11.11

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Bundesräte! Die Europä­ische Bürgerinitiative steht auf der Tagesordnung. Es ist eine Materie, die in die Zuständigkeit des Innenministeriums fällt; gleichzeitig handelt es sich dabei um eine Initiative, die auf europäischer Ebene sehr wesentlich ist und die mich daher als Europaministerin beschäftigt. Ich werde später noch darauf zu sprechen kommen, warum eigentlich und wie intensiv genau.

Das ist aber nicht der Grund, warum ich heute hier vor Ihnen stehe, sondern ich vertrete heute Bundesminister Karl Nehammer. Warum? – Auch das war schon Thema der Aktuellen Stunde. Die große Herausforderung, das Coronavirus, beschäftigt uns alle, im Speziellen auch den Innenminister, sehr intensiv, und deshalb wird er derzeit an anderen Orten gebraucht und hat mich gebeten, diesen Termin zu übernehmen.

Ich komme nicht umhin, heute hier vor Ihnen zu sprechen, ohne auch zumindest kurz auf die aktuelle Situation in Österreich einzugehen. Wir alle spüren, dass eine große Veränderung auch im sozialen Leben bereits Platz gegriffen hat. Das beginnt damit, dass wir uns nicht mehr, wie gewohnt, zur Begrüßung die Hände schütteln, körper­lichen Kontakt überhaupt weitgehend meiden, einen Abstand einhalten, uns möglichst oft die Hände waschen und die sozialen Kontakte insgesamt zurückfahren.

Warum? – Ich möchte hier auch an Sie als Vertreter appellieren, das weiterzugeben: Wir brauchen die Eigenverantwortung, die Eigeninitiative jeder Österreicherin und jedes Österreichers, damit wir die Verbreitung des Coronavirus möglichst reduzieren können, verlangsamen können, um einerseits Gegenmittel, Medikamente zu entwickeln und andererseits die parallel noch stattfindende Grippewelle abebben zu lassen, damit wir im Fall des Falles die Betreuungs- und Krankenhausplätze für jene Personen frei haben, die sie tatsächlich brauchen.

Als Europaministerin kann ich Ihnen auch sagen, dass ich in ständigem intensivem Austausch mit unseren Nachbarstaaten, aber auch mit anderen großen und betrof­fenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bin – und betroffen sind mittlerweile wohl alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der Verlauf geht aber in den einzel­nen Mitgliedstaaten unterschiedlich vonstatten. Ich habe gestern mit Mitgliedstaaten rund um Österreich, aber auch mit anderen Staaten wie Spanien oder Polen telefoniert, und man sieht anhand der Zahlen, dass die Situation sehr unterschiedlich ist und dass diese unterschiedlichen Zahlen und der unterschiedliche Verlauf auch erfordern, unter­schiedlich restriktive Maßnahmen zu ergreifen. Einig sind wir uns alle darüber, dass abgestimmt, je nach den wesentlichen und relevanten Verhältnissen in den Staaten, Maßnahmen zu treffen sind, die bei uns mittlerweile bis zur nächsten Woche begin­nenden Schulschließung reichen und in anderen Staaten mit der Schließung von Uni­versitäten oder auch der Einschränkung – auch in Ministerien – von Reisetätig­keiten begonnen haben.

Für uns ist wichtig – und das ist mir ein großes Anliegen –, dass wir jetzt handeln, dass wir handlungsfähig bleiben, dass wir uns gut koordinieren und diese Maßnahmen auch kommunizieren, weil es ja, wie wir auch gehört haben, große Auswirkungen auf Wirtschaft, Kultur und das gesellschaftliche Leben gibt, und dass wir dann aber in weiterer Folge – und damit bin ich beim nächsten Schritt –, nach dem Abebben dieser Krise, die richtigen Schlüsse aus dieser Krise ziehen. Ich bin jemand, der Dinge immer auch positiv sieht, und für mich bedeutet das, aus einer derartigen Situation dann letztlich die Chancen und auch die notwendigen Veränderungen auf europäischer Ebene abzuleiten.

Damit möchte ich zum eigentlichen Thema, zur Europäischen Bürgerinitiative – und auch zu meiner Betroffenheit, wenn Sie so wollen, von diesem Thema – zurückkom­men: Österreich war einer von wenigen Mitgliedstaaten, die die Initiative ergriffen haben, die Europäische Bürgerinitiative auf einen neuen Weg zu bringen, attraktiver zu machen, damit die Menschen auch tatsächlich davon Gebrauch machen können.

Was ist das Ziel? – Das Ziel ist, die Demokratie zu stärken, Menschen einzubinden, nicht nur in Österreich, sondern auf europäischer Ebene. Ich war selbst während der Ratspräsidentschaft Österreichs als Vertreterin bei insgesamt fünf Tagungen des Europäischen Parlaments, hauptsächlich in Straßburg, aber auch bei einer in Brüssel, bei einem Miniplenum, und ich habe auch die Trilogverhandlungen zur Europäischen Bürgerinitiative geführt. Ich kann Ihnen sagen, dass Österreich da auch sehr fortschritt­lich gewesen ist, denn Österreich hat immer gesagt, wir wollen die Einbindung schon für Menschen ab 16. – Ja, bei uns ist das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt, das macht Sinn, das ist gut so, und wir haben das auch auf europäischer Ebene vertreten.

Ich kann Ihnen aber auch sagen, es war gar nicht so leicht, diese Trilogverhandlungen zu führen. Die Kommission ist immer dafür eingetreten, aber wir hatten zu diesem Zeitpunkt die Ratspräsidentschaft, hatten den Vorsitz inne und ich hatte zu diesem Zeitpunkt die Aufgabe, die Meinung von 27 Mitgliedstaaten zu vertreten, und darunter war nur ein weiterer Mitgliedstaat, der ebenfalls die Herabsenkung auf 16 Jahre befür­wortet hat, und das war Malta; alle anderen waren, gelinde gesagt, strikt dagegen. Jetzt gibt es die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, das Mindestalter für die Beteiligung an einer Bürgerinitiative auf 16 Jahre zu senken. Ich hoffe, es machen auch viele davon Gebrauch.

Es gibt weiters die Möglichkeit, diese Bürgerinitiative online einzubringen, auch – auf diesem im 21. Jahrhundert natürlich mittlerweile sehr verbreiteten Weg – online Unter­schriften zu sammeln, und es sollte in Zukunft einfach leichter sein, diese Schwellen auch zu erreichen. Es war schon die Rede davon, dass eine Million Unterschriften, Beitritts-, Unterstützungserklärungen notwendig sind. Das klingt nach sehr viel, wenn man sich aber die Zahl der Gesamtbevölkerung der Europäischen Union vor Augen hält, dann muss man sagen, dass es eigentlich auch wieder nur ein relativ kleiner Bruchteil ist. Großbritannien ist weggefallen – auch das wurde schon gesagt –, nichts­destotrotz sind es knapp 500 Millionen Menschen, die in der Europäischen Union leben, und diese sollten auch die Möglichkeit haben, sich aktiv zu beteiligen, ihre Anliegen an die Europäische Kommission heranzutragen.

Und ja, Herr Bundesrat Schennach, ich bin bei Ihnen, es wird auch an der Kommission liegen, wie man dann mit derartigen Initiativen umgeht. Da geht es um die Glaub­würdigkeit der Institutionen der Europäischen Union, insbesondere der Europäischen Kommission, die ja den Lead hat, wenn es darum geht, auch Initiativen, Gesetzes­initiativen auf europäischer Ebene vorzulegen.

Was heute hier passiert – und ich freue mich sehr über diesen positiven Zugang zu dieser Initiative –, ist die Anpassung des österreichischen Rechts. Dabei geht es teil­weise um Begriffsbestimmungen, es geht um Fristen, die geregelt werden müssen, und es geht darum, die Umsetzung der Onlinebeteiligung bei der Europäischen Bürger­initiative auch im österreichischen Recht einzuführen.

Ich stelle fest, dass das quer über alle Parteien und über Parteigrenzen hinweg positiv gesehen wird. Ich als Europaministerin stehe dahinter, ich habe die Genese aktiv mitverfolgt und auch aktiv mitgestaltet, und daher freue ich mich über den Zuspruch und hoffe auch auf eine breite, einhellige Zustimmung zu dieser Gesetzesänderung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Lackner.)

11.19