23.28

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Hohes Haus! Trauriger Auslöser für den gemeinsamen Antrag der SPÖ-Fraktion und des NEOS-Abgeordneten Dr. Arla­movsky war die erschütternde Abschiebung von drei Wiener Schülerinnen und ihren Familienangehörigen nach Georgien beziehungsweise Armenien in der Nacht auf den 28. Jänner 2021. Die verstörenden Bilder haben sich bei uns in den Köpfen festgesetzt, führten zu einem Aufschrei in weiten Teilen der Bevölkerung und fanden auch einen breiten Widerhall in allen Medien.

Mitten in der Nacht wurden Jugendliche in einer martialischen Art und Weise von einer Schar an Polizisten, begleitet auch von Diensthunden, aus ihren Wohnungen geholt und mit anderen Familienmitgliedern abgeschoben; Jugendliche, die hier geboren, die hier aufgewachsen, die hier zur Schule gegangen sind und bestens integriert waren. Da fragt man sich völlig zu Recht: Was ist in diesem Land und in diesem System schiefgelaufen oder was läuft schief, wenn wir beobachten müssen, wie es nämlich nicht gelingt, straf­fällige und integrationsunwillige „Gfrasta“, wie es Landeshauptmann Ludwig formuliert hat, abzuschieben, aber in Österreich aufgewachsene, unbescholtene und bestens inte­grierte junge Menschen sehr wohl.

Das kann uns einfach nicht egal sein, da sind wir alle zum Handeln nach menschlichen Grundsätzen aufgefordert. (Beifall bei der SPÖ.)

Genau deshalb ist es aus unserer Sicht unabdingbar, zur Beurteilung solcher Härtefälle ein effektives System zu installieren und die Einbindung der lokalen Behörden, gemeint sind Länder und Gemeinden, sicherzustellen. Genau die sollen im Verfahren über die Gewährung eines humanitären Bleiberechts von den Bundesbehörden verpflichtend angehört werden, da sie ganz einfach die Gegebenheiten und auch die spezifische Si­tuation vor Ort besser kennen, diese besser beurteilen können und auch sollen. Es soll sozusagen keine Art Gnadenrecht nach dem Motto, wer die richtigen oder viele Fürspre­cher hat, hat auch die Chance auf ein Bleiberecht, sein. Nein, wir wollen einen Rechts­anspruch für jede und jeden auf diese regionale und lokale Mitwirkung hin.

Dr. Arlamovsky hat es im Ausschuss so trefflich formuliert: Es geht uns überhaupt nicht um die Aushebelung des Asylrechts, auf gar keinen Fall, also um keine materielle Än­derung. Wir wollen nur das Anhörungsrecht der Länder und Gemeinden in solchen Ver­fahren verankert wissen. Angesichts unserer berechtigten Forderung in diesem Antrag, mit der wir ganz einfach als Ländervertreter hier im Bundesrat auch Länderinteressen einbringen wollen, ist es auch völlig absurd und abstrus, dass uns unsere grüne Bun­desratskollegin Hauschildt-Buschberger im Ausschuss Populismus vorgeworfen hat. Das ist wirklich völlig absurd und dazu kann ich nur eines sagen: Mit dieser Haltung, Frau Kollegin, werden sich die nächsten grünen Mitglieder von Ihrer Partei verabschie­den. Diese Haltung ist nämlich neuerlich der Beweis dafür, dass die Grünen im Parla­ment all ihre über die vielen Jahre so hochgehaltenen Prinzipien für die Regierungsbe­teiligung über Bord geworfen haben – eine bittere Erkenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu kommt noch, dass wir uns inhaltlich von renommierten Verfassungsexperten be­stätigt fühlen, die im traurigen Abschiebefall vom Jänner eine Diskrepanz zwischen den zwei Rechtsmaterien, nämlich dem Asylgesetz auf der einen Seite und den in Österreich garantierten Kinderrechten auf der anderen Seite, sehen. Es sollte gerade für den Bun­desrat als Treiber für die Verankerung der Kinderrechte in der Bundesverfassung selbst­verständlich sein, dass diese Kinderrechte bei der Abwägung über die Gewährung des humanitären Bleiberechts ausreichend berücksichtigt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir erwarten uns auch, dass die von der Regierung eingesetzte Kindeswohlkommission unter der Leitung von Irmgard Griss bald Ergebnisse liefert, die zu einer Änderung der Abschiebepraxis zum Wohle von Kindern führen. Zusätzlich, das habe ich erwähnt, ist unserer Meinung die Mitwirkung der Länder und Gemeinden beim humanitären Bleibe­recht unverzichtbar. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.33

Präsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Peter Raggl. – Bitte, Herr Kollege.