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Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Liebe Kollegen und Kolleginnen! Herr Minister! Ich habe mich jetzt doch noch zu Wort gemeldet, weil Kollegin Mattersberger erklärt hat, dass sie mit der Opposition nicht reden will. Deshalb will ich ein bisschen mit ihr reden und sie dazu motivieren, ihrem eigenen Minister zuzuhören (Beifall bei der FPÖ), denn der Herr Minister hat heute dankenswerterweise einmal die Dinge so darge­stellt, wie sie sind.

Er hat gesagt: Wir wissen nicht, was wir gegen Covid-19 tun sollen. Die Länder, die nichts getan haben, haben keinen Erfolg. Die Länder, die viel getan haben, haben keinen Erfolg, und die Länder, die einen sechswöchigen harten Lockdown haben, wie Slowe­nien, haben keinen Erfolg. – Ich darf dazu vielleicht noch ergänzen: Die Tschechische Republik ist auch ein solcher Nichterfolg, trotz harten Lockdowns. Man könnte viele andere Länder nennen. Die höchsten Todeszahlen haben im Frühjahr jene Länder ge­habt, die den härtesten Lockdown hatten, nämlich Frankreich, Spanien und Italien – in Österreich sind sie weit höher als in Schweden.

Richtig ist, dass Schweden ohne Maßnahmen auch nicht verschont wurde, sondern auch seine Opferzahlen hat. Was aber kann nur die Konsequenz davon sein? (Bundesminister Blümel: Testen!) Was kann die Konsequenz davon sein? (Bundesminister Blümel: Tes­ten!)

Der Minister hat gesagt, 29 Milliarden Euro haben wir bisher ausgegeben. Haben wir diese fürs Testen ausgegeben? – Das glaube ich eher nicht. Sie haben gesagt: um die Folgen des Lockdowns und der dadurch ausgelösten Krise zu vermindern. Wenn das aber nichts nützt – wie Sie richtigerweise gesagt haben –, weder der Lockdown noch der Nichtlockdown, was werden wir dann machen? – Keinen Lockdown. Die beste Maßnah­me und die beste Ankurbelung der Wirtschaft ist, mit diesen Einsperr-, Absperr- und Blockademaßnahmen aufzuhören, denn wir haben in den letzten zehn Monaten gese­hen, dass sie einfach nichts bringen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesra­tes Raggl.)

29 Milliarden Euro sind ja kein Klacks! Wenn Sie das in diese berühmten 30 Millionen Euro umsetzen, die uns die Abschaffung der – unter Anführungszeichen – „Hacklerpen­sion“ kostet, dann bedeutet das, dass Sie bisher allein in diesem Jahr tausendmal mehr für die Folgen der Covid-Bekämpfung ausgegeben haben als ein Jahr Hacklerpension kostet. Da reden wir nicht über Kleinigkeiten, über Taubenfutter, sondern da reden wir über 29 Milliarden Euro! Da reden wir über ein staatliches Defizit in einer Höhe, wie es bisher in der Geschichte der Republik undenkbar gewesen ist, nämlich über ein Defizit in der Größenordnung von 30 Milliarden Euro und wahrscheinlich mehr, das wir dadurch produzieren. – Das sind also die Zahlen. Und wenn wir nun zu dieser Erkenntnis gelangt sind, die selbst unser Minister hat, nämlich dass das, was wir machen, nichts nützt, dann hören wir doch damit auf!

Ein kleines Beispiel, dann ist dieses Thema abgehakt: Brasilien hat in der ersten Jahres­hälfte auch einen Lockdown gemacht – die Wirtschaft ist um 9,7 Prozent geschrumpft. Man hat im Juni damit aufgehört, und die Zahlen über das Wachstum in Brasilien im dritten Quartal können Sie nachlesen – Sie haben ja gesagt, der Kollege schaut zu viel in seinen Laptop; vielleicht ist es gut, wenn man in den Laptop schaut (Bundesrat Ber­nard: Der Herr Minister weiß ja, dass er keinen hat!) –: plus 7,9 Prozent Wachstum.

Schauen Sie jetzt einmal das österreichische Wachstum oder das Wachstum der Lock­downstaaten an! Es ist klar: Wenn man alles zusperrt, wenn es keine Gastronomie, keine Hotellerie gibt, wie soll sich da die Wirtschaft erholen, wie soll sie wachsen, wo sollen die Leute eingestellt werden? (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

Wie hoch die Infektionsrate ist, haben wir schon ermittelt, diese Zahl kennt auch der Minister: Sie ist in Schweden nicht höher als bei uns mit Lockdown – kaum, vielleicht ein bisschen höher. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie ist in Schweden niedriger als in Slo­wenien und in der Tschechischen Republik. Sie ist auch in Brasilien pro Kopf nicht höher als bei uns. – Das ist eine Sache. (Bundesrat Köck: Leichte Wahrnehmungsprobleme!)

Eine zweite Sache: Es bleibt mir nicht erspart, die NoVA noch einmal anzusprechen. Obwohl Sie unser Fraktionskollege ja dazu aufgefordert hat, sich dazu zu äußern, haben Sie es nicht getan, deshalb äußere ich mich dazu. Ich äußere mich auch zum Vorredner Gross und zu allen, die uns erklärt haben, wie ökologisch das ist. Was ist die Alterna­tive? – Ich habe nur eines gehört: den Umstieg auf alternative Antriebsarten zu begüns­tigen. Was für alternative Antriebsarten gibt es? – Nur die E-Mobilität, alles andere ist ja weit von der Serienreife entfernt. Was bringt die E-Mobilität ökologisch? – Sie bringt dann etwas, wenn man glaubt, dass der Strom aus der Steckdose kommt, und nicht weiterfragt – da gebe ich Ihnen recht. (Heiterkeit des Bundesrates Steiner.) Wenn man das aber nicht glaubt und einmal überlegt, wie denn der zusätzliche Strom erzeugt wird, sieht man viele Möglichkeiten:

Man kann neue Kohlekraftwerke errichten – das wird teilweise gemacht. Ob das ökolo­gisch ist, wird Ihnen die Fraktion der Grünen selber beantworten.

Das Zweite ist: Man kann Atomkraftwerke errichten. Als Österreicher – mit unserer Ver­fassung – brauche ich mich über dieses Thema nicht weiter zu unterhalten.

Das Dritte ist: Man kann alternativ Ökostrom erzeugen. Dazu bitte ich Sie nur – viele brauche ich nicht zu bitten, weil sie ohnehin in dieser Gegend wohnen –, einen Blick auf die Gegend östlich von Wien zu werfen, darauf, was man allein mit den dort aufgestellten Windbetontürmen – Tausenden, Abertausenden – für ein landschaftliches Desaster an­gerichtet hat, wie man dort die Umwelt zerstört hat, was dabei an Energie, an CO2 - - (Bundesrat Schennach: Das ist doch ein schöner Anblick! – Bundesrat Preineder: Erd­öltürme wären schöner? – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) – Wenn natürlich ein Konsens darüber herrscht, dass eine Landschaft durch die Aufstellung von Tausen­den von Windrädern verschönert wird, dann nehme ich mein Argument zurück. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Köck: Wären Erdöltürme schöner?) Sollte diese ästhetische Ansicht noch nicht mehrheitsfähig sein, dann bleibe ich bei dem Argument. Abgesehen davon wissen wir heute aus zehnjährigen Beobachtungen, dass zumindest in Mitteleuro­pa die Windkrafträder in etwa so viel Energie produzieren, wie ihre Erzeugung, Entsor­gung und Wartung kosten, dass also die Bilanz bei Windkraft nur geringfügig positiv ist. (Bundesrat Schreuder: Aber geh, das ist doch Quatsch!) Abgesehen davon haben wir dann in der Landschaft Betonsäulen stehen, die 3 bis 4 Meter tief im Grund verankert sind – auch deren Entfernung wird man sich irgendwann einmal überlegen müssen.

Kommen wir also zum Punkt: Wir haben keine alternative Stromerzeugung, die umwelt­verträglich, klimaschonend oder was auch immer ist. Das Problem ist nicht gelöst, daher ist der Umstieg auf die E-Mobilität auch keine Antwort auf unsere Fragen. Dabei gehe ich überhaupt nicht darauf ein, ob tatsächlich allein die Reduktion oder das Einbremsen des Anstieges der CO2-Produktion unser Klima rettet. (Bundesrat Gfrerer: Vorschlag!)

Deshalb ist meine Bitte an alle – ob Sie mit uns reden oder nicht –, das zu überdenken. Meine Bitte an die Regierung ist, die selbst gewonnenen Erkenntnisse über die Nützlich­keit und Nichtnützlichkeit von Lockdowns in die weiteren Maßnahmen einfließen zu las­sen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Gfrerer: Vorschlag!)

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