19.06

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher via Livestream, sofern Sie zu dieser doch fortgeschrittenen Zeit noch dabei geblieben sind! Dieser Tagesordnungspunkt kommt über einen Entschließungsantrag der Freiheitlichen Partei zustande – wir haben es soeben gehört –, und er zeigt, dass der FPÖ jedes Mittel recht ist, um ein bisschen Aufmerksamkeit zu bekommen, denn sonst würde dieses Thema jetzt, im Nachtrag, wahrscheinlich nicht mehr diskutiert werden. Nun haben wir es aber auf der Tages­ordnung.

Das ist in Anbetracht eurer kritischen Situation grundsätzlich auch verständlich, anstatt aber mit guten und inhaltsstarken Argumenten zu kommen, macht ihr das mit reinem Populismus. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Was ist da Populismus, bitte? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ihre Vorschläge zum Coronamanagement, wie die Empfehlung, nicht an den Massen­tests teilzunehmen (Bundesrat Spanring: Vielen Dank für die Beurteilung! Die Wahrheit der ÖVP! Von Gott gegebene Meinung!), oder das beispiellose Theater Ihres Abgeord­neten­kollegen Schnedlitz mit dem Cola-Coronatest letzte Woche im Nationalrat, zeigen, dass Sie nur auf billige Stimmungsmache aus sind. Das machen Sie mit diesem Antrag nun auch. – Gut. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen. – Wider­spruch bei der FPÖ.)

Im Gegensatz zu euch ist es uns egal (Zwischenrufe der BundesrätInnen Steiner und Steiner-Wieser), ob die Gesetzesanpassung Wählerstimmen bringt – lassen Sie mich ausreden, lieber Kollege! – oder momentan gerade populär ist. (Bundesrat Ofner: Die haben 45 Jahre gearbeitet, im Gegensatz zu ...! ... ist es uns egal ...!) Uns geht es um die Sache und um eine faire Ausgestaltung des Generationenvertrags, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. (Ruf bei der FPÖ: Ja ja!) Ich vertrete hier die Interessen aller Arbeitnehmer und nicht nur jener, die kurz vor Inanspruchnahme der Hacklerpension stehen (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen – Bundesrat Steiner: Das ist ein Skandal!), und deshalb lade ich Sie gerne nochmals ein, mit mir gemeinsam die Fakten genauer anzusehen. (Bundesrat Spanring: 45 Jahre arbeiten müssen und sich dann von einer jungen Politikerin sowas sagen lassen müssen, das ist eine Frech­heit, das ist ein Skandal! – Bundesrat Bernard: Unfassbar!)

Als Erstes stellen wir uns die Frage, ob es sich bei der abschlagsfreien Hacklerregelung um eine Umverteilung von Jung zu Alt handelt, und wenn ja, ob diese sozial gerecht­fertigt ist.

Zur Umverteilung von Vermögen haben wir in Vorarlberg eine Modellrechnung eines Idealfalls eines Einzahlers in unser Pensionssystem durchgeführt. Dieser Dienstnehmer hat eine Lehre als Werkzeugmechaniker gemacht, und er hat sein ganzes Leben durchgehend gearbeitet. In den letzten Jahren vor der Pension hatte er eine leitende Funktion inne und hat somit auch überdurchschnittlich gut verdient.

Was glauben Sie jetzt, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, was bei einem solchen Idealfall eines Einzahlers in unser Pensionssystem herausgekommen ist? – Würde dieser Dienstnehmer mit 65 Jahren in Pension gehen, also im Regelpensionsalter, dann wäre nach Sterbetafeln der Deutschen Aktuarvereinigung die faire Rente um 7 Prozent niedriger, als sein Pensionsausweis diese bescheinigt. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Das sind Nettozahler!)

Das heißt jetzt, dass es selbst bei einem idealtypischen Fall wie diesem, der nicht einmal die Hacklerregelung in Anspruch genommen hat, im Erwartungswert zu einer Quer­finanzierung von Jung zu Alt kommt. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Die jetzigen und zukünftigen Arbeitnehmer zahlen also solche Zuckerl. (Ruf bei der SPÖ: Habt ihr das notwendig? – Bundesrat Spanring: Der hat aber sein Leben lang schon ... finanziert! Versteht ihr das nicht? Der hat ja Steuern gezahlt sein Leben lang! Das ist zum Schämen, was ihr da abliefert!)

Damit nicht genug, wird unser Schuldenrucksack immer größer, denn wir und die nach­folgenden Generationen sind es, die jetzt aufgrund der Coronakrise getätigte Schulden tragen müssen (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ – Vizepräsidentin Grossmann gibt das Glockenzeichen) – aber auch die jetzigen Arbeitnehmer, deren Enkel und Urenkel haben ein Recht auf eine faire Rente, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Nachdem nun geklärt ist, dass es sich um eine Umverteilung handelt, stellen wir uns jetzt noch die Frage, ob diese Umverteilung aufgrund der Hacklerregelung auch sozial gerechtfertigt ist, und da rufe ich gerne nochmals die Zahlen in Erinnerung. (Bundesrat Spanring: Und vor der Wahl habt ihr mitgestimmt, gell? Da wart ihr ...! – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Pensionisten, die die Hacklerregelung in Anspruch neh­men, bekommen eine durchschnittliche Pension von 2 845 Euro. Die durchschnittliche Alterspension von Männern liegt im Vergleich dazu bei 2 064 Euro; also sogar mit Abschlägen verdienen die Hacklerpensionisten mehr als der männliche Durchschnitts­rentner. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Das schaue ich mir aber an!)

Sie wollen jetzt also Geld von Arbeitnehmern nehmen, um die ohnehin schon über­durchschnittlich hohe Rente der Hacklerpensionisten weiter zu erhöhen, und jetzt frage ich Sie nochmals: Ist das fair? (Bundesrätin Steiner-Wieser: Überdurchschnittlich, über­durch­schnittlich! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es ist mir jetzt schon klar, dass die FPÖ auf diese objektiven Argumente keine Antwort haben wird (Bundesrat Spanring: Ja, ja!) außer ihre Standardfloskeln, nämlich: 45 Arbeitsjahre sind genug!, oder – wie Ihre freiheitliche Kollegin bei der letzten Plenarsitzung gesagt hat (Bundesrat Ofner: Wie ihr mit den Leuten umgeht!) –, dass wir Jungen noch mit der Mücke geflogen sind, als die jetzigen Hacklerpensionisten schon lange ins Pensionssystem einbezahlt haben. (Bundesrat Spanring: Wie alt sind Sie, Frau Kollegin? Sie sind noch nicht einmal so alt, wie die einbezahlt haben! Das ist das Schlimme! Sie sind noch nicht einmal so alt, wie diese Menschen gearbeitet haben!) Aber eine objektive Argumentation, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, würde voraussetzen (Ruf: Bitte, kann die Frau Bundesrätin ausreden?), dass man bereit ist, ökonomische Zusammenhänge zu verstehen und die Grundrechenarten anzuwenden. Mir scheint, das ist nicht so die Stärke der Freiheitlichen Partei. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Spanring: Das ist eine Schande für Österreich! Unfassbar!)

Sie haben sich stattdessen dazu entschieden, bei dem zu bleiben, was Sie gut können, das sind inhaltslose Floskeln, Polterei und Populismus. (Bundesrätin Hahn: Aber ihr könnt es ...!) Das ist nicht der Weg der Volkspartei. (Ruf bei der FPÖ: Und ihr seid 34 Jahre in der Regierung und habt sie heruntergewirtschaftet!) Uns geht es um Inhalte und um eine faire Ausgestaltung des Generationenvertrags, und deshalb werden wir diesem Entschließungsantrag nicht zustimmen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.12

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Es ist nichts gegen eine lebendige parlamentarische Debatte mit Zwischenrufen einzuwenden, aber ich bitte Sie wirklich auch um Disziplin, damit man die Rednerin jedenfalls überall im Saal noch gut hören kann. Ich bitte da wirklich auch um die Disziplin (Beifall bei der ÖVP), die der Würde des Hauses entspricht! (Bundesrat Steiner: Der hat ja ein Mikrofon, der Redner!)

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist nun Herrn Bundesrat Günter Kovacs. – Bitte.