1485/AB-BR BR
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1601/J - BR/99 betreffend Berufsschulbesuch im
benachbarten Ausland, die die Bundesräte Jürgen Weiss und Kollegen am 15. April 1999 an mich
richteten, wird wie folgt beantwortet:
Ad 1.:
Personen in einem Lehrverhältnis oder in einem Ausbildungsverhältnis gemäß § 30 Berufs -
ausbildungsgesetz (BAG) sind berufsschulpflichtig. Diese Berufsschüler können auf Ansuchen aus
gesundheitlichen, wirtschaftlichen, sozialen oder sonstigen in ihrer Person liegenden Gründen vom
Besuch der Berufsschule ganz oder teilweise, mit oder ohne Verpflichtung zur Ablegung von
Prüflingen, befreit werden. Bei Vorliegen einer der genannten Gründe kann - nach Befreiung vom
Berufsschulbesuch in Österreich, allenfalls unter der Auflage der Ablegung von Prüfungen eine
Berufsschule oder auch eine andere Ausbildungseinrichtung im Ausland besucht werden. Jedenfalls
erfordert die derzeit geltende Rechtslage eine Beurteilung der konkreten Situation im Einzelfall;
eine generelle Ermächtigung zur Erfullung der österreichischen Berufsschulpflicht durch einen
Schulbesuch im Ausland existiert nicht.
Dazu müssen auch folgende Rahmenbedingungen beachtet werden:
Die Ausbildungspartnerschaft besteht nicht nur zwischen Betrieb und Schule, sondern im
schulischen Bereich besteht auch eine solche zwischen dem Bund und den Ländern und den
Ländern untereinander. Die Länder investieren dankenswerterweise hohe Summen in die
Ausstattung und Infrastruktur der Berufsschulen. Bei "Splitterberufen" führt ein Schulbesuch im
Ausland daher zur mangelnden Nutzung der Einrichtungen und zu einer Verschlechterung der
Rahmenbedingungen, weil beispielsweise Gruppenteilungen nicht mehr zustande kommen.
Unter ausländischen Lehrlingen sind Personen zu verstehen, die (nach Beendigung der allgemeinen
Schulpflicht) im Ausland in einem Lehrverhältnis oder ähnlichen Dienstverhältnis nach dortigem
Recht stehen. Diese können in Österreich nicht berufsschulpflichtig sein. Sie sind jedoch nach
Maßgabe des § 4 des Schulunterrichtsgesetzes berechtigt, die Berufsschule als außerordentliche
Schüler zu besuchen.
Es bestehen daher insoferne rechtliche Hindernisse, als bei Lehrlingen nach dem
Berufsausbildungsgesetz die Erfüllung der Berufsschulpflicht sichergestellt werden muss und bei
Jugendlichen, die in einem vergleichbaren Dienstverhältnis nach ausländischem Recht stehen, keine
zusätzlichen Kosten für den Schulbesuch in Österreich anfallen dürfen. Aufgrund der
Schulerhaltung durch die Länder und der Kostenteilung des Lehrpersonals bestand bisher ein
starkes Interesse der Länder, diese Bestimmung beizubehalten.
Ad 2.:
Auf Grund der Öffnung des europäischen Arbeitsmarktes ist grundsätzlich ein grenzüberschreiten -
der Berufsschulbesuch zu befürworten.
Ad 3.:
Die auftretenden Fälle konnten im Rahmen der derzeit geltenden Rechtslage berücksichtigt werden.
Eine allfällige Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen müsste jedenfalls auch mit den
Interessen der Gebietskörperschaften und der Sozialpartner akkordiert werden.
Ad 4.
Die Frage des Berufsschulbesuches im In - bzw. im Ausland steht in keinem unmittelbaren
Zusammenhang mit der Zugehörigkeit bzw. Nichtzugehörigkeit des Nachbarlandes zur EU bzw.
zum EWR. Es bestehen daher für die Bodenseeregion keine besonderen Hindernisse für
grenzüberschreitende Lösungen.
HTML-Dokument erstellt: Jun 18 17:25