13.48

Bundesrätin Nicole Riepl (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die SPÖ hat im Frühjahr dieses Jahres die Regierung darauf aufmerksam gemacht, auf die Lehrlinge und alle jungen Menschen in der Krise nicht zu vergessen. Was ist in diesem halben Jahr passiert? – Nichts und nochmal nichts, auf unsere jungen Menschen wurde vergessen!

Offenbar will diese Regierung nichts für die Perspektiven der Jungen unternehmen. Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit seit dem Zweiten Weltkrieg, und davon sind ganz besonders junge Menschen und Lehrlinge betroffen. Fast 62 000 Menschen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren sind aktuell ohne Arbeit oder in Schulungen. Das sind 62 000 junge Menschen, die keine Perspektive, keine Lehrstelle haben. Das sind Zah­len, die uns alle aufrütteln müssen. Die Regierung ist ganz klar aufgefordert, ein echtes, treffsicheres Lehrlingspaket vorzulegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dafür braucht es aber verschiedene Verordnungen auf unterschiedlichen Ebenen. Die erste Ebene befindet sich auf dem freien Markt. Grundsätzlich müssen wir versuchen, Unternehmen in die Lage zu versetzen, auszubilden. Der Lehrlingsbonus der Regierung ist dazu leider nicht das beste Instrument. Wenn ein Unternehmen in Summe 2 000 Euro bekommt, um einen Lehrling auszubilden, dann ist das – und so deutlich muss man das sagen – ein Paket für große Betriebe. (Bundesrätin Zwazl: Na!) Jene, die viele junge Menschen ausbilden, bekommen ihre Millionenbeträge, aber der kleine Betrieb, der vielleicht nur die Ressourcen für einen einzigen Ausbildungsplatz hat, kann es sich aufgrund der allgemein angespannten Wirtschaftslage nicht leisten, mit einem Bonus von 2 000 Euro einen Lehrling auszubilden.

Die zweite Ebene ist jene der überbetrieblichen Lehre. Lehrlinge, die am freien Markt keinen Lehrplatz bekommen, müssen Chancen in überbetrieblichen Lehrwerkstätten oder direkt beim Bund bekommen. Die Lehrplätze müssen vom Bund, von den Ländern und den Gemeinden aufgestockt werden, aber dazu braucht es Geld. Am 28. August haben Bürgermeisterinnen und Bürgermeister einen offenen Brief an die Bundesregierung mit ihrer Forderung gerichtet – das Gleiche fordert auch die Daseinsgewerkschaft Younion –: Ausreichend Budget für die Gemeinden in unserem Land. Die Gemeinden würden es schaffen, 10 000 Lehrplätze direkt vor Ort zu schaffen, mit einer hochqualitativen Aus­bildung und einer Perspektive im Lebensumfeld der jungen Frauen und Männer. Allein, den Gemeinden fehlt aufgrund der Ausfälle bei Kommunalsteuer und Ertragsanteilen das dringend benötigte Geld. Auch darauf, sehr geehrte Ministerin, weisen wir hin; im Bundesrat haben wir das bereits im April getan.

10 000 Lehrstellen sind 10 000 Chancen, Perspektiven und Hoffnungen – das sollte für Sie als Arbeits- und Jugendministerin eigentlich Grund genug sein, in der Regierung endlich Druck zu machen. Wenn wir in den Bund schauen, der ja bereits Lehrlinge ausbildet, dann muss man feststellen: Es ist gut, dass der Bund auf vielen Ebenen ausbildet, es stellt sich aber die Frage nach der langfristigen Perspektive. Damit sind die Planstellen gemeint, die geschaffen werden müssten, um den jungen Menschen auf der Ebene der öffentlichen Verwaltung die notwendigen Chancen zu geben.

Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist bewusst, dass gerne davon ge­sprochen wird, im System zu sparen, aber ganz ehrlich: Ist ein System – aus dieser Sicht –, in dem die einen bis zum Umfallen arbeiten und die anderen keine Chance für ihre Zukunft sehen, wirklich zukunftsfit? (Beifall bei der SPÖ.)

Wollen wir den öffentlichen Dienst wirklich so aushöhlen, bis er in sich zusammen­bricht? – Ich denke nicht. Als SozialdemokratInnen fordern wir daher die Wiederein­führung der Ausbildungsgarantie bis 25, denn Menschen brauchen einen Rechtsan­spruch auf eine Ausbildung. (Bundesrätin Zwazl: Die Überbetrieblichen gehen zurück!) Nehmen Sie also jene Kürzungen, die unter Türkis-Blau passiert sind, im Sinne der jungen Menschen in unserem Land zurück! Geben wir den jungen Menschen, die sich in der Lehre befinden, die notwendige Wertschätzung, die sie auch verdienen! Nehmen Sie die Halbierung der Lehrlingsentschädigung für Volljährige in überbetrieblichen Lehr­werkstätten endlich zurück, damit das Einkommen der jungen Menschen auch zum Auskommen reicht! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

Wir brauchen gut ausgebildete Lehrlinge, um den starken Facharbeitermangel zu stoppen. Da haben Sie als Bundesregierung – wohlgemerkt vor der Covid-Krise – mit der Erweiterung der Mangelberufslisten den falschen Schritt gesetzt. Der richtige Schritt wäre gewesen, die Lehre zu stärken, anstatt Mangelberufslisten zu erweitern. Nutzen Sie aber zumindest jetzt die Gelegenheit und machen Sie gut, was Sie damals versäumt haben! Stärken Sie alle Ebenen der Aus- und Weiterbildung! Ihr Motto sollte sein: Wenn nicht jetzt, wann dann!  In ein paar Jahren ist es zu spät, jetzt müssen wir handeln.

Es liegt jetzt an der Regierung und an den Bundesländern, aktive Politik für die Jugend in unserem Land zu betreiben. Was hat die Regierung Kurz gesagt? – „Koste es, was es wolle“. Lassen Sie endlich Taten folgen! Die jungen Menschen in Österreich brauchen jetzt unsere vollste Solidarität. Sie brauchen eine Perspektive. Sie brauchen tatkräftige Unterstützung durch den Staat. Was sie nicht mehr brauchen sind sal­bungsvolle Versprechen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele von euch haben Kinder oder Enkelkinder, die möglicherweise alle eine höhere Schule besuchen werden. Ist es euch aber nicht auch wichtig, ihnen sagen zu können, dass ihr alles dafür getan habt, damit sie eine Lehrstelle bekommen und ihre Zukunft gesichert ist?

Die Jugend ist die Zukunft. Die Jugend ist die Gegenwart. Junge Menschen sind ein wich­tiger Bestandteil unserer Gesellschaft, und genau so müssen wir sie auch behandeln: als einen der größten Schätze, die wir haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.55

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.