10.39

Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Ganz kurz, weil auch noch andere Themenbereiche ange­sprochen worden sind, die aus meiner Sicht sehr wesentliche sind:

Das eine ist die Frage: Wie schaffen wir es, das Coronavirus nachhaltig zu bekämpfen? Das ist eine jetzt schon sehr beschwerliche Geschichte für die Menschen in Österreich, weil sie unter der Last des Virus leiden. März und April waren besonders intensiv, dann zeichnete sich im Mai und Juni schon eine positive Entwicklung ab. Im Juli und August hatten wir dann ganz niedrige Infektionszahlen und auch niedrige Belagszahlen in den jeweiligen Krankenhäusern und vor allem auf den Intensivstationen. Seit September stiegen die Infektionen dann wieder sprunghaft an, und mittlerweile, im November und Dezember, haben wir dramatische Situationen in unseren Krankenhäusern.

Wir haben es jetzt mit dem Lockdown geschafft, die Infektionszahlen wieder von 9 000 auf circa 2 300, 2 400 Infizierte pro Tag zu senken. Das ist nach wie vor hoch, nach wie vor besorgniserregend, weil der sprunghafte Anstieg der Infektionen wieder zu einer sehr herausfordernden und schwierigen Situation in den jeweiligen Spitälern führen kann.

Das heißt, ich appelliere auch von dieser Stelle aus an die Österreicherinnen und Öster­reicher, an die Menschen, die in Österreich leben, sich an die Maßnahmen zu halten, nicht nur im öffentlichen, sondern auch im privaten Bereich. Es ist jedem bewusst, vor allem allen, die hier im Raum sitzen, dass das Abstandhalten, die Handhygiene, das Mund-Nasen-Schutz-Tragen mühsam ist.

Der Mund-Nasen-Schutz ist für mich übrigens ein ganz wesentlicher Beitrag, die Pande­mie zu bekämpfen, weil er nämlich einen ganz positiven, humanistischen Zugang aus­drückt: Wer den Mund-Nasen-Schutz trägt, schützt sich, schützt vor allem aber auch sein Gegenüber. Das heißt, das wechselseitige Rücksichtnehmen, dieses Schau-auf-dich, Schau-auf-mich, ist aus meiner Sicht jetzt eines der wesentlichsten Gebote, die wir alle erfüllen müssen, damit wir keine neue große Infektionswelle bekommen. Da braucht es eben diesen gemeinsamen Schulterschluss und all die Maßnahmen, die jetzt be­schlossen worden sind, auch eingedenk der Tatsache, dass sie wieder eine Beschwernis für die Menschen bedeuten. (Bundesrat Steiner: Sollen wir’s vielleicht unterm Christ­baum auch noch aufsetzen?)

Zum Thema Situation auf Lesbos und Flüchtlinge, weil es heute schon angesprochen worden ist – und das ist mir sehr wichtig –: Das ist für uns auch in der Koalition eine herausfordernde Situation, weil wir da unterschiedliche Zugänge haben. Ich möchte dar­legen, was aus unserer Sicht, aus meiner Sicht als Innenminister, aber auch aus Sicht des Bundeskanzlers wichtig ist.

Wir haben zu jeder Zeit Griechenland im vollen Umfang Hilfe angeboten (Zwischenrufe bei der SPÖ) und Griechenland auch vor Ort unterstützt, als es darum ging, diese schwierige Situation zu bewältigen. Das ist für mich im Gesamtdiskurs wichtig, weil es nämlich auch europäische Solidarität zeigt.

Als das Feuer in Moria ausgebrochen ist, wurde mir zum Vorwurf gemacht, wir bringen die falschen Bilder, weil wir darüber gesprochen haben, dass Rettungskräfte beim Lö­schen des Brandes behindert worden sind, dass sie behindert und angegriffen worden sind, als sie tatsächlich Erste Hilfe leisten wollten, dass Scheiben zerborsten sind. Ich kann Ihnen gerne die Fotos des griechischen Bürgerschutzministers zeigen, die er mir übersandt hat und die zeigen, in welcher Ausnahmesituation die griechischen Behörden in dieser Brandnacht waren.

Die, die den Brand gelegt haben, haben keinerlei Rücksicht auf die Menschen, keinerlei Rücksicht auf die Kinder genommen. Sie haben bewusst in Kauf genommen, dass da Menschen sterben können. Die griechischen Behörden, inklusive des Ministerpräsiden­ten, haben ab diesem Zeitpunkt sofort gewarnt: Es gilt, alles zu tun, um den sogenannten Moriaeffekt zu verhindern. Es gibt mehrere Inseln, auf denen diese Lager sind, ich war selbst auf Chios und konnte mich davon überzeugen; und ja: Die Umstände dort sind zum Teil katastrophal. (Bundesrätin Grimling: ... kein einziges Kind!)

Wenn es jetzt wiederum darum geht, ob wir darüber reden oder tatsächlich handeln, so kann ich sagen: Österreich hat immer gehandelt. Wir haben 55 Tonnen Hilfsgüter sofort hinuntergeschickt. (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Hahn, Grimling und Schumann.) Wir haben über 180 Wohn- und Sanitärcontainer sowie 3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Jetzt etwas zur Bilanz der Hilfe: Österreich hat 2020 bereits 5 000 Kindern Schutz ge­währt. Österreich liegt bei den Schutzgewährungen bei unbegleiteten Minderjährigen un­ter 27 EU-Staaten an zweiter Stelle (Ruf bei der SPÖ: Ja, dann bleiben wir dabei!) und bei den Schutzgewährungen für Asylsuchende generell an dritter Stelle – unter 27 EU-Mitgliedstaaten! Das heißt, den Österreicherinnen und Österreichern, den Menschen, die in Österreich leben, der Republik Österreich zu unterstellen, sie tun nichts und helfen nicht, entspricht einfach nicht den Fakten.

Wir sagen: Wir müssen alles tun, um vor Ort zu helfen. Selbst jene Länder, die bereit waren, Flüchtlinge aufzunehmen, wie die Bundesrepublik Deutschland, hat der griechi­sche Ministerpräsident dringend ersucht, nur Menschen mit abgeschlossenem Asylver­fahren tatsächlich überhaupt von Griechenland nach Deutschland zu bringen, und zwar nur vom Festland, um nicht diesen Moriaeffekt zu erzielen. Genau so ist es auch durch­geführt worden: Da wurde kein einziges Kind und kein einziger irregulärer Migrant von Lesbos nach Deutschland gebracht. (Vizepräsidentin Grossmann gibt das Glockenzei­chen.)

Es braucht also diese Hilfe vor Ort, es braucht die entschlossene Hilfe vor Ort, und das in aller Konsequenz. Das ist notwendig und klar. Und ja: Wir unterstützen nach wie vor die griechischen Behörden und fordern sie auf, beständig die Situation vor Ort zu ver­bessern, und wenn sie Hilfe brauchen, wird Österreich auch weiter an der Seite der grie­chischen Regierung stehen, um vor Ort auch tatsächlich zu helfen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

10.46

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.