13.56

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Werte Frau Bundes­minister! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte ZuseherInnen! Es geht vor allem um eine technische Anpassung an die EU-Düngemittelverordnung. Wirklich neu dabei ist die Beschränkung der Zulassung der jeweiligen Produkte auf zehn Jahre. Diese Be­schränkung sehen wir auch vor dem Hintergrund des Green Deals und der Farm-to-Fork-Strategie positiv, welche eine Halbierung der Nährstoffverluste und eine Reduktion des Düngemitteleinsatzes um 20 Prozent bei gleicher Bodenfruchtbarkeit zum Ziel ha­ben. Daraus folgt, dass im Bereich der – Klammer auf: Kunst-, Klammer zu – Düngung weitere Veränderungen vor der Tür stehen und daher die Produkte immer wieder neu zu bewerten sind. Ein zeitliches Ablaufdatum macht daher durchaus Sinn.

Ich selbst lebe in einer Region, die manchmal auch als Porkbelt – als Schweinegürtel – bezeichnet wird, wo die konventionelle Schweinemastung und der Maisanbau eine gro­ße Rolle spielen. Neben dem Ammoniakproblem, das wir durch die Gülle haben, werden die Böden durch den jahrzehntelangen kontinuierlichen Maisanbau auch immer nähr­stoffärmer. Der Humusgehalt sinkt, und der Kunstdüngerbedarf ist konstant hoch. Diese Spirale gilt es zu durchbrechen, und zwar aus mehreren Gründen.

Nehmen wir einmal die Energieseite: 170 Kilo Stickstoffdünger – das ist die pro Hektar erlaubte Menge – benötigen in der Erzeugung 340 Liter Diesel, die Energie umgerechnet in Diesel wäre also 340 Liter Diesel. Das heißt nichts anderes, als dass der Bauer, bevor er noch seinen Traktor gestartet hat, schon 340 Liter Diesel verbraucht hat.

Nehmen wir die Bodenfruchtbarkeit: Der Humusgehalt ist in den letzten Jahrzehnten durch diese einseitige Form der Bewirtschaftung, die eben nur den hohen Ertrag im Fokus hatte, stetig gesunken. Er liegt derzeit in meiner Region größtenteils nur mehr bei 2 Prozent. Wenn der Boden nur mehr 1 Prozent Humusgehalt hat, dann ist es vorbei, dann spricht man von Wüste, dann hilft auch das Düngen mit Kunstdünger nichts mehr. Sehr viel Spielraum haben wir also nicht mehr. 1 Prozent Humus liefert 25 Kilogramm löslichen Stickstoff pro Hektar. Ein hoher Humusgehalt würde also auch die Menge der Stickstoffdüngung reduzieren, ganz zu schweigen von den anderen positiven Eigen­schaften und Auswirkungen eines hohen Humusgehaltes wie einer höheren Wasser­speicherfähigkeit und damit besserem Hochwasserschutz und besserem Überstehen von Hitzeperioden oder einem höheren Grad von CO2-Bindung im Boden.

Angesichts der Klimakrise ist gerade die CO2-Bindung im Boden ein ganz, ganz wichtiger Hebel, der viel Potenzial bietet, die Klimaerwärmung einzudämmen. Aus meiner Sicht wird ein guter Humusgehalt der Böden gerade angesichts der Klimakrise wichtiger denn je. Anstatt dass wir Humus aufbauen, indem wir zum Beispiel wirklich flächendeckend eine Winterbegrünung sicherstellen, wird der Humusgehalt durch Stickstoffüberversor­gung aber weiter reduziert. Und wozu das alles? – Wir sind derzeit in einem System, in dem nur der hohe Ertrag zählt. Aber wofür? – Es kommt zu einem Überangebot, und die Preise fallen in den Keller.

Das System: Wachse oder weiche!, ist an seine Grenzen gestoßen. Wir können das nicht ewig so weiterspielen, das geht sich irgendwann nicht mehr aus. Das gilt natürlich nicht nur für die Landwirtschaft. Es gilt, einen Weg zu entwickeln, bei dem Qualität und nicht Masse im Vordergrund steht (Beifall bei den Grünen sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ), bäuerliche Betriebe durch faire Preise überleben können und wir nach­haltig unsere Grundlagen wie zum Beispiel die Böden in gutem Zustand erhalten. Wir brauchen einen Weg, auf dem wir Abhängigkeiten auch bei Futtermitteln abbauen, wieder mehr auf Eigenversorgung setzen und damit auch mehr Sicherheit bekommen.

Ein Baustein in Richtung mehr Qualität ist die in der Vorwoche im Nationalrat beschlos­sene Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels mit dem Ziel, dass nur mehr Fleisch aus GVO-freier Fütterung, also mit Futtermitteln, die nicht gentechnisch verändert wurden, das AMA-Gütesiegel tragen darf. Das ist wirklich ein Meilenstein, denn das bedeutet nichts anderes als das Ende der Sojaimporte aus Übersee, Soja, für das der Regenwald gerodet wurde und das Tausende Kilometer bis zu uns unterwegs ist. Natürlich geht es nicht von heute auf morgen, 500 000 Tonnen Soja oder andere Eiweißfrüchte selbst an­zubauen, aber wie schon im Bekenntnis zum Aufbau einer heimischen Eiweißstrategie im Regierungsprogramm ist mit diesem Vorhaben der Weg in die richtige Richtung ein­geschlagen.

Ebenso wird das AMA-Gütesiegel in Zukunft noch höhere Tierwohlstandards beinhalten, und veränderte, tierfreundlichere Haltungssysteme bringen auch eine andere Form von Dünger mit sich, die etwa durch Festmist oder Kompost neben der Nährstoffversorgung auch positive Nebeneffekte wie eben Humusaufbau und Förderung des Bodenlebens haben.

Die nationale Umsetzung der kommenden GAP-Förderperiode bietet uns jetzt auch die Möglichkeit, in Richtung mehr Tierwohl, gesündere Böden und damit auch mehr Resi­lienz zu fördern und so auch die Landwirtschaft zum Teil der Lösung der Klimakrise zu machen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.)

14.02