16.29

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Minister! Ich stehe nicht an, auf die umstrittene NoVA-Novelle kurz mit ein paar Argumenten einzugehen.

Wir haben gestern viel über das Klimaziel von Paris gesprochen, über die Notwendigkeit des Klimaschutzes gehört – und das eigentlich durchgängig von allen Parteien. Es ist schlichtweg eine massive Reduktion der Emissionen notwendig, um auf diesem Plane­ten in ein paar Jahrzehnten noch gut leben zu können. (Vizepräsident Buchmann über­nimmt den Vorsitz.)

Schauen wir uns aber ein paar Zahlen an: Die CO2-Emissionen des Verkehrs sind ge­genüber 1990 um sage und schreibe über 60 Prozent gestiegen – über 60 Prozent! Wir haben seit vielen Jahren einen Trend zu irrational großer Übermotorisierung von Autos, einen Trend zu SUVs, der nach wie vor anhält. Sogar vonseiten des Autohandels wird gesagt, dass die Durchschnittsemissionen der neu verkauften Autos in den letzten Jah­ren sogar zugenommen haben. Im Jahr 2019 lag der Anteil an SUVs, Geländewägen und so weiter bereits bei über 30 Prozent.

Es ist für die Debatten, die ich auch schon seit vielen Jahren führe, bezeichnend, dass es, sobald es dann mit dem Klimaschutz ernst wird und es um konkrete Maßnahmen geht, gleich ganz anders aussieht. Es kann ja nicht sein, dass man SUV-Fahren als Argument verwendet, um die Zukunft der nächsten Generation aufs Spiel zu setzen. Es geht, das möchte ich jetzt hervorheben, um soziale Gerechtigkeit. Es ist vielleicht viel zu wenig bekannt – es gibt eine Reihe von Studien dazu –, dass das Fahren von Autos in Österreich – da sind Lkw inkludiert – pro Jahr 7 Milliarden Euro an Kosten, die nicht in Steuern, Abgaben und so weiter internalisiert sind, verursacht – 7 Milliarden Euro jähr­lich! Darin liegt nun tatsächlich eine massive soziale Ungerechtigkeit, denn das zahlen alle, das zahlen die Kleinen, das zahlen jene, die kein Auto haben.

Kollegen von der SPÖ! 44 Prozent der Menschen im untersten Einkommensviertel – das sind wirklich viele Menschen – haben gar kein Auto (Zwischenruf der Bundesrätin Schu­mann), im obersten Viertel sind es nur noch 9 Prozent, die kein Auto besitzen. – Ich bitte, das mit zu bedenken!

Es ist nun einmal so, dass die Höhe der NoVA, die natürlich den Preis des Autos mitbe­stimmt – zunehmend stärker, wir haben es gehört –, eine wichtige Motivation darstellt, nämlich gleich beim Kauf von Neuwagen. Es ist wichtig, gleich beim Kauf zu entschei­den, welchen Verbrauch man später haben wird. Das ist kein Widerspruch zur ver­brauchsabhängigen Abgabe, die der Kollege von den NEOS angesprochen hat. In der Praxis zeigt sich nämlich auch, dass die Benzinkosten und so weiter bei der Entschei­dung über das Verhalten in der jeweiligen Situation nicht wirklich eine Rolle spielen. Die Investitionshürde am Anfang, das wissen wir, ist tatsächlich sehr, sehr relevant.

Ja, diese Fahrzeuge sollen teurer werden, ja, es geht um Lenkungseffekte, genau darum geht es: Es geht um Lenkungseffekte – hin zu kleineren Autos und zum öffentlichen Verkehr. Diese kleineren Autos gibt es auch! Diese Maßnahme soll auch den Umstieg auf neue Antriebstechnologien beschleunigen. Das wird sie auch tun, denn wir wissen aus der Industrie und aus der Wirtschaft, dass sehr, sehr schnell auf veränderte Anfor­derungen reagiert wird. Dabei darf man nicht vergessen, dass es nicht um den Bestand, sondern um neu zu kaufende Autos geht. Das ist schon die richtige Lenkungswirkung – und, liebe Kollegen von der SPÖ, ich verstehe wirklich nicht, wieso ihr da nicht mitstimmt.

Es gibt eine Reihe von Befreiungen von der NoVA, was vielleicht zu wenig bekannt ist: Alle Fahrzeuge, die null Emissionen haben, E- oder Wasserstofffahrzeuge, sind davon komplett befreit. Taxis, Mietwägen beispielsweise sind komplett befreit, Fahrzeuge für behinderte Menschen sind ebenfalls von der NoVA komplett befreit.

Ich möchte noch ein Beispiel nennen: Eines der meistverkauften Autos, Škoda Octavia – das ist auch nicht gerade der kleinste Wagen, den es auf dem Markt gibt –, wird um weniger als 300 Euro teurer, und zwar nicht 2021, sondern 2023. Vergessen wir nicht – das wurde von Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, was es natürlich auch gibt, angesprochen –: Selbstverständlich bleibt die Pendlerpauschale. Beim nächsten Neu­kauf kann man sich sehr wohl überlegen, vielleicht auf ein kleineres Fahrzeug (Bundes­rat Steiner: Was tu ich mit den Kindern? – Zwischenruf des Bundesrates Spanring) oder, wenn es so weit ist, auf ein E-Fahrzeug umzusteigen.

Das ist aber nur eine Seite der Medaille, und es ist mir jetzt sehr wichtig, dazuzusagen, dass das natürlich nicht reicht. Die zweite Seite ist, dass Mobilität leistbar bleiben und man alternative Angebote schaffen muss – das ist ja völlig klar! Ich wiederhole das, was ich zum Teil schon gestern gesagt habe: Es hat in Österreich noch nie so viel Geld für den öffentlichen Verkehr gegeben, für den Ausbau des Busverkehrs, wir haben ein Re­kordbudget bei der Bahn. Wir haben ein Rekordbudget bei der Förderung des Radwege­ausbaus. Wir haben ein Rekordbudget bei der Förderung von E-Mobilität, für den Aus­bau der Ladeinfrastruktur. Wir sind in der Verhandlungsphase zu einem fantastischen österreichweiten Ticket um 1 095 Euro für das ganze Jahr weit fortgeschritten, das be­deutet um 365 Euro pro Bundesland und so weiter! Das wird fortgesetzt werden, weil es natürlich wichtig ist, Mobilität frei wählen zu können, leistbar zu halten und ökologisch abzuwickeln.

Machen Sie sich keine Sorgen! Der nächste große Reformschritt in der Ökosteuerreform, die CO2-Bepreisung, wird kommen. Finanzminister Blümel hat vorhin versprochen, dass das, was im Regierungsprogramm steht, auch umgesetzt wird. Es gibt auch einen klaren Rahmen dafür, wie das auszusehen hat; das wird kommen. Gleichwohl werden wir bis dahin Schritt für Schritt dranbleiben. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.36

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Hübner.