15.25

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Ich darf vielleicht auch kurz auf einige Redebeiträge eingehen. Ich glaube, in allen Redebeiträgen waren gute und richtige Argumente. In manchen Rede­beiträgen hat halt die jeweils andere Seite der – ebenfalls richtigen – Argumente gefehlt.

Ich darf ein wenig auf die Aussagen des Herrn Kollegen Hübner eingehen, der viel Rich­tiges gesagt hat – also ich kann einigem wirklich etwas abgewinnen –: Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen, dass man beim Wiederaufbaufonds nicht so zu tun braucht, als ob das in der Cash-out-Variante für Österreich ein massives Geschäft wäre. Das ist es natürlich nicht. Die Zahlen haben Sie völlig richtig genannt. Österreich wird für mehr haf­ten, als Österreich zurückerhält, das ist ein Faktum. Das habe ich auch in der Plenarsit­zung des Nationalrates und auch in Interviews gesagt, weil es natürlich stimmt.

Es gibt sogar noch einen weiteren Mechanismus drinnen, der besagt: Je besser das Wachstum in Österreich ist, desto weniger bekommen wir heraus. Das sind Anreize und Mechanismen, die dafür sorgen sollen, dass das Geld auch in die Länder, die es beson­ders brauchen, fließt. Das ist völlig richtig.

Was Sie aber zu sagen vergessen haben oder negieren wollen, ist die Tatsache, dass wir als kleine, offene Volkswirtschaft indirekt natürlich auch davon profitieren, wenn es Ländern wie beispielsweise Italien besser geht, denn Italien ist immerhin unser zweit­wichtigster Handelspartner. Das ist genauso richtig, das macht Ihr Argument nicht falsch, aber die zweite Hälfte, würde ich sagen, sollte man auch dazusagen.

Auch was Sie über die Schuldenunion gesagt haben, kann ich zu einem Gutteil unter­streichen, wenn es denn so wäre. Natürlich wissen Sie ganz genau, dass die EU keine Schuldenunion sein kann, weil das von den Verträgen, die Sie zitiert haben, ja auch nicht umfasst ist. Wenn es eine wäre, dann wäre ich auch dagegen – und wir werden auch immer dagegen auftreten. Warum? – Weil Geld bei einer Vergemeinschaftung von Schulden einfach ineffizienter verwendet werden würde.

Es gibt ein einfaches Beispiel, das man sich vor Augen halten kann: Zehn Leute gehen gemeinsam abendessen. Es gibt zwei Varianten, die Rechnung zu zahlen: Entweder zahlt jeder das, was er bestellt, oder es kommt alles in einen Topf und wird gezehntelt. Wo wird mehr ausgegeben, wo wird der bessere Wein bestellt? – Wohl dort, wo alles gezehntelt wird. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass es nicht gut ist, eine Vergemein­schaftung der Schulden in Europa anzustreben. Deswegen werden wir als ÖVP auch weiterhin dagegen auftreten.

Wenn es aber darum geht, dass wir die Coronakrise gemeinsam bekämpfen, dann ist es auch aus meiner Sicht wichtig und gut, dass wir einen Beitrag leisten.

Im Übrigen, da Sie das Wort Nettozahler immer wieder in negativer Konnotation heraus­gestrichen haben: Völlig richtig, wir wollen natürlich möglichst effizient mit dem Steuer­geld der Österreicherinnen und Österreicher umgehen, aber dennoch bin ich unterm Strich lieber Nettozahler als Nettoempfänger, denn das bedeutet, dass wir ein wirt­schaftlich starkes Land sind, das durch die Menschen, durch die Unternehmen in diesem Land aufgebaut worden ist, ein Land, in dem wir, die Bundesregierung, in den letzten Jahren zum Teil auch gemeinsam eine solide Standortpolitik gemacht haben, die diese Wirtschaftskraft auch möglich gemacht hat. Das sollte man nicht vergessen. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch im Redebeitrag des Herrn Kollegen Schennach waren viele richtige Argumente dabei. Was den Prozess hin zum Plan für den Wiederaufbau betrifft, gibt es einen As­pekt, den ich ein bisschen vermisst habe. Wir haben im letzten Jahr schon einige Male auch hier im Bundesrat darüber diskutiert. Da bezog sich die allgemeine Kritik der Op­position gar nicht so sehr auf die Art der Einbindung, sondern da ist immer gesagt wor­den: die Bundesregierung verschläft das wieder, es ist zu spät, wir werden nicht rechtzei­tig einreichen!, et cetera.

Wir haben damals seitens der Bundesregierung immer gesagt: im Gegenteil, wir lernen von dem, was andere Länder tun und was andere Länder vielleicht nicht optimal gemacht haben! (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Mittlerweile sind wir diejenigen, die von der Kommission für die professionelle Art der Planerstellung, für die Einreichung massiv gelobt werden. Es gibt viele Länder, die einen breiten Prozess aufgesetzt haben; dort wurde dann so gestritten, dass die Pläne noch nicht eingereicht werden konnten. Das ist uns nicht passiert und darauf können wir stolz sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend vielleicht noch zum Europäischen Stabilitätsmechanismus, der weiterent­wickelt wird: Auch diesbezüglich wird heute hier ein Beschluss gefasst. Es geht darum, das Geld, das im Stabilitätsmechanismus zur Verfügung gestellt wurde, für einen allfäl­ligen weiteren Bankenabwicklungsfall in Europa hernehmen zu können. Das stärkt ins­gesamt das Ziel der Bankenunion und wird auch dazu beitragen, dass der Finanzsektor eine höhere Stabilität hat.

Da hat man, glaube ich, in den letzten Jahren infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise viel gelernt, und ich bin froh darüber, dass das gemacht wurde. Warum? – Weil wir in der aktuellen Situation mit der Eigenkapitalausstattung der österreichischen Banken vor der letzten Krise ein sehr, sehr großes Problem bekommen hätten. Das ist jetzt über­haupt nicht der Fall. Der Finanzsektor in Österreich ist sehr stabil, und das ist auch den Reformmaßnahmen, die von der europäischen Ebene vorgegeben worden sind, zu verdanken. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Kittl.)

15.30