15.25

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Hohes Präsidium! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ich darf mich in meinem Redebeitrag auf die Tagesordnungs­punkte 19 bis 23 beziehen, unter denen eine große Zahl an Änderungen und ein neues Gesetz beschlossen werden sollen. Geschuldet ist die Notwendigkeit in großen Ab­schnitten natürlich der nach wie vor sehr angespannten Situation, der Verlängerung der Maßnahmen zum Infektionsschutz und der damit einhergehenden dringend notwendi­gen Hilfen für die Wirtschaft.

Es ist ein breites Spektrum, und ich will mit dem beginnen, zu dem wir unsere Zustim­mung geben: Wir werden Tagesordnungspunkt 20 zustimmen, einem Gesetz, das das COVID-19-Fondsgesetz, das Härtefallfondsgesetz und weitere Gesetze abändert, da es damit zu einer Erhöhung der Transparenz durch die erweiterten Berichtspflichten über den Krisenbewältigungsfonds, den Härtefallfonds, den Non-Profit-Organisationen-Hilfs­fonds und von AMS-Maßnahmen kommt, was zu begrüßen ist.

Auch das unter Tagesordnungspunkt 21 angesiedelte Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden, findet unsere Zustim­mung. Es verankert die Verlängerung der Möglichkeit von Haftungen nach dem KMU-Förderungsgesetz und dem Garantiegesetz.

Schwerer wird es dann aber schon bei den anderen Gesetzesänderungen. Ich möchte gleich anfangs auch dazu sagen, dass es eigentlich nirgends eine inhaltliche Begutach­tung gegeben hat. Der Beschluss betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normver­brauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden, zielt ja auf Ökologisierung ab. Nur: Wo ist sie, die Ökologisierung dieser Steuerreform? Ein großer Wurf ist das bestimmt nicht. Ja, es bleibt die Begünstigung des Jobtickets, aber das Monatsticket kommt erst ab 1.7.2021 hinein. Die NoVA für die großen, spritfressenden SUVs kommt erst ab 1.7.2021, dafür werden die Klein-Lkws von Kleinunternehmen NoVA-pflichtig. Das Dieselprivileg wird nicht abgeschafft. Es werden nicht einmal Zahlen über die zu erwartenden Steuereinnahmen und die zu erwartende CO2-Reduktion vorge­legt.

Wenigstens wurde mit dem Elektrizitätsabgabegesetz erreicht, dass die Bahn von der Energieabgabe befreit wurde – ein umweltfreundliches öffentliches Verkehrsmittel, das den Strom selbst erzeugt –, aber die Wiener Linien fallen durch den Rost. (Rufe bei der ÖVP: Oh ...! – Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Ja, ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Dort gibt es ganz viele Nutzer im öffentlichen Bereich, und irgendwie ist das sehr halbherzig.

Besonders schwierig wird es aber bei den vielen anderen Gesetzesänderungen. Auch da gibt es keine Zahlen über die steuerlichen Auswirkungen; diese konnten nicht vorge­legt werden. Mit der Änderung des Einkommensteuergesetzes fällt jetzt zum Beispiel auch die Verpflichtung der Lohnsteuerverrechnung für ausländische Dienstgeber, die im Inland keine Betriebsstätte haben, aber sehr wohl inländische Dienstnehmer beschäfti­gen, stattdessen kam die irgendwie seltsam anmutende Freiwilligkeit für die Lohnsteuer­einbehaltung und -abfuhr.

Im Umsatzsteuergesetz ist die Änderung für Kleinstreparaturen  eine Reduktion auf 10 Prozent Umsatzsteuer – enthalten, aber irgendwie hätte es da wohl auch ein biss­chen mehr geben können. Das würde nicht schaden und sollte gerade den Grünen wich­tig sein, denn schließlich ist Reparieren ressourcenschonend und damit umweltscho­nend. (Beifall bei der SPÖ.)

Natürlich ist es sinnvoll und angebracht, die Umsatzsteuersenkung für den Bereich der Gastronomie und der Kultur bis Ende 2021 zu verlängern. Diese Branche befindet sich ja sowieso auf einer Hochschaubahn, wobei sie das Hoch heuer ganz selten erreicht hat. Im ersten Lockdown war es ganz, ganz schwer, im zweiten Lockdown gab es wieder ein Betretungsverbot, wenn auch mit entsprechendem Umsatzersatz, der auch die Ver­luste aus dem ersten Lockdown Gott sei Dank ein bisschen entschädigt.

Was ist aber mit den anderen? Was ist mit der ganzen Zulieferwirtschaft? Was ist mit dem Konditor, der kein Betretungsverbot hat, aber auch keine Kunden, weil die Gastro­nomie und die Hotellerie wegfallen? Was ist mit den Putzereien, die sich zum Beispiel auf Gastronomie- und Hotelleriewäsche spezialisiert haben? Die haben zwar kein Betre­tungsverbot, aber auch keine Kunden. Die bekommen einfach wie so viele andere, die das betrifft, viel zu wenig.

In der ersten Welle kam die Unterstützung zu spät. In der zweiten, jetzt, frage ich mich, wie treffsicher sie ist. Wir wissen, dass der Nichtlebensmittelhandel einen enormen Um­satzeinbruch erfährt, allein in den letzten beiden Monaten betrug dieser 14,7 Prozent. Wir wissen, dass 6 500 Handelsbetriebe akut insolvenzgefährdet sind, und das betrifft sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Diese Regierung heftete sich immer auf die Fahnen und trägt vor sich das Mantra her: Wir müssen um jedes Unternehmen kämpfen! – Die Unternehmen kämpfen selbst, ge­meinsam mit ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, und sie kämpfen hart. Sie müssen nur treffsicher unterstützt werden. Man muss ihnen unter die Arme greifen, und zwar nicht nur mit finanziellen Mitteln, sondern auch mit Handwerkszeug.

Ich muss es noch einmal sagen: Das Kaufhaus Österreich war es einfach nicht. 620 000 Euro Steuergeld sind dafür investiert worden, aber Furore macht es nicht, außer bei Sendungen wie „Hoppala“ oder „Pleiten, Pech und Pannen“. Aber was passiert jetzt? Schreiben wir das ab? Tun wir so, als ob nichts gewesen wäre? Das kann es ja wirklich nicht sein! Das Geld ist jetzt einfach pfutsch! Oder gibt es ein Konzept dafür, wie es weitergeht, wie man es verbessert, was man daraus macht?

Wie es aber auf keinen Fall geht, ist, dass diese Unternehmen, die jeden Tag kämpfen, die ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen behalten wollen, die vielen KMUs und EPUs, die in absehbarer Zeit wieder die gestundeten Abgaben und Steuern zu begleichen haben werden, vor den Kopf gestoßen werden, indem ein Konzern wie Novomatic 2,4 Millionen Euro Umsatzersatz kassiert. Der Eigentümer von Novomatic ist einer der reichsten Österreicher. Das Glücksspiel ist, glaube ich, ein sehr einträgliches Geschäft auf dem Rücken der Menschen – und da fließt das Geld hin? Andere nehmen Kurzarbeit in Anspruch und schütten sich dann selbst Dividenden aus, die vielen HeldInnen des Alltags, die so gefeiert und beklatscht wurden, warten aber noch immer auf den Corona­tausender. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Arbeitslosen müssen sich noch immer mit einer Nettoersatzrate von 55 Prozent durchkämpfen, und das in einer Zeit, in der die Arbeitslosenzahlen so hoch sind, dass die Jobaussichten wahrlich nicht gut sind. Amazon macht den dreifachen Umsatz und unsere Buchhändler durften sich dann über die Gnade, ein paar Hundert Euro zu erhal­ten, freuen. Treffsicher und fair ist das nicht.

Dann kommt das Gesetz, wonach die Förderungen des Bundes an ein steuerliches Wohlverhalten geknüpft sind. Also steuerliches Wohlverhalten – halbherzig oder aber mit viel Herz für eine ganz kleine, erlesene Gruppe, möchte ich da sagen! Die SPÖ hat von Beginn an gefordert, dass Förderungen an die Erhaltung von Arbeitsplätzen und die ordentliche Steuerabgabe gebunden sind.

Was bedeutet für diese Regierung steuerliches Wohlverhalten? Dass man nach wie vor eine Tochterfirma in einer Steueroase haben darf, nur selbst dort seinen Sitz nicht haben sollte, um trotzdem Förderungen zu bekommen? Dass es einen Freibetrag von 100 000 Euro gibt, um den man die Bemessungsgrundlage kürzen darf, und trotzdem Förderungen bekommt? Da muss sich jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehmerin, jeder EPUler vorgeführt vorkommen!

Dann bleibt noch immer die Frage: Wer zahlt die Krise? Wieder die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die EPUler, die KMUs, die Pensionistinnen und Pensionisten? Soll der Pensionsraub weitergehen, nach der Streichung der Hacklerregelung, nach der Kür­zung der Pensionen?! Alle sollen zahlen, nur nicht die Reichen?! Besser die Kluft zwi­schen Arm und Reich noch größer werden lassen?!

Immer wieder hat die Regierung in teuer bezahlten Werbeeinschaltungen die Menschen zu Solidarität aufgerufen. Jetzt ist es definitiv an der Zeit, diese Solidarität von den Reichsten einzufordern, von jenen, die auch von der Krise profitiert haben.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Solidarabga­be für Millionäre statt Steuer-Millionen für Glücksspielkonzerne und Luxushotels“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine gerechte Krisenbewältigung und -finanzie­rung sicherzustellen und folgende Punkte zur Umsetzung zu bringen:

1. Die Einführung einer Solidarabgabe für Onlinekonzerne wie Amazon und für Millionäre zur Finanzierung der Kosten der Krise ist sicherzustellen.

2. Die Überförderungen mittels Umsatzersatz etwa bei Luxushotels für nicht verkauften Champagner oder bei Glücksspielunternehmen für Wetteinsätze sind einzustellen. Die dadurch freiwerdenden Budgetmittel sind stattdessen armutsgefährdeten und arbeitslo­sen Menschen (Erhöhung der Nettoersatzrate auf 70%) zur Verfügung zu stellen.

3. Es braucht wirksame Wirtschaftshilfen für Unternehmen, die indirekt hart von den Lockdowns betroffen sind (vom Taxigewerbe bis zu Kultur-Veranstaltern).

4. Die Wirtschaftshilfen sind an ein umfassendes Dividendenverbot (rückwirkend und für die Zukunft) sowie eine umfassende Arbeitsplatzgarantie zu koppeln.

5. Die Kürzungen der Pensionen für alle künftigen Pensionistinnen und Pensionisten sowie die Abschaffung der abschlagsfreien Pension nach 45 Arbeitsjahren sind zurück­zunehmen.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.37

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Der von den Bundesrätinnen und Bun­desräten Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Solidarabgabe für Millionäre statt Steuer-Millionen für Glücksspielkonzerne und Luxushotels“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Ich darf nun die nächste Rednerin, Frau Bundesrätin Mag.Christine Schwarz-Fuchs, aufrufen. – Bitte, Frau Kollegin.