Bundesrat Stenographisches Protokoll 668. Sitzung / Seite 76

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Zweitens: Klärung der offenen Sicherheitsfragen nach dem Stand der Technik in der EU – wobei angemerkt sein muss, es gibt keine genügend sicheren Atomkraftwerke.

Drittens: Die EU-Kommission soll offiziell feststellen, ob mit den vorhersehbaren Dumpingexporten von Atomstrom EU-Recht verletzt wird. Tschechien muss auf die Konsequenzen aufmerksam gemacht werden.

Viertens: Unterbrechung des Testbetriebes, bis diese Forderungen erfüllt sind.

Sollte Tschechien trotz nicht abgeschlossener UVP-Verfahren, trotzt mangelnder Sicherheitsstandards Temelin in den Vollbetrieb nehmen, dann kann es bei den Beitrittsverhandlungen keine Zustimmung zum Energiekapitel und somit auch keine Zustimmung zum EU-Beitritt Tschechiens geben.

Im Gegensatz zum oberösterreichischen Landeshauptmann sehe ich nichts Sittenwidriges darin, das Wort Veto in den Mund zu nehmen.

So leicht wie der Regierungsbeauftragte für die EU-Osterweiterung kann man es sich jedenfalls nicht machen. Wenn Herr Busek hier keine klaren Worte findet oder sich außer Stande sieht, klare Prioritäten zu Gunsten Österreichs zu setzen, dann sollte er den Hut nehmen und zurücktreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.59

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Peter Marizzi. Ich erteile ihm dieses.

15.00

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde heute viel Richtiges und auch sehr Gescheites gesagt, und ich bin froh darüber, dass heute bei diesem ernsten Thema kein politisches Farbenspiel betrieben wurde. Es geht um die Sicherheit von Österreich, und ich weiß, wovon ich rede.

Ich habe eine Jugendsünde begangen. Ich musste früher in meinem Betrieb Kernkraftwerke bauen. Wir haben Kerndeckel, Kerngitter für den ganzen Primärkreislauf hergestellt. Ich war auch ein Kernkraftwerksbefürworter, und nach Harrisburg – nicht nach Tschernobyl – ist mein Umschwung gekommen; und Harrisburg ist westliche Technologie.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war in Tschernobyl und habe mir einen Tag lang den Reaktor angesehen, den so genannte Sarkophag. Ich habe auch die Stadt Pripijt gesehen, die innerhalb von drei Stunden verlassen werden musste. Dort hängt die Wäsche, und die Geschäfte sind noch genau so, wie die Leute sie verlassen haben; die Kinderwägen stehen herum, die Autos stehen herum – das war eine Stadt mit 45 000 Einwohnern.

Wenn ich die Ereignisse von Tschernobyl auf Temelin projiziere – nehmen wir einmal an, es passiert ein schwerer Unfall in Temelin –, dann muss ich fragen, wohin die Österreicher auswandern sollen. Daher ist das Thema so ernst, und deshalb müssen wir es auch sehr ernst behandeln.

Ich glaube schon, dass die oberösterreichische Landesregierung und die Bundesregierung die richtigen Schritte setzen. Herr Bundesminister! Wir kennen uns, wir waren einmal Kollegen: du warst Generalsekretär und ich Zentralsekretär (Bundesminister Mag. Molterer: Aber nicht Parteikollegen!) – darum erwähne ich das. Ich kann mich noch daran erinnern, als Bundeskanzler Vranitzky damals das kernkraftwerksfreie Mitteleuropa initiiert hat. Da muss ich auch feststellen: Damals gab es nicht die Unterstützung aller Parteien. (Beifall bei der SPÖ.) Das muss man auch einmal mit aller Deutlichkeit sagen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Böhm. ) Da gab es auch verschiedene Strömungen in Österreich, sehr geehrter Herr Kollege!


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