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Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen! Die gegenständliche Re­gierungsvorlage basiert auf einer umfassenden Evaluation des bestehenden Exe­ku­tionsrechts und adressiert die zahlreichen Verbesserungs- und Modernisierungs­mög­lichkeiten. Dies bedingt die Anpassung einer Vielzahl von Gesetzesmaterien. Insgesamt zielt dieses umfassende Reformpaket auf eine Steigerung der Effizienz und Effektivität des Exekutionsverfahrens ab.

Ziel der Vorlage ist unter anderem, eine Verbesserung für die Schuldner zu erreichen, indem eine nachhaltige Entschuldung erleichtert und eine Anhäufung von immer noch höheren Schuldenbergen verhindert werden soll. In vielen Fällen verhält es sich so, dass Exekution nicht nur betreffend eine unbeglichene Schuld, sondern betreffend mehrere geführt werden muss. Oft wissen die Verpflichteten gar nicht, dass sie bereits insolvent sind, und häufen entsprechend weitere Schulden an. Durch die nunmehr engere Verzah­nung zwischen Exekutions- und Insolvenzverfahren soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass es schneller zu einem Insolvenzverfahren kommt. Dadurch sollen ein Zins- und Kostenstopp und in weiterer Folge eine raschere und nachhaltigere Entschuldung erreicht werden.

Einen wesentlichen Kernpunkt der Vorlage stellt die Zusammenfassung der Exekutions­mittel dar. Wird von einem Gläubiger Exekution beantragt, ohne ein Exekutionsmittel zu nennen, so umfasst dies künftig als erweitertes Exekutionspaket die Fahrnisexekution, die Gehaltsexekution und die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses. Hierzu soll ein Verwalter bestellt werden, dem die Ermittlung der Vermögensobjekte, die Auswahl der geeigneten Objekte und die Durchführung des Verfahrens obliegt. Dies bringt eine ent­scheidende Effizienz für die Gläubiger, etwa weil der Rückgriff auf offene Forderungen des Schuldners bisher praktisch nur schwer möglich war.

Bei unselbstständigen Erwerbstätigen wird meist Fahrnis- und Gehaltsexekution ge­wählt, aber Unternehmer verfügen meist nicht nur über bewegliche Sachen, sondern auch über offene Forderungen und andere Vermögenswerte. Auch die Verwertbarkeit der Vermögenswerte wird durch die Reform entscheidend verbessert. Durch die Einset­zung eines Verwalters und dessen Einsichtsrechte in die Bücher des Verpflichteten sowie entsprechende Auskunftspflichten ergeben sich hier entscheidende Verbesserun­gen.

Die Vorlage bringt auch eine Erleichterung für die Arbeitgeber, und zwar bei der Lohn­pfändung. Bislang wurde immer wieder kritisiert, dass Beschlüsse des Gerichts über die Zusammenrechnung der Bezüge sowie die Erhöhung und Verminderung des Existenz­minimums nur auf das Verfahren wirken, in dem der Antrag gestellt und bewilligt wurde. Sind nun mehrere Exekutionsverfahren gegen einen Verpflichteten anhängig, ergab sich für die Arbeitgeber eine nur schwer durchschaubare Rechtslage. Die Zusammenfassung aller Verfahren bei einem Gericht bringt hier eine entscheidende Verbesserung. Dies ermöglicht es, vorzusehen, dass die Entscheidungen für alle Exekutionsverfahren des Verpflichteten wirken.

Dies ist schließlich auch zum Vorteil der betroffenen Arbeitnehmer, da die abschrecken­de Wirkung einer anhängigen Lohnexekution im Falle eines Arbeitgeberwechsels insbe­sondere aufgrund des bisherigen administrativen Aufwandes deutlich gemindert wird. Wenn ein Verwalter bestellt ist, weil der betreibende Gläubiger auf alle Forderungen des Verpflichteten Exekution führt oder das erweiterte Exekutionspaket gewählt hat, gibt es einen weiteren Vorteil für die Arbeitgeber als Drittschuldner: Die Arbeitgeber können in der Drittschuldnererklärung angeben, dass sie die Berechnung des unpfändbaren Be­trages, das heißt, des Existenzminimums, durch den Verwalter wünschen. Das ist vor allem für Klein- und Mittelbetriebe eine Entlastung und vermindert auch die Gefahr der Haftung der Drittschuldner.

Auch wir sind in unserem Unternehmen im Zuge der Lohnabrechnung immer wieder mit solchen Lohnexekutionsverfahren beschäftigt. Diese hier vorgesehenen Änderungen bringen in der Praxis wirklich eine Erleichterung, weshalb ich diese Gesetzesvorlage sehr begrüße.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei Ihnen, Frau Bundesministerin, bedanken, dass die Rückmeldungen und Anregungen in diesem Bereich in die Gesetzesänderungen mitaufgenommen wurden. Dies hilft, wie bereits erwähnt, nicht nur den Unternehmen, sondern auch den betroffenen Arbeitnehmern. – Vielen Dank dafür. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Speziell erwähnen möchte ich auch noch einen weiteren sehr begrüßenswerten Punkt, den meine Vorrednerin Kollegin Kittl bereits angesprochen hat: Die während der Corona­pandemie geschaffene Möglichkeit, wonach Opferschutzeinrichtungen Opfer häuslicher Gewalt vertreten dürfen, soll nun fix im Exekutionsrecht verankert werden. Auch wenn auf den ersten Blick der Zusammenhang mit dem Exekutionsrecht nicht hervorsticht, ist dies für betroffene Personen entscheidend. Wir sprechen hier von Personen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden und ihre Wohnung aus Angst vor ihren Peinigern nicht verlassen können oder wollen.

Wir haben heute schon einiges gehört, dass wir Maßnahmen ergreifen müssen, um vor allem Frauen vor Gewalt zu schützen. Hier ist es in diesem Zusammenhang meiner Meinung nach entscheidend, dass die Betroffenen, wie gesagt, auch nach der Corona­pandemie weiterhin Opferschutzeinrichtungen bevollmächtigen können, in ihrem Namen Anträge nach der Exekutionsordnung bei Gericht einzubringen, und zwar insbesondere dahin gehend, dass Opferschutzeinrichtungen Anträge auf Erlassung einstweiliger Ver­fügungen für die Opfer einbringen dürfen.

Abschließend kann man sagen, dass es sich insgesamt um ein sehr umfassendes Re­formpaket handelt, welches diverse Verbesserungen und Effizienzgewinne im Exeku­tionsrecht mit sich bringt.

Nach dem Ende der Coronapandemie und dem Auslaufen der Stützungsmaßnahmen ist damit zu rechnen, dass es zu vermehrten Exekutionsverfahren kommen wird. Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir in Zukunft über ein effizientes Exekutionsrecht verfügen. Ich unterstütze aus all diesen genannten Gründen die geplanten Gesetzesänderungen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.00

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Mag.a Elisabeth Grossmann. – Bitte, Frau Bundesrätin.