1498/AB-BR BR
Die Abgeordneten zum Bundesrat haben am 2. Juni 1999 an mich eine schriftliche
Anfrage mit der Nr. 1619/J - BR/99 betreffend "Abweichung von einer einheitlichen
Länderstellungnahme gemäß Art. 23 d Abs. 1 B - VG hinsichtlich der Zoorichtlinie der
EU "gerichtet. Ich beehre mich, diese wie folgt zu beantworten:
ad 1

Bei der zum damaligen Zeitpunkt im Rechtssetzungsverfahren zur Erlassung einer
Richtlinie über die Haltung wild lebender Tiere in Zoos vorzunehmenden
Interessensabwägung zwischen den berechtigten Interessen der Länder und den
außen- und insbesondere integrationspolitischen Interessen des Bundes ergab sich
folgendes Bild:
Durch die Bemühungen des Bundes auf der Ebene der Ratsarbeitsgruppen und des
Ausschusses der Ständigen Vertreter sind die Interessen der Länder nachvollziehbar
und mit Erfolg vertreten worden (Streichung der Annexe), sodass die auf der Tagung
des Rates der Umweltminister am 16. Juni 1998 in Luxemburg beschlossene
Richtlinie die Eingriffe in diese Interessen auf ein Minimum reduziert hat.
Auf Grund des deutlichen Votums der anderen Mitgliedstaaten wurde jedoch für die
Umwandlung in eine Richtlinie plädiert, da es kurz vor Übernahme der
Präsidentschaft durch Österreich aus meiner Sicht keinesfalls zweckdienlich
gewesen wäre, dem Wunsch der anderen Mitgliedstaaten nicht Rechnung zu tragen
und gegen eine Richtlinie zu stimmen. Dies umso mehr, als sich die britische
Präsidentschaft eine Unterstützung Österreichs für diesen aus ihrer Sicht wichtigen
Richtlinienentwurf erwartet hat. Österreich stand insbesondere mit der aktuellen
Präsidentschaft materienübergreifend in einer engen Kooperationsbeziehung und
hatte die Verpflichtung, umweltpolitisch erfolgreiche Verhandlungen zu gewährleisten
und zukunftsorientierte Gesamtpakete zu schnüren, was zurückblickend betrachtet
der damaligen ,,Troika", dem Vereinigten Königreich, Luxemburg und Österreich
auch gelungen ist.
Eine EU - weite Richtlinie bietet - aus Gründen des Tierschutzes und des Schutzes
der Artenvielfalt - die Möglichkeit, die nationalen Standards zu verbessern und die
wissenschaftliche Bedeutung europäischer Zoos zu stärken. Durch eine einheitliche,
verbindliche Richtlinie wird nunmehr sichergestellt, dass auch in anderen
Mitgliedstaaten ähnlich strenge Vorschriften - wie sie in Österreich bereits
größtenteils gelten - verpflichtend eingeführt werden müssen. Dies ist aus der Sicht
meines Ressorts begrüßenswert und hilft auf diese Weise, die Rolle der Zoos bei der
Erhaltung der biologischen Vielfalt auf Gemeinschaftsebene zu stärken.
Bei dieser Interessenslage hat der Bund daher nach reiflicher Überlegung den Weg
gewählt, sich bei weitestgehender Schonung der Länderinteressen und
weitestgehender Minimierung von Eingriffen in die Kompetenzen der Länder aus den
oben genannten integrationspolitischen Gründen für die Erlassung einer Richtlinie
auszusprechen.
ad 2

Grundsätzlich handelt es sich bei der Richtlinie über die Haltung von Wildtieren in
Zoos um eine gemeinschaftsrechtliche Bestimmung mit Art. 130 5 Abs. 1 EGVa als
Rechtsgrundlage. Dieser Artikel erfordert für die Beschlussfassung lediglich eine
qualifizierte Mehrheit. Einstimmigkeit wäre gemäß Art. 250 EGVn (ex - Art. 189 a
EGV) nur dann erforderlich, wenn der Rat einen vorliegenden Vorschlag der
Kommission ändern möchte. Da die Europäische Kommission am 16. Juni 1998
ihren Vorschlag zur Empfehlung zurückgezogen hat und gleichzeitig einen neuen
Vorschlag für eine Richtlinie einbrachte, war für die Beschlussfassung im Rat
lediglich Mehrstimmigkeit bzw. eine qualifizierte Mehrheit erforderlich.
ad 3

Seit der Vorlage des ersten Vorschlags für eine diesbezügliche Richtlinie im Jahre
1991 wurde erörtert, ob einer Richtlinie oder einer Empfehlung der Vorzug zu geben
ist. 1995 wurde seitens der Europäischen Kommission - im Anschluss an die
Aussprachen über die Subsidiarität und Proportionalität von 1992 - der Vorschlag für
eine Richtlinie des Rates in eine Empfehlung des Rates umgewandelt. Als der Rat
im Juni 1998 jedoch eine politische Einigung über einen gemeinsamen Standpunkt
zu einem Richtlinientext erzielte, und dieser vom Europäischen Parlament
ausdrücklich begrüßt wurde, nahm die Europäische Kommission am
16. Juni 1998 diesen gemeinsamen Standpunkt an.
ad 4 und 5

Die Gemeinschaft führt gemäß Art. 5 EGVn grundsätzlich immer in den Bereichen,
die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, eine Prüfung auf
Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsprinzip durch und wird nur dann durch
sekundärrechtliche Gemeinschaftsakte tätig, sofern und soweit die Ziele der in
Betracht gezogenen Maßnahmen auf Mitgliedstaatsebene nicht ausreichend und
daher besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können. Aus meiner Sicht
gibt die hier gewählte Form einer Richtlinie den Mitgliedstaaten einen gewissen
Handlungsspielraum, da sie auf Grund der erforderlichen Umsetzung die
größtmögliche Berücksichtigung mitgliedstaatlicher Besonderheiten gewährleistet.

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