20.33

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Ministerinnen! (Die Rednerin stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der in roter Schrift „Österreich 1000er“ zu lesen ist und zehn Hunderteuroscheine abgebildet sind. – Ruf bei der SPÖ: Schon wieder!) – Man kann das nicht oft genug herzeigen, das ist das Wichtigste, was man momentan machen kann. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Ich möchte zuerst noch auf den Redebeitrag von Frau Kollegin Holzner eingehen, die in einer ein bisschen sehr süffisanten Art gemeint hat, euer Klubobmann im Natio­nalrat, Herbert Kickl, hat den totalen Shutdown verlangt. Ja, das stimmt, aber das war zu einer Zeit, als er sehr sinnvoll gewesen wäre, als es in erster Linie darum gegangen ist, alle Grenzen zu schließen und nicht nur die nach Italien und vor allem auch darum, den Flughafen rechtzeitig zuzumachen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sogar „Der Standard“, der überhaupt kein Medium von uns ist, hat uns von der FPÖ als einzigen zugesprochen, dass wir rechtzeitig und als erste erkannt haben, um welche Gefährlichkeit es sich bei diesem Virus handelt. (Beifall bei der FPÖ.)

Bevor ich jetzt zum Tagesordnungspunkt 7 komme, zu dem ich sprechen möchte, hätte ich wirklich – jetzt sind sogar zwei Ministerinnen da – noch einmal einen dringenden Appell an Sie, Frau Minister Aschbacher: Es geht um die werdenden Mütter. Ich bin davon überzeugt, wenn Männer diese Entscheidung treffen, ob für eine werdende Mutter in der jetzigen Situation etwas schlimm oder tragisch ist, dass das ein Mann nicht entscheiden kann. Wir haben aber mehr Frauen als Männer in der Regierung. Ich bitte euch im Interesse dieser Frauen: Macht sie doch zu einer Risikogruppe, lasst sie bitte in das vorverlegte Beschäftigungsverbot gehen!

Warum? – Selbst wenn dieser Virus, was medizinisch ja nicht nachweisbar ist, weder der Mutter noch dem Kind schadet, wissen wir aber alle – und wir haben alle Kinder bekommen –, wie tragisch und schlimm eine psychische Belastung während der Schwangerschaft ist. Sie wirkt sich negativ auf das Kind, auf die Mutter und unter Umständen auf das weitere Leben aus. Das ist eine Sache, die kostet in dem Sinn nicht so viel, und den Müttern gibt man damit Sicherheit. Sie können sich so in Zeiten, die sowieso sehr tragisch und unsicher sind – und das ist am allerwichtigsten –, während der Schwangerschaft in Ruhe auf ihr Kind freuen und auf ihr Kind vorbereiten. Ich bitte Sie darum! (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Schachner.)

Es gibt nicht immer nur Negatives, es gibt heute auch etwas sehr Positives aus Ihrem Ministerium zu berichten, und zwar ist es wirklich ganz, ganz wichtig, dass das Fami­lienlastenausgleichsgesetz dahin gehend geändert wurde, dass es eben jetzt zu einer Verlängerung des Anspruchs auf die Familienbeihilfe kommen kann, wenn es sich um Kinder handelt, die das 18. Lebensjahr erreicht haben.

Bisher war es ja so, wenn Kinder das 18. Lebensjahr erreicht haben, konnte man, wenn sie nachweisen, dass sie entweder noch in die Schule gehen, eine Lehre ange­fangen haben oder zu studieren begonnen haben, die Familienbeihilfe bis zum 23. Le­bensjahr beziehen, musste aber immer im Nachhinein nachweisen, dass es einen positiven Schulbesuch gibt, dass es eine erfolgreiche Studienbestätigung gibt oder dass das Lehrverhältnis noch aufrecht ist. Dass das natürlich in diesen Zeiten von Corona, in denen wir uns momentan befinden, nicht möglich ist, wissen wir alle. Des­halb ist es so wichtig, dass es eben dazu kommt, dass diese Verlängerung der Fami­lienbeihilfe nach wie vor noch möglich ist.

Man sieht, wenn man Dinge in einem Ministerium auch umsetzen lässt, wie es in Ihrem Ministerium ist, dass es doch sehr unbürokratisch und ohne irgendwelche weiteren Institutionen möglich ist. Es wurde mir heute im Ausschuss von einem Mitarbeiter Ihres Amtes bestätigt, dass die Eltern nicht selber die Verlängerung beantragen müssen, dass das automatisch erfolgen wird, dass auch die Bescheidausfertigung automatisch erfolgt, dass die Familienbeihilfe verlängert ist, was wieder sehr wichtig ist, damit der Familienbonus weiterhin gewährt werden kann.

Frau Zwazl hat mit viel Engagement, was ich übrigens sehr schätze, ihre Wirtschafts­kammer verteidigt, aber man sieht, wenn man die Dinge in jenen Ministerien lässt, die die Voraussetzungen haben, dann geht es rasch, schnell und unbürokratisch, was in dieser Situation immer das Wichtigste ist. – Danke vielmals, noch einmal.

Ich muss Ihnen aber ehrlich sagen, es gibt sehr, sehr viele Dinge – das wurde heute schon von vielen Rednern angesprochen –, die eben leider nicht so unbürokratisch passieren. Ich möchte es Ihnen gerne an dem Beispiel erklären, wie das Ganze mit dieser Abrechnung der Kurzarbeit ist. Ich weiß nicht, Frau Minister, ob Sie wissen, was es bedeutet, wenn Sie zum Beispiel jetzt für einen Mitarbeiter, der in Kurzarbeit ist, seinen Nettolohn ausrechnen. Das geschieht zwar mit einer Ersatzquote, wo es aber ganz kompliziert wird, ist die Berechnung der Abgaben für die Behörden. Das heißt, die Kurzarbeit besteht aus dem tatsächlichen Lohn für die tatsächliche Arbeit und aus der sogenannten Kurzarbeitsentschädigung für die Ausfallsstunden, und – wichtige Sache – die Sozialversicherungsbeitragsgrundlage vor der Kurzarbeit muss auf alle Fälle aufrecht bleiben.

Jetzt kommen wir zur Abrechnung der Abgaben: Die Stundenentlohnung für die tat­sächliche Arbeitsleistung ist noch ganz einfach, das ist wie früher von allen Lohn­nebenkosten abzurechnen. Kommen wir dann zur Kurzarbeitsentschädigung: Da sind die Gemeinden die einzigen Behörden, die sagen, nein, von diesem Geld möchten wir keine Abgaben haben, und sie verzichten auf die Kommunalsteuer. Kommen wir zum Nächsten: Die Beiträge für die Abfertigung Neu muss ich wieder vom Entgelt vor Kurzarbeit zahlen, dann zahlt natürlich auch der Arbeitgeber die Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung für die alte Bemessungsgrundlage, und zu diesen Dienst­neh­meranteilen muss ich dann wieder DB und DZ zur Kommunalsteuer dazugeben. Ich habe also eigentlich jetzt schon die dritte Art der Berechnung.

In diesem Zusammenhang muss ich jetzt wirklich sagen – ich nenne es bewusst so, auch wenn der Herr Präsident jetzt gleich mit mir schimpfen wird –, ich empfinde es als moralisch verwerflich und beschämend, dass die Arbeiterkammer nach wie vor noch ihre Kammerumlage (Bundesrätin Schumann: Geh! Geh!) von dem vollen Brutto­ent­gelt vor Kurzarbeit verlangt. Das finde ich beschämend! Das sind zwar nur ein paar Euro, aber das ist ein Signal, das ich nicht in Ordnung finde. Das finde ich nicht in Ordnung! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) – Nein, das finde ich nicht in Ordnung, denn die Arbeiterkammer hat es wirklich nicht nötig, könnte sich darüber einigen und sagen: Okay, ich nehme meine Beiträge nur von dem Bezug, der jetzt tatsächlich abgerechnet wird. Ich finde es nicht in Ordnung.

Damit wäre ich dann zum Beispiel bei den Sozialpartnern: Es wird heute die tolle Sozialpartnerschaft wieder so viel gelobt. Wissen Sie, wann die Sozialpartnerschaft toll ist? – Wenn auf der Wirtschaftsseite die großen Konzerne und auf der anderen Seite die großen, hinsichtlich Arbeitnehmervertretung toll organisierten Betriebe sind – dann funktioniert Sozialpartnerschaft. Sie funktioniert aber leider überhaupt nicht für alle Arbeitnehmer. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Je kleiner die Betriebe und je weniger betriebsrechtlich organisiert, umso eher werden die Arbeitnehmer von bei­den Seiten vergessen.

Sie sagen zum Beispiel, die Wirtschaftskammer macht so etwas Tolles. Meine Friseurin versucht seit einer Woche, auf der Wirtschaftskammerseite herauszufinden, unter welchen Voraussetzungen sie jetzt ihre Kunden bedienen darf. Sie ist eine kleine Friseurin – ein kleiner Teil Ihrer Wirtschaftskammer. (Bundesrätin Zwazl: ... die gibt’s!) Sie können selber bei der Fachinnung nachschauen: Sie finden nichts! (Bundesrätin Zwazl: Das ist ein Klacks!) – Ah so? (Bundesrätin Zwazl: Ja!) Sie finden es aber nicht. (Bundesrätin Zwazl: ... selber angeschrieben!) Es ist egal.

Zur Kurzarbeit, über die immer gesprochen wird: Die Kurzarbeit ist sicherlich ein wich­tiges Instrument. Was aber verunsichert die Betriebe so? – Erstens einmal kann man die Kurzarbeit – die alte Kurzarbeit, wie sie für Produktionsbetriebe gedacht ist, die bestimmte Voraussetzungen haben und wirklich wissen, dass sie eine bestimmte Zeit einen gewissen Ausfall haben – nicht auf alle Betriebe umlegen. Das ist momentan das Schwierige, denn Betriebe tun sich sehr schwer, Dinge einzuschätzen. Das AMS, muss ich ehrlich sagen – also ich kann es nur von Graz sagen –, ist hervorragend. Mit dem kann man super zusammenarbeiten, man kann anrufen, man kann ihnen E-Mails schicken, es funktioniert hervorragend.

Sehr schlechte Erfahrungen habe ich aber leider mit der Gewerkschaft in der Steier­mark gemacht. Ich finde das dann nicht in Ordnung, wenn zum Beispiel ein Gewerk­schafter von der Gewerkschaft der Privatangestellten (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann) einen Klienten von mir anruft und ihm erklärt: Also eines sage ich Ihnen gleich, die Sozialpartnervereinbarung, die Sie da jetzt eingebracht haben, gilt nicht! Wir brauchen die 6.0. Und eines sage ich Ihnen auch: Die wirtschaftliche Begründung mit dem Verweis auf Covid-19 erkenne ich so und so nicht an, das muss viel detaillierter und viel genauer sein! Und übrigens – hat er dann erwähnt –: Sie haben ja keinen Betriebsrat! (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Entweder Sie machen das jetzt innerhalb der nächsten Zeit und schicken mir den neuen, detaillierteren Antrag, oder ich werde das ablehnen! Wenn Herr Schachner daran interessiert ist: Ich sage Ihnen gerne unter vier Augen den Namen, denn es geht mir nicht darum, eine Person anzu­prangern, es geht mir nur darum, zu zeigen, wie Sozialpartnerschaft manchmal auch funktionieren kann. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Wie gesagt, es gibt in vielen Lebensbereichen Beispiele, an denen man wirklich erkennt, es läuft nicht alles so rund, zum Beispiel die ganze Schulöffnungsgeschichte. Ich kenne Familien, die zwei schulpflichtige Kinder haben, aber die Kinder sind leider, das ist Pech, in einem unterschiedlichen Schichtrad. Das heißt, das eine Kind geht drei Tage in die Schule, das andere muss betreut werden, dann geht das andere zwei Tage in die Schule und das erste muss betreut werden. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Da hat man bedauerlicherweise viel zu wenig auf die Lehrer gehört und die Lehrer zu wenig miteingebunden. Wissenschaft ist gut, aber da geht es um die Zukunft unseres Landes, um unsere Kinder. Dass man da so ein bisschen wissenschaftliche Experimente macht, das finde ich auch nicht in Ordnung, und ich muss Ihnen ehrlich sagen, das ist auch nicht richtig. Die Lehrer hätten viel bessere Konzepte gehabt, als sie jetzt mo­mentan vorliegen und wir sie jetzt momentan für unsere Kinder einhalten müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich ist das eine sehr, sehr schwierige Zeit. Es sind außergewöhnliche Umstände, und vor allem, das wissen wir alle, kennt niemand dieses Virus. Wir können auch nicht auf einen Erfahrungsschatz zurückgreifen, sodass wir wissen, in der Krise müssen wir das und das machen, das hat sich bewährt. Gerade deshalb finde ich es so wichtig, dass die Regierungsparteien, wenn es um diese Angelegenheit geht, bereit sind, endlich einmal einfach die Ressourcen und auch die Fachkompetenzen der Opposition anzunehmen und nicht immer automatisch Anträge oder Verbesserungsvorschläge kategorisch abzulehnen.

Man kann in dieser Situation natürlich nicht alles gleich bedenken, das geht natürlich nicht. Deswegen gibt es ja so viele tolle Köpfe. Jede Partei hat wirklich in jedem Bereich Fachkompetenz. Bitte nutzt sie doch, denn was wollen wir in Wirklichkeit alle? Dass jeder Österreicher ohne persönlichen Schaden, vor allem ohne physi­schen oder psychischen Schaden, aus dieser Krise herauskommt und dass wir sie alle gemeinsam, aber wirklich gemeinsam, zu einem ganz, ganz guten Ende führen. Bitte denken Sie an die werdenden Mütter! (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Taferl!)

20.46

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön – auch dafür, dass Sie die freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten kaum überschritten haben.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. Ich erteile es ihm. (Bundesrat Schreuder will Bundesrätin Schartel die von ihr am Rednerpult zurückgelassene Tafel zurückgeben, diese fällt jedoch zu Boden. – Ruf bei der FPÖ: Mach’ sie nicht kaputt! – Bundesrätin Zwazl – erheitert –: Ihr habt’s eh so viele!)