10.30

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zu­schauer! Es ist wahrscheinlich ein bisschen bedauerlich für alle, die über das Fernsehen jetzt zuschauen, dass ein Thema, das so ernst ist und bei dem wir eigentlich alle im selben Boot sitzen, auch für gegenseitige Schuldzuweisung gebraucht wird, wo es doch vielmehr Zusammenhalt bräuchte. Ich finde das eigentlich sehr bedauerlich. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Vizepräsidentin Grossmann übernimmt den Vorsitz.)

Man darf ja über die Maßnahmen diskutieren, das ist ja alles gut und schön, aber wir sind doch da wirklich in einem Boot. Dieser Anschlag am 2. November war ein Anschlag gegen uns alle. Und wenn Sie – Herr Kollege Ofner war das, glaube ich – davon spre­chen, dass es eine Verhöhnung der Opfer ist, dann darf ich Ihnen vielleicht sagen: Eines der Opfer kannte ich persönlich sehr gut, die Gudrun, die am 2. November gestorben ist. Sie kommt aus derselben Community wie ich. Ich habe sie in all den Jahrzehnten, seit ich arbeite, sehr gut kennengelernt, und sie würde sich jetzt umdrehen und entsetzt sein über das, was Sie heute gesagt haben. Gudrun kommt aus der LGBTIQ-Community, hat sich ihr ganzes Leben lang für Menschenrechte eingesetzt, hat sich das ganze Leben lang für ein Gemeinsam eingesetzt. Ein anderes Opfer – das ich nicht kannte – war auch ein Muslim, war ein Fußballspieler, der im Fußball gelernt hat, dass verschiedene Men­schen in all ihrer Diversität zusammenspielen können und man nur als Mannschaft funk­tionieren kann. Das ist die Lehre vom 2. November: dass wir uns das Miteinander-Spie­len und den Zusammenhalt nicht wegnehmen lassen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wenn Sie auch so irgendwie den Grünen die Schuld daran, dass es Terror gibt, zuwei­sen wollen, darf ich Ihnen vielleicht einen Tweet vorlesen  Sie müssen jetzt zwei Wo­chen dazudenken, denn der Tweet ist vom 8. Dezember –:

„Heute bin ich genau seit 12 Wochen in meiner Freiheit eingeschränkt.

Seit 11 1/2 Wochen unter Polizeischutz.

Seit 11 Wochen unter strenger Dauerüberwachung.

Wenn der ganze Wahnsinn vorbei ist, werde ich alleine stundenlang durch Wien spazie­ren gehen!

Allein der Gedanke schön!“

Dieser Tweet ist von einer Landtagsabgeordneten, von Berîvan Aslan, einer Abgeordne­ten kurdischer Herkunft – sie ist in Wien Abgeordnete der Grünen –, die nicht ohne Be­gleitung und ohne Schutz ihre Wohnung verlassen kann. (Bundesrat Steiner: So wie der Dritte Präsident! Dem geht es genauso, wegen den Linksextremen!) Und ich sage Ihnen jetzt eines, liebe Kollegen von der FPÖ (Bundesrat Steiner: Dem Dritten Nationalrats­präsidenten geht es genauso!): Wenn das einem Ihrer Abgeordneten passieren würde (Bundesrat Steiner: Dem Dritten Präsidenten des Nationalrates, dem passiert es ge­rade, wegen eurer linken Hetze!), dann würde ich hier stehen und solidarisch mit Ihrem Abgeordneten sein, wenn dieser aufgrund von Freiheitseinschränkung seine Wohnung nicht verlassen dürfte. Dann wäre ich solidarisch mit ihm. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Steiner: Dem Dritten Präsidenten des Nationalrates passiert es gerade! Seit Monaten! Sie Heuchler! – Ruf: Hallo!)

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann (das Glockenzeichen gebend): Herr Kol­lege! Auch bei Zwischenrufen gilt es, die Würde des Hauses zu wahren. (Bundesrat Steiner: Sagen Sie das dem Kollegen!) Ich sage es Ihnen! Für den Ausdruck „Heuchler“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Danke!)

Bundesrat Marco Schreuder (fortsetzend): Ich möchte mich bei allen Zuschauerinnen und Zuschauern vor den Fernsehern entschuldigen, dass das hier in diesem Haus pas­siert. Es war hier im Bundesrat schon ein besserer Ton zu hören.

Wir haben ein Antiterrorpaket vorgestellt, und in diesem Antiterrorpaket gibt es Maßnah­men und Schritte, die besonders wichtig sind, und ich möchte das schon auch betonen: 8 Millionen Euro für Extremismusprävention, und diese Prävention, das, was wir eigent­lich auch in der Coronadiskussion gesagt haben – schau auf dich, schau auf mich! –, ist auch der Schlüssel, der eigentlich bei allen Sicherheitsmaßnahmen hilft. Es ist ja be­kannt: In welcher Region und in welcher Nachbarschaft gibt es die meiste Sicherheit, wo gibt es die wenigsten Einbrüche? – Nicht dort, wo die teuersten Alarmanlagen sind, son­dern wo die Nachbarn und Nachbarinnen aufeinander schauen.

Das brauchen wir jetzt auch, und das werden wir bei diesem Präventionskonzept jetzt machen – in den Schulen, in den Sportvereinen. Ich halte Sport übrigens für einen ganz zentralen Bereich. Ich habe den Fußballspieler, der am 2. November leider gestorben ist, schon erwähnt. Miteinander zu spielen und dass wir nur als Mannschaft funktionie­ren, das lernt man im Fußball, und das sollten wir im Bundesrat auch manchmal etwas mehr beherzigen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.35

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich darf nun Herrn Bundesrat Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky ans Rednerpult bitten. – Bitte sehr, Herr Kollege. Re­dezeit: 5 Minuten.