10.16

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­schätzte Frau Bundesministerin! Sie haben völlig recht, wir können in Wirklichkeit nicht über wirtschaftspolitische Zielsetzungen und Erwartungen sprechen, da diese noch nicht vorliegen.

Etwas liegt aber immerhin vor, und die Kommission unter von der Leyen hat dabei gleich bei zwei US-Präsidenten Anleihe genommen, nämlich einerseits bei Franklin D. Roosevelt, der mit seinem New Deal gezeigt hat, wie man in der größten Not um­steuern kann. Er hat mit seinem New Deal zwischen 1933 und 1938 ein couragiertes Vorgehen angesichts der Weltwirtschaftskrise an den Tag gelegt. Er hat – wie soll man sagen? – die USA arbeitnehmer- und -nehmerinnenfreundlicher und sozial gerechter gemacht und gleichzeitig das Bankensystem reguliert. Von der Leyen hat bei der Präsentation aber noch einen zweiten US-Präsidenten als Referenz genommen, und das ist John F. Kennedy, der 1961, nachdem Gagarin in die Erdumlaufbahn gelangt ist, angeordnet hat: Wir wollen innerhalb von zehn Jahren den Mond betreten. – Er hat es nicht erlebt, aber im Juli 1969 war es dann immerhin so weit, und es erfolgte die erste Mondlandung.

Dieser Green New Deal hat nun von allem etwas. Es ist völlig klar, dass es aufseiten der Europäischen Union, im Speziellen angesichts der Dramatik der Klimakrise, der Dramatik, dass wir unser lebenswertes – noch lebenswertes – Europa für uns, für unsere Kinder und Kindeskinder erhalten wollen, einer gewaltigen Kraftanstrengung bedarf, so wie es Roosevelt und Kennedy vorgezeigt haben. Dazu muss aber Timmermans, der ja die Umsetzung durchführt, und von der Leyen eines klar sein: In Europa wohnen nahezu 70 Prozent der Menschen in Städten. Wenn dieser Green New Deal gelingen soll, dann muss er in Kooperation mit den Städten und mit den Ballungszentren erfolgen, denn die Städte leisten den öffentlichen Verkehr, die Städte leisten die Wärmedämmung der Häuser, die Städte können mit ganz großer Kraft vorangehen, und vor allem schaffen sie Jobs.

Dazu bedarf es aber etwas, was korrigiert werden muss: Das Investitionsprogramm der Städte muss aus der Blockade der Maastrichtkriterien rausgenommen werden, denn überall dort, wo Städte investieren wollen – zum Beispiel in den sozialen Wohnbau, in den öffentlichen Verkehr, in kommunale Einrichtungen –, kommen sie mit den Maastricht­kriterien sofort an die Grenze.

Diese öffentlichen Investitionen, die ja dem Green New Deal folgen müssen, sind sehr wichtig. Sie müssen in ganz enger Kooperation mit den Städten Europas erfolgen, natürlich auch mit den Ländern – ist ja keine Frage –, aber mancher Ballungsraum in Europa hat eine wesentlich höhere Bedeutung als so mancher kleine Nationalstaat, das muss einem klar sein. Wir alle hoffen, dass die Kommission mit diesem Green New Deal erfolgreich ist, und da kann es nicht nur bei Symboliken bleiben.

Es ist gut, dass Vorarlberg, dann der Bundesrat, dann der Nationalrat und jetzt auch das EU-Parlament den Klimanotstand ausgerufen haben – das ist alles super –, aber es darf nicht bei der Symbolik bleiben. Der Green New Deal schreibt ja vor, dass wir in ganz bestimmte Punkte reingehen müssen, und es ist anders, als ein Redner hier am Rednerpult gesagt hat: Das bedarf eines enormen Investitionsprogramms. Es darf nicht so sein wie beim Juncker-Paket: Hoffnung darauf, dass der Rest sich noch finanzieren lässt – das sehen wir ja jetzt schon, dass jetzt einmal 100 Milliarden Euro in die Hand genommen werden –, aber alle wollen, dass alles wie bisher weitergeht, auch nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs. Es wird aber nicht ohne Erhöhung von Mitgliedsbeiträgen gehen, wenn wir in den Green New Deal investieren wollen, massiv investieren wollen, und gleichzeitig alle Programme – Kohäsionsprogramme, Landwirt­schaftsprogramme, Eler-Programme und so weiter – weitergehen und nichts beschnit­ten werden soll. Das ist so wie die eierlegende Wollmilchsau, und das wird es nicht sein.

Dazu kommen – was wir noch brauchen – die Digitalisierung, die Besteuerung der Unternehmen und vor allem die Durchsetzung der Bankenunion; aber wir haben ja heute noch einen Tagesordnungspunkt, bei dem wir einen kleinen Rückblick über die Vorhaben, über das, was 2019 geplant war, machen, und da kommen ja all diese Bereiche vor, die für die Wirtschaftspolitik maßgebend sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.22

Präsident Karl Bader: Danke sehr.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile es ihr.