15.11

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Mineralrohstoffgesetz – das klingt im ersten Moment ein wenig müde oder nicht gerade nach einem Thema, mit dem man jemanden hinter dem Ofen hervorholt, aber man könnte ein paar Dinge dazu sagen: Es geht um Menschenrechte, es geht um Kinderarbeit, es geht um Versklavung, es geht um Terrorfinanzierung. Jetzt schaut die Sache doch schon etwas anders aus.

Die Novelle zum Mineralrohstoffgesetz, die uns heute vorliegt, ist die nationale Um­setzung einer Verordnung der Europäischen Union, sie ist auf nationaler Ebene hin­sichtlich der Kontrolle und der Strafen umzusetzen, und das sieht in Österreich mager aus. Es ist derart auf dem untersten Level umgesetzt, dass man sagen muss, weniger ambitioniert geht es nicht mehr. Ich nehme einmal an, Herr Gross wird dann wieder eine lustige Rede halten, in der er das alles wieder verharmlost, aber es geht um Men­schenrechtskompetenz. Das war doch früher, glaube ich, eine grüne Visitenkarte, aber die ist ja seit Moria sowieso verschwunden. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Beispiel ginge es um die Verhinderung von Kinderarbeit im Bergbau, oder man hätte in dieses Gesetz – hört, hört! – die Beteiligung der Zivilgesellschaft einfügen kön­nen. Das wäre alles sehr, sehr wichtig gewesen, aber schauen wir jetzt einmal, warum wir das brauchen.

Es geht um den Abbau von Erzen, in diesem Fall von genau vier: Das ist Kassiterit oder Zinnerz mit 50 Prozent des weltweiten Handels; es wird im Kleinbergbau abgebaut. Das ist Coltan oder auch Tantalerz mit 26 Prozent, das ist Gold mit über 50 Prozent, und das ist Wolframit oder Wolfram mit ungefähr 6 Prozent. Diese Erze sind essenziell für die Fertigung von Elektrogeräten, insbesondere Computern und Mobiltelefonen, aber sie werden in Gebieten abgebaut, in denen Truppen und Milizen einen erheblichen Profit aus diesen Bergwerken schlagen, um ihren eigenen Zielen näher zu kommen und den Krieg mit Waffeneinkäufen zu verlängern.

Außerdem sind sie für verheerende Gewalttaten und gravierende Menschenrechts­verstöße verantwortlich, darunter – und das ist alles international belegt und erhoben – Vergewaltigung, Mord und Kinderarbeit. Zivilisten, die in der Nähe dieser betroffenen Gebiete leben, werden häufig unter sklavenähnlichen Bedingungen dazu herangezogen, an diesem illegalen Handel und Bergbau teilzunehmen, und das wirkt sich auf diesen Industriezweig aus. Das abgebaute Material wird dann meistens über andere Nach­bar­länder geschmuggelt und zum Beispiel in Fernost eingeschmolzen und kommt in einge­schmolzener Form wieder zurück.

Was wir in diesem Fall wollen, ist – und das sagt ja auch die EU-Verordnung –, dass jene, die diese mineralischen Rohstoffe wollen, auch über die Lieferkette verantwortlich sind, und sie sind damit verantwortlich dafür, unter welchen Bedingungen dieses Mineral gewonnen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Global Witness und The International Center for Conversion in Deutschland sagen: „Konfliktressourcen sind natürliche Ressourcen, deren systematische Ausbeutung und Handel im Kontext eines Konfliktes zu schwersten Menschenrechtsverletzungen, Verletzungen des humanitären Völkerrechts oder Verwirklichung völkerstrafrechtlicher Tatbestände führen kann“ – und in der Regel führt dies auch dazu.

Da gilt es wirklich wachsam zu sein, und deshalb können wir nur fordern, nicht den niedrigsten, sondern den höchsten Standard vorzusehen.

1998 – Sie alle werden mit dem Begriff etwas anzufangen wissen – gab es zum ersten Mal die Regelung bezüglich Blutdiamanten, also Diamanten aus Gegenden mit bürger­kriegsähnlichen Zuständen, an denen Blut klebt. Und am 21. Juli 2010 – Sie alle erinnern sich noch an Präsidenten Barack Obama – hat er in einem Act den generellen Verzicht amerikanischer Unternehmen auf die Verwendung derartiger Rohstoffe festgelegt. Da geht es um genau das, was wir hier in dieser Novelle heute diskutieren. In dem soge­nannten Dodd-Frank Act hat er die Unternehmen verpflichtet, die Verwendung von Rohstoffen, die aus dubiosen Gegenden kommen und unter Verletzung von Menschen­rechten und humanitären Völkerrechtsbestimmungen gewonnen werden, zu unterlas­sen.

Am 19. Mai 2017 hat die EU diese Richtlinie erlassen und jedes Mitgliedsland aufgefor­dert, die nationale Umsetzung zu machen – Österreich präsentiert eine Minimal­umset­zung ohne menschenrechtlichen und ohne kinderrechtlichen Anspruch, und das ist wirklich bitter. Wie auch immer sich Herr Gross dann herausreden wird, das ist unwahr. Es zeigt nur einmal mehr, wo Menschenrechtsstandards in dieser Koalition angesiedelt sind, nämlich am Ende.

Zum Schluss, weil ein Vorredner schon über Weihnachten gesprochen hat, weil wir schon bei kriegsbedingten Produkten und bei Kinderarbeit sind, noch einmal ein Appell, nicht nur an Sie, sondern auch an alle, die diese Sitzung mitverfolgen: Bitte lassen Sie die Finger davon, Kriegsspielzeug zu Weihnachten zu schenken! Das hat als Weih­nachtsgabe unter dem Christbaum wirklich nichts verloren. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

15.19

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ing.in Isabella Kaltenegger. – Bitte, Frau Bundesrätin.