Vermieter zurück­holen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.45

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

betreffend CO2 Steuer: konsumentenfreundlich und sozial treffsicher machen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1293 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Um­satzsteuergesetz 1994, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Transparenzdatenbank­ge­setz 2012, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert werden sowie das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 erlassen wird (Ökosoziales Steuerreformgesetz 2022 Teil I – ÖkoStRefG 2022 Teil I) (1306 d.B.)

Laut Erläuterungen zum Klimabonusgesetz führt die CO2-Bepreisung im Rahmen des Nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetzes zu Mehrbelastungen der Haushalte:

"Mehrbelastungen für Haushalte durch diese Bepreisung ergeben sich insbesondere aufgrund von Preissteigerungen im Bereich Mobilität (Verwendung von Benzin- und Dieselkraftstoffen in privaten PKW), Wohnen (Heizsysteme auf Basis fossiler Brenn­stoffe) sowie durch Preissteigerungen bei der Bereitstellung von Konsumgütern und Dienstleistungen durch Unternehmen, welche an Endkundinnen weitergegeben wer­den." 1

Das Konzept der CO2-Bepreisung geht von einer Lenkungswirkung durch den höheren Preis aus. In zahlreichen Stellungnahmen zur Steuerreform, die an dieses Konzept glau­ben, wurde der Wert für die Bepreisung als zu niedrig bezeichnet, um die erforderliche Klimawirkung zu entfalten.

Doch die Idee des Lenkungseffekts der CO2-Bepreisung bleibt beim Heizen oft aus: Denn im Gegensatz zu den EigentümerInnen von Wohnungen und Einfamilienhäusern können sich MieterInnen das Heizsystem nicht aussuchen und tragen trotzdem den kompletten CO2-Preis. Das Problem ist kein geringes: Die Mietquote von Hauptwohn­sitzwohnungen liegt in Österreich bei 42,7 Prozent2. Der ausbleibende Lenkungseffekt ist nicht im Sinne der CO2-Bepreisung und somit unökologisch und vor allem auch unsozial. Dadurch, dass die VermieterInnen nach der aktuellen Gesetzeslage nicht für die CO2-Bepreisung aufkommen müssen, besteht für sie auch kein Anreiz, alte, klimaschädliche und teure Heizsysteme zu tauschen.

Von diesem grundlegenden Problem abgesehen, verringert die konkrete Ausgestaltung der CO2-Bepreisung noch zusehends eine beabsichtigte Lenkungswirkung. Es ist nicht sichergestellt, dass die CO2-Bepreisung für die Kundinnen und Kunden auch wirklich transparent und nachvollziehbar auf den jeweiligen Rechnungen ausgewiesen wird. Ein CO2-Preis der aber auf Grund mangelnder Kennzeichnung im Auf und Ab der Ener­giepreise unterzugehen droht, kann beim besten Willen keinen Lenkungseffekt erzielen.

Zudem wäre eine klare Regelung für die Kennzeichnung der CO2-Kosten auf der Rech­nung die Grundvoraussetzung für beispielsweise eine Refundierung der Mehrbelastung durch die VermieterInnen oder einen zielgenauen Ausgleich bei gestiegenen Mobilitäts­kosten.

Damit die Kosten für die CO2-Bepreisung auch bei den Verursachern eingehoben wer­den können, muss also klar ersichtlich sein, wie sich die Energierechnungen zusammen­setzen. Aktuell ist es für KundInnen oft unübersichtlich und schwer nachzuvollziehen, welchen Anteil der Kosten jeweils die verschiedenen Steuern ausmachen. Gerade wenn die Energiepreise steigen, ist es nicht klar erkenntlich, wodurch diese Preissteigerung zustande kommt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die rechtlichen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass bei Rechnungen von Energiehändlern künftig der Anteil der Kosten, der auf die CO2-Bepreisung entfällt und an die Endkunden weitergegeben wird, klar ausgewiesen wird.“

1 Quelle: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVll/l/I_01292/fname_1038656.pdf

2 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/512031/umfrage/miet-und-eigentumsquote-von-hauptwohnsitzwohnungen-in-oesterreich/

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jakob Schwarz. – Bitte.