10.18

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer zu Hause vor den Fernsehgeräten! Das Thema Rechtsextremismus oder Extre­mismus ist in Österreich gerade auch durch die verheerende Terrortat in Wien wieder in den Fokus gerückt, aber auch wenn wir es vorher nicht so vor Augen hatten, muss uns eines klar sein: Extremismus hat es in den unterschiedlichsten Ausprägungen und unter­schiedlichsten zeitlichen Abfolgen immer gegeben. Dauerhaft ausrotten wird man extre­mistische Ansätze nicht können, deshalb stellt sich für mich, für uns die Frage: Wie be­gegnen wir ihnen, und was tun wir dagegen – wir als Zivilgesellschaft, aber natürlich auch die österreichische Exekutive und die Justiz?

Ein wichtiger Schlüssel zur Verhinderung von Extremismus ist zweifellos Prävention. Da­zu braucht es zum einen eine unmissverständliche und klare Haltung unserer Gesell­schaft und zum anderen Aufklärung und Information. Allen muss klar sein: Wir wollen und dulden das nicht, weder von rechts noch von links, und auch nicht, wenn irgendein radikaler Glaube vorgeschoben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr vorsichtig positiv darf man das vorgestellte Terrorpaket der Regierung bewerten, weil es sich jetzt anscheinend doch gegen alle Facetten des Extremismus richtet und nicht nur gegen den politischen Islam. Andernfalls würden Sie, Herr Minister, wieder Probleme mit unserer Verfassung bekommen.

Ganz wichtig ist uns auch und wir sind froh darüber, dass dieses Gesetz in Begutachtung gehen wird. Als SPÖ wollen wir betonen, dass wir uns alle gemeinsam nicht einschüch­tern lassen, aber es auch klar sein muss, dass keine Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger durch überzogene Maßnahmen gefährdet werden dürfen. (Beifall bei der SPÖ.)

Klar ist auch, Prävention braucht Ressourcen, finanzielle wie personelle. Und was wir noch brauchen, sind funktionierende Geheimdienste, eine lückenlose und schnelle Kom­munikation und die beste Zusammenarbeit auf allen Ebenen der Polizei und Justiz. Da, Herr Minister, kann ich Ihnen leider kein sehr gutes Zeugnis ausstellen, denn gerade der letzte so tragische Terrorakt hat gezeigt, dass es vor dieser Tat eine ganze Reihe von Pannen im österreichischen Sicherheitssystem gab, und dafür sind Sie und Ihre ÖVP-Vorgänger im Innenressort leider auch mitverantwortlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir kennen die politische Einflussnahme der ÖVP auf vielen Ebenen und in vielen Be­reichen, aber gerade im Polizei- und Geheimdienstapparat, und den kenne ich sehr gut, haben Sie jahrelang Parteigünstlinge untergebracht und zu wenig Wert auf Objektivität, Qualität und Unabhängigkeit gesetzt. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Weil das vorhin erwähnt wurde: Ich rede hier nicht von jenen Kolleginnen und Kollegen, die auf der Straße Dienst machen, ich rede von Ihnen und der Chefetage, also von jenen, die Weisungen und Anordnungen erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

Armselig, wirklich armselig ist auch, wenn Sie diese Verantwortung bis dato in Abrede stellen und die Schuld auch noch bei anderen suchen, in diesem Fall bei der Frau Jus­tizministerin.

Wir brauchen also einen klaren Systemwechsel für unsere Sicherheit, eine Reformof­fensive mit garantierter ÖVP-Unabhängigkeit und vor allem die Einbindung des Parla­ments. (Beifall bei der SPÖ.)

Bedanken möchte ich mich natürlich auch bei allen Kolleginnen und Kollegen, die an diesem so tragischen Tag im Einsatz waren, sie haben Unglaubliches geleistet und wa­ren ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit für uns im Einsatz.

Eines möchte ich Ihnen, Herr Minister, heute noch mitgeben, es ist ein wichtiges Thema, das gerade in den letzten Tagen wieder so tragisch aufgebrochen ist. Sie wissen, es leben noch immer Tausende Flüchtlinge auf den griechischen Inseln, darunter viele Kin­der und Jugendliche, in überfüllten Lagern unter menschenverachtenden Bedingungen. Sie leben im Dreck, sie leben in der Kälte, in der Nässe und werden, wie wir aus den Medien wissen, von Ratten angenagt. Das ist auf den Punkt gebracht beschämend! (Beifall bei der SPÖ.)

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Kollege, Ihre Redezeit ist aus. Bitte um den Schlusssatz!

Bundesrat Dominik Reisinger (fortsetzend): Ich komme zum Schluss. – Es ist zutiefst scheinheilig, wenn die ÖVP zu einem vorweihnachtlichen Gebetsevent im Parlament lädt, gleichzeitig aber die gepredigte Nächstenliebe und Menschlichkeit vermissen lässt. Leider schmücken sich auch die Grünen bei diesem Thema nicht.

Schauen wir also bitte nicht länger zu, holen wir die Kinder aus dieser Hölle! Herr Minis­ter, werden Sie aktiv!

Und eines noch: Bitte hören Sie auf, dieses Thema mit Ihrer Sprache ständig zu militari­sieren!

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Kollege, bitte, die Redezeit ist aus!

Bundesrat Dominik Reisinger (fortsetzend): Ich bin am Ende. (Heiterkeit bei der FPÖ.) In diesen Camps herrscht kein Kriegszustand, sondern Menschenleid. Es braucht eine sachliche und objektive Rhetorik, bitte zeichnen Sie die richtigen Bilder in den Köpfen der Menschen, ohne sie zu verängstigen oder sie zu verstören! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.24

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.