10.49

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Lieber Herr Kolland, Sie kommen gegen diese Gartenzwergwelt des Kollegen Hübner einfach nicht an! Da ist die Grenze des Gartens, und er sieht nicht, was auf der anderen Seite los ist. (Zwischenruf des Bundesrates Hübner.) Das Wichtige ist aber, zu erkennen, dass die grenzüberschreitende Kriminalität die Atmosphäre und das Terrain der Gartenzwerge verlässt. Deshalb ist das so wichtig.

Ich kann mich gut erinnern, wir haben all diese Verhandlungen im EU-Ausschuss ge­führt: Damals waren nur sechs EU-Ausschüsse in Europa dafür, und der EU-Ausschuss des Bundesrates war einer dieser sechs. Man hat uns angefleht, eine Subsidiaritätsrüge durch eine begründete Stellungnahme zu machen, und wir haben gesagt: Nein, das ist falsch! Das ist falsch, es geht um europäische Fragen wie Korruption, Missbrauch von Geld, Missbrauch von Förderungen und grenzüberschreitenden Betrug, und das geht nicht national, das geht einfach nicht national. (Bundesrat Hübner: Nein!)

Wenn wir dann in unser Nachbarland Ungarn schauen, geführt von einem Premierminis­ter, den, glaube ich, Herr Hübner und seine Partei geradezu verehren, so haben wir dort einen unglaublichen Missbrauch von EU-Förderungen. Da sind österreichische Gelder dabei, und wir wollen das nicht! Wir wollen nicht, dass EU-Förderungen an den Freund­schaftskreis von Herrn Orbán ausgezahlt werden! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bun­desrates Schreuder.)

Wenn ich mich an die europäische Debatte dazu erinnere, wie es kam, dass eine der besten Korruptions- und Missbrauchsjägerinnen zur Debatte stand – Laura Codruța Kö­vesi – und die rumänische Regierung bei allen europäischen Regierungen angerufen hat, um diese Frau nicht zu nehmen, dann erkennen wir, dass es eine der besten Wahlen war, die da getroffen wurde.

Frau Ministerin, bei der letzten Debatte über das Vorhabensprogramm stand ich hier und habe zu Ihnen gesagt, wir brauchen noch ein paar kleine Nachschärfungen. Das war am 6. Mai, und jetzt sind die kleinen Nachschärfungen, die wir unbedingt brauchen, da, und zwar zeitgerecht vor dem 1. Juni. Insofern Gratulation an das Ministerium, denn es muss ja losgehen, und am 1. Juni geht es los: 22 Länder nehmen teil.

Schon heute gibt es Signale, dass Schweden auch teilnimmt. Irland hat im Unterschied zu Österreich ja einen sehr klugen Premiermister, und ich nehme an, Irland wird auch daran teilnehmen. Was ich nicht glaube, Herr Kolland, ist, dass die Dänen da so schnell mitmachen, weil die Dänen immer auf Eigenkurs gehen. Die werden wahrscheinlich mit Polen und Ungarn – beide sehr schwierige Regierungen, was die Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte, die Freiheit der Medien betrifft – nicht hineingehen.

Ich möchte nicht zu einer Drehleier werden, aber schauen wir es uns ein letztes Mal an: Kollege Hübner, da geht es um Förderungsmissbrauch, da geht es um Korruption, da geht es um Machtmissbrauch – siehe Ungarn –, da geht es um schweren grenz­überschreitenden Mehrwertsteuerbetrug. Das überschreitet finanziell jegliche Form von Gartenzwergerepubliken à la Hübner, denn bei dem Förderungsmissbrauch geht es um über eine halbe Milliarde Euro. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel hat errechnet, dass es alleine zwischen 30 und 62 Milliarden Euro an Mehrwertsteuerbetrug sind. Da braucht man eine Institution wie die Europäische Staatsanwaltschaft, die dagegen vorgeht. (Beifall bei der SPÖ.)

Seit 2017 gibt es übrigens den Beschluss, dass wir das haben wollen, es hat eh ein bisschen gedauert. Nun treten zwei Frauen an, eine habe ich schon genannt, Frau Köve­si. Aus Österreich ist Oberstaatsanwältin Ingrid Maschl-Clausen beigefügte oder dele­gierte Staatsanwältin bei der Europäischen Staatsanwaltschaft. Wir wünschen beiden Frauen viel, viel Erfolg für diese große Arbeit im Rahmen der unabhängigen Strafverfol­gungsbehörde.

Wir werden natürlich einmal mehr zustimmen. In diesem Sinne herzlichen Dank, und ich hoffe nicht, dass wir das noch einmal und noch einmal neu diskutieren müssen. Das ist ein ganz großer Schritt auch im Dienste der Bürger und Bürgerinnen, damit sie die Si­cherheit haben, dass erstens das Geld, das aus Steuermitteln an die Europäische Union bezahlt wird, nicht missbräuchlich verwendet wird, dass zweitens kein Machtmissbrauch erfolgt und dass drittens – jetzt, wenn wir alle auch auf europäischer Ebene nachdenken müssen: Wer zahlt die Krise? – gerade der Mehrwertsteuerbetrug, dieser schwere Be­trug in Milliardenhöhe, ein Ende findet. In diesem Sinne: Danke, und wir stimmen gerne zu. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

10.55

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin Dr.in Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.