15.00

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Werte Ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Einladung der Vorrednerin komme ich sehr gerne nach. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind ja im Wesentlichen eine Verlängerung der bisherigen und durchaus sinnvolle Regelungen im Sinne der Betroffenen. Daher werden diese – wie schon bisher – von uns auch unterstützt.

Sie haben es angesprochen, das betrifft die Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer, da der Fälligkeitstermin für Schulden und Zinszahlungen weiter nach hinten verschoben werden kann, aber auch die Pflicht, bei Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen, wird nach hinten geschoben, also befristet ausgesetzt. Es wird aufgeschoben, aber natürlich nicht aufgehoben. Wir alle hoffen natürlich, dass nach dieser Frist keine große Insolvenz- und Arbeitslosigkeitswelle auf uns zurollt. Genau das ist aber zu befürchten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Ministerinnen, vor allem Sie sind ange­sprochen! Genau darauf müsste eine vorausschauende Politik vorbereitet sein und vorbereiten, denn wenn man auf Sicht fährt – die Bundesregierung betont ja immer, dass sie auf Sicht fährt –, dann ist es unübersehbar, dass wir dann in absehbarer Zeit auf einen Crash zusteuern, wenn man nicht mit einem wirklich engagierten Investitions- und Kaufkraftbelebungsprogramm gezielt gegensteuert. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, wäre ein Gebot der Stunde. Die Fristerstreckungen, die wir machen, sind wirklich wichtig, deshalb unterstützen wir das auch sehr gerne, aber sie sind im Wesent­lichen nur ein Pflasterl auf den tiefen Wunden der Wirtschaft und der Bevölkerung. (Beifall bei der SPÖ.) Ja, es ist wichtig, es ist besser als nichts und wird daher natürlich von uns auch mitgetragen, aber wir bräuchten mehr. Die österreichische Bevölkerung, die österreichische Wirtschaft bräuchte wesentlich mehr.

Aber lassen Sie mich zu etwas anderem kommen: Ein wichtiger Punkt, der auch in diesem Paket enthalten ist, etwas wirklich Wegweisendes, ist die Erleichterung bei der Beantragung von Unterhaltsvorschüssen. Kinder müssen nun nicht mehr vorher quasi einen Exekutionsantrag gegen den unterhaltsschuldenden Elternteil stellen, um an das Geld zu kommen, das ihnen zusteht und das sie auch dringend zum Überleben brauchen. Es ist ja auch menschlich eine untragbare Situation, wenn man, wie es halt in den meisten Fällen so ist, als Kind den eigenen Vater klagen muss – das ist natürlich auch eine psychisch sehr belastende Situation. Ich bin froh, dass diese Regelung getroffen wurde, das könnte ein Schritt in Richtung einer Systemänderung sein, nämlich vom derzeitigen Unterhaltsvorschusssystem hin zu einem System der Unterhalts­siche­rung. Das wäre auch schon längst fällig und angebracht.

Es liegen auch schon lange Forderungen und Konzepte auf dem Tisch. Es gibt verschie­denste Modelle, ausgearbeitet von Frauenorganisationen, von AlleinerzieherIn­nenver­bänden, von der Volkshilfe, auch der Armutskonferenz. Ich habe auch fast schon mit Generationen von Justizministern und -ministerinnen an Konzepten gearbeitet; es wur­den Arbeitsgruppen im Justizministerium eingerichtet. Sie wissen das, Frau Ministerin, Sie haben sich ja schon gut in Ihr Amt eingearbeitet. Sektionschef Kathrein ist jetzt nicht hier, aber wir haben auch mit ihm schon intensive Gespräche geführt; das zieht sich schon wirklich über Jahre, in letzter Zeit sind diese Arbeitsgruppen aber leider einge­schlafen.

Ich möchte hier an Sie (in Richtung Bundesministerin Zadić) – Sie nicken freundlicher­weise – den Appell richten (Bundesministerin Zadić nickt): Bitte greifen Sie dieses Thema der Unterhaltssicherung wieder auf, es hat in Ihrer eigenen politischen Vergan­genheit auch eine lange Historie. In Ihrer ehemaligen politischen Fraktion hat sich Maria Stern dafür auch mit AlleinerzieherInnenverbänden sehr engagiert, auch die Grünen haben Seite an Seite mit den SozialdemokratInnen für dieses wichtige Thema gekämpft, auch von katholischen Kreisen, von christlichen Kreisen, von den verschiedensten Kon­fes­sionen hat es immer wieder Vorstöße gegeben.

Ich glaube, es findet in der Bevölkerung schon eine sehr breite Mehrheit, und deshalb möchte ich den Appell an Sie, Frau Ministerin (in Richtung Bundesministerin Zadić), selbstverständlich auch an Sie, Frau Ministerin (in Richtung Bundesministerin Edtstadler), richten, sich wirklich dieses Themas anzunehmen, sich das zu Herzen zu nehmen, denn es geht darum, Kinderarmut in Österreich zu bekämpfen. Kinderarmut gehört leider nicht der Vergangenheit an. Fehlende oder unzureichende Unterhalts­zah­lungen sind immer noch der Hauptgrund für Kinderarmut in Österreich, das kann uns nicht kaltlassen.

Schauen wir uns also auch internationale Modelle an; es gibt in skandinavischen Ländern Modelle einer Unterhaltssicherung. Das sollten wir uns gerade jetzt auch besonders anschauen, denn im Zuge der Covid-19-Krise werden sehr viele Kinder um ihren Unterhalt bangen müssen, da es sich einfach hinten und vorne nicht ausgeht. Diese Maßnahme ist ein wichtiger Schritt, ja, aber es geht auch weiter und die Fristen laufen aus, aber die Situation bleibt mitunter dieselbe.

Daher wäre es ganz, ganz wichtig, sich einen Ruck zu geben und endlich in Richtung Kindergrundsicherung, Unterhaltssicherung oder wie auch immer man es nennen will, zu arbeiten, damit Kinder in Österreich die Entwicklungschancen vorfinden, die sie brauchen, die sie sich verdient haben und die auch die Voraussetzung dafür sind, dass sich Österreich gut weiterentwickeln kann, denn unsere Kinder sind unsere Zukunft. Sie brauchen uns, sie brauchen unser Engagement jetzt und heute. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft. (Beifall bei der SPÖ.)

15.08

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bun­desministerin Karoline Edtstadler. Ich erteile es ihr.