Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 176

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aktien ausgibt. In Wirklichkeit hat das Unternehmen jetzt einen halbierten Wert. Die Konsumenten wurden getäuscht durch das Wort "Volksaktie", weil sie gemeint haben, dass diese "Volksaktie" möglicherweise nicht so floaten wird wie andere. Vielleicht waren die Leute nicht aufgeklärt. Aber stellen Sie sich die umgekehrte Situation vor: Wenn die Sozialdemokraten an der Regierung wären, dann hätte Herr Haider aus Kärnten oder von wo auch immer ein Rambazamba aufgeführt, dass es sich abgespielt hätte!

Herr Bundesminister! Wenn Sie den Krieg mit den Banken aufgenommen haben, dann möchte ich Sie bitten, den Krieg auch mit gewissen Formen der Emission aufzunehmen, denn mit dem Begriff "Volksaktie" sind jetzt Konsumenten, Bürger und auch kleine Leute getäuscht worden. Ich bitte Sie, das zu überdenken und eine Gesetzesnovelle vorzubereiten, in der geregelt ist, dass es Werbeagenturen nicht möglich ist, Leute mit solchen Instrumenten hinters Licht zu führen.

Meine zweite Bitte: Vielleicht ist es einmal möglich – um jetzt wieder zu Ihren speziellen Bereich zurückzukehren –, Rechtsanwaltstarife und Rechtsanwaltsverordnungen betreffend die Tarife transparenter zu gestalten. Ich glaube, dass auch die Rechtsanwälte selbst nicht genau darüber Bescheid wissen. Kollege Ofner hat im Plenum darüber berichtet und als selbständiger Rechtsanwalt gesagt, dass er sich auch nicht genau auskennt. – Ich meine, dass es notwendig wäre – das wären wir den Österreicherinnen und Österreichern schuldig –, dass man, wenn man zu einem Rechtsanwalt geht, weiß, was ein Fall kosten wird. In Zeiten der EDV-mäßigen Vernetzung müsste es doch möglich sein, dass man weiß, was eine Scheidung beziehungsweise dies oder jenes kostet. (Bundesrat Dr. Aspöck: Das geht nicht!)

Ich weiß schon, dass das die Rechtsanwälte nicht wollen, denn dann gäbe es unter Umständen eine Transparenz wie bei anderen Berufen. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Dr. Aspöck. ) Herr Kollege! Ein Wirt muss auch dazu schreiben, dass ein Schnitzel 112 S kostet! Ich kann mir vorstellen, dass das auch bei einem Rechtsanwalt möglich ist.

Ich weiß, ich tue Ihnen jetzt weh, aber trotzdem stimmen wir diesem Gesetz nicht zu. Ich hoffe, dass der Herr Justizminister jetzt von mir eine kleine Anregung bekommen hat. – Danke schön, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

22.19

Präsident Alfred Schöls: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

22.19

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Nachdem Sie mich so direkt und so oft angesprochen haben, kann ich jetzt natürlich nicht schweigen.

Herr Bundesrat! Selbstverständlich habe ich jetzt Anregungen bekommen, und ich gebe sie auch zurück. – Zuerst zur Schnitzelanregung: Die Verrechnung der Leistungen von Notaren, Rechtsanwälten oder ähnlicher Berufsgruppen besteht nicht darin, dass man ein Schnitzel verkauft und anschreibt, wie viel es kostet. Bei der tarifmäßigen Verrechnung der genannten Leistungen geht es nicht um die Unübersichtlichkeit des Tarifes, sondern um die Undefinierbarkeit der Leistung im Voraus.

Wenn Sie heute in eine Anwaltskanzlei gehen und dem Anwalt die Klage Ihres Gegners übergeben, dann kann der Anwalt keinen genauen Kostenvoranschlag machen, indem er sagt: Wir werden drei Verhandlungen, aber keine Berufung brauchen und so und so viel an Sachverständigengebühren aufwenden. Das ist nicht möglich! Es können nur die Leistungen an sich übersichtlich gestaltet werden, und darum bemühen wir uns sehr. Ich bin ganz auf Ihrer Seite, wenn Sie sagen, dass der Konsument wissen muss, wie viel ihn etwas kosten wird. Diesfalls kann sich ein Mandant nur helfen, indem er möglichst viele Zwischenabrechnungen verlangt. (Bundesrat Marizzi: Und was ist mit einer Daumenpeilung von – bis?) Das geht eben nicht. Wir können das einmal besprechen: Das liegt an der Undefinierbarkeit der Leistung im Voraus!


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