15.27
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Es freut mich und es ist schön, dass sich die FPÖ über eine europäische Vorlage freut (Heiterkeit des Redners sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ) und auch ausdrücklich betont, dass ein internationaler Zugang notwendig ist. Also es ist gut, dass Sie das sagen. Das wäre übrigens hinsichtlich der Ausbreitung wirklich giftiger, gefährlicher Chemikalien natürlich genauso notwendig, was Sie aber vor einer Stunde offenbar nicht so gesehen haben. (Bundesrat Ofner: Dein Frühstück möchte ich auch haben! – Bundesrat Steiner: Ja, so ein Frühstück! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Jetzt aber zum Mineralrohstoffgesetz: Ja, es stimmt, es geht dabei wirklich um ein besonders sensibles Thema. Immerhin beruht unser Wohlstand in Europa, an den wir uns ja sehr gewöhnt haben, nicht unmaßgeblich darauf, dass wir Rohstoffe, Materialien aus anderen Regionen, und da vor allem aus afrikanischen Ländern, importieren. Wir alle wissen leider, dass die Geschichte dazu dunkel und lang ist. Während der gesamten Kolonialphase wurden zahllose Länder brutal ausgebeutet, Millionen von Menschen wurden versklavt, starben in Minen, auch in solchen von europäischen Konzernen. Leider ist diese traurige Geschichte, auch wenn die Kolonialherrschaft endlich zu Ende ist, einige Jahrzehnte später aber nicht abgeschlossen. Noch immer herrschen in Bergbaubetrieben mitunter katastrophale Bedingungen – unsäglich! –; wir haben Beispiele gehört.
Darüber hinaus führt bekanntlich nicht nur die Rohstoff- oder Materialgewinnung zu Menschenrechtsverletzungen und ökologischen Verwüstungen – das kommt ja auch noch dazu –, sondern allein schon der Umstand, in einem Land ein Vorkommen zu haben, reicht dafür aus, dass es immer wieder zu bewaffneten Konflikten, zu Kriegen um deren Besitz und um den späteren Zugriff zu Lagerstätten kommt.
Die Verantwortung gerade der europäischen Staaten ist groß. Es reicht aus unserer Sicht nicht und ist ethisch nicht vertretbar, Menschenrechte im eigenen Wirkungsbereich hochzuhalten – das ist notwendig –, aber sie außerhalb der europäischen Grenzen zu ignorieren. Das geht nicht. Es geht nicht, dass wirtschaftliche Interessen höher als grundlegende Menschenrechte gestellt werden. Es ist traurig genug, dass Verstöße gegen diese Prinzipien, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, immer noch Legion sind.
Die Verantwortung dafür ist natürlich breit geteilt und betrifft uns alle – jeden Einzelnen beim Einkauf von Produkten. Sie betrifft sehr stark Unternehmen, die Rohstoffe und Produkte jeder Art importieren und davon insbesondere angesprochen sind. Darum wurde mit der EU-Verordnung von 2017 – ja, es ist spät genug, keine Frage – zur Festlegung von Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für Unionseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten nichtsdestotrotz ein sehr, sehr wichtiger erster Schritt gesetzt. Weitere müssen folgen, das ist völlig klar. Ein großes Manko besteht zum Beispiel darin, dass Unternehmen, die Komponenten, die betroffene Rohstoffe und Materialien beinhalten, weiterverarbeiten, von den Sorgfaltspflichten derzeit nicht erfasst werden.
Es handelt sich bei dieser Verordnung um unmittelbar anwendbares EU-Recht, deswegen ist es auch nicht notwendig, alles zu übertragen – man könnte dies natürlich tun. Besonders werden darin die sogenannten Einführer – Unionseinführer – angesprochen. Diese werden sehr umfangreich zu Sorgfalt und Transparenz verpflichtet. Die Verantwortung der Importeure erstreckt sich auf die gesamte Lieferkette – das ist auch gut so –, inklusive der vorliegenden Verarbeitungsschritte, die damit mitgemeint sind. Dazu können sie sich auch auf Prüfungen unabhängiger Dritter stützen. Es gibt viele Bestimmungen zur Offenlegungspflicht, Meldepflichten und so weiter, trotzdem haben Mitgliedsstaaten einzelne Dinge noch zu implementieren und umzusetzen. Dabei geht es im Wesentlichen um die Verankerung und Durchführung nachträglicher Kontrollen von Betrieben, die unter diese Verordnung fallen. Das wird mit dieser Gesetzesnovelle umgesetzt.
Jetzt kommen die Dinge, die deutlich über die EU-Verordnung hinausgehen, und deswegen ist es keine Mindestumsetzung – da haben Sie nicht recht, Herr Schennach! (Bundesrat Schennach: Kein einziges geht darüber hinaus!) Darüber hinaus ist die zuständige Ministerin beziehungsweise die Behörde angehalten, die Namen der Unionseinführer betreffend Materialien entsprechend zu veröffentlichen. Die erläuternden Bestimmungen legen klar, dass dies zu tun ist. Das ist europaweit ein Novum. Die EU-Verordnung verlangt eine Pflicht für Unternehmen, aber kennt keine Verpflichtung der Behörden, Informationen zu veröffentlichen. Das ist schon ein sehr, sehr wichtiger Schritt.
Weiters ist es gelungen, dass nachträgliche Kontrollen – auch das ist in der EU-Verordnung nicht normativ verlangt und geht darüber hinaus – nicht nur von Amts wegen angeordnet werden können, sondern auch auf begründete Bedenken Dritter hin: Wenn also jemand Kenntnis von einem Sachverhalt bekommt – dass möglicherweise mit solchen Konfliktmaterialien nicht entsprechend umgegangen wird –, kann man diesen melden, und die Behörde hat eine nachträgliche Kontrolle zu veranlassen. Das ist schon sehr wichtig.
Was tatsächlich noch fehlt – das stimmt, aber das ist eine europäische Sache –: Derzeit sind in der EU-Verordnung keine Strafen für Vergehen vorgesehen. Es gibt, wie auch in der Umsetzung in Österreich, sehr wohl Strafen, wenn man den Berichtspflichten nicht nachkommt. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Sie sind nicht sehr hoch – das können wir noch verbessern, ich gestehe ein, dass da noch mehr gelingen könnte. Es ist aber leider so, dass bis jetzt zum Beispiel die Menschenrechtsverletzungen an sich nicht wirklich geahndet werden können, aber immerhin – man kann sich ja vorstellen, was für Diskussionen dazu abgehen und welche Lobbys dabei stark sind – verspricht jetzt die EU, es einmal zwei Jahre zu beobachten, und es ist wirklich nicht ausgeschlossen – wir hoffen das –, dass danach doch gemeinsame Sanktionen, die scharf genug sind, auf europäischer Ebene eingeführt werden.
Herr Schennach, Sie dürfen jetzt lachen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ja, bitte, das ist der Zeitpunkt, an dem Sie lachen können, ich behalte mir aber das Schlusswort vor. Auch wenn noch viel zu tun ist – keine Frage, völlig unbestritten –: Es ist ein Fortschritt im Sinne der Wahrnehmung einer ethischen Verantwortung der Länder der Europäischen Union, der Verteidigung unteilbarer Menschenrechte und der Transparenz. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
15.35
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.