12.22

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wie schon meine Vorredner gesagt haben, werden wir in diesem Tagesordnungspunkt die Änderung von drei Gesetzen diskutieren: Dies ist zum einen die Änderung des Passgesetzes, bei der es im Wesentlichen um die Umsetzung der EU-Verordnung zur Erhöhung der Sicherheit von Personalausweisen geht – das wurde auch von meinen Vorrednern schon sehr genau ausgeführt. Es werden weitere Sicherheitsmerkmale für den Personalausweis festgelegt.

Zum Zweiten werden einige Sonderregelungen im Staatsbürgerschaftsgesetz, dem Nie­derlassungs- und Aufenthaltsgesetz, dem BFA-Verfahrensgesetz und dem Asylge­setz noch einmal verlängert, und das hängt – auch dies wurde von meinen Vorrednern schon erwähnt – damit zusammen, dass sich die epidemiologische Lage noch nicht so weit entspannt hat, dass man mit 30.6. schon zu den alten Regelungen zurückkehren könnte.

Nun möchte ich allerdings zu den Änderungen im Sicherheitspolizeigesetz kommen, die ich für wirklich wichtig und sehr wesentlich halte. Unerwünschte E-Mails, Whatsapp-Nachrichten oder Anrufe, das Verbreiten von Gerüchten, das Veröffentlichen von intimen Bildern, das Abpassen auf dem Weg zur Arbeit, verbale Bedrohungen, körperliche Gewalttätigkeiten und auch sexuelle Übergriffe: Das, was im Strafgesetzbuch als „Beharrliche Verfolgung“ bezeichnet wird, ist für jede siebte Frau in diesem Land Realität – Stalking.

Stalking, sehr geehrte Damen und Herren, ist kein Kavaliersdelikt, sondern Gewalt. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Schartel.) Diese Bundesregierung nimmt den Kampf gegen Gewalt an Frauen sehr, sehr ernst, und ich freue mich, dass wir heute im Gewaltschutz gemeinsam den nächsten Schritt gehen können, nämlich die Änderung des Sicherheits­polizeigesetzes. Worum geht es nun ganz genau bei dieser Änderung? – 2019 ist gemeinsam von ÖVP und FPÖ ein Gewaltschutzpaket ausgearbeitet worden, das dann auch in Kraft getreten ist, das jedoch von OpferschützerInnen sehr breit kritisiert wurde. Es gab Kritik vom Österreichischen Frauenring, vom Frauenvolksbegehren, von der Allianz gewaltfrei leben, von den österreichischen Gewaltschutzzentren und so weiter.

Es wurde völlig zu Recht wirklich breite Kritik formuliert, weil dieses Gesetz in vielen Punkten Verschlechterungen im Gewaltschutz gebracht hat (Bundesrätin Schartel: Stimmt ja gar nicht! Stimmt ja gar nicht!), Verschlechterungen statt Verbesserungen (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), unter anderem genau im Bereich Stal­king. Wie das? – Ich erkläre es: Bis zum Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes 2019 war mittels Erlass geregelt, dass den Opferschutzeinrichtungen personenbezogene Daten und auch die Vernehmungsprotokolle im Fall von Stalking übermittelt werden, sodass die Gewaltschutzeinrichtungen nämlich proaktiv auf die von Stalking Betroffenen zugehen konnten. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Mit dem Gewaltschutzgesetz 2019 ist genau diese Regel weggefallen, und in der Praxis sieht es derzeit so aus, dass die Opfer bei der Anzeige ein Informationsblatt bekommen, auf dem zwar alle relevanten Informationen vorhanden sind, aber es erfolgt in Wirk­lichkeit keine weitere Erklärung dazu und keine aktive Kontaktaufnahme seitens der Opferschutzeinrichtungen.

Ich glaube, ich muss jetzt nicht extra sagen, dass man als Opfer in einer besonderen Ausnahmesituation nicht den Infozettel ganz genau studiert, um dann den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und sich an die Opferschutzeinrichtung zu wenden. Genau das ist mir neulich auch beim Besuch einer Familienberatungsstelle in meinem Nachbar­bezirk gesagt worden.

Von den dortigen BeraterInnen in der Prozessbegleitung wird die vorliegende Gesetzes­änderung sehr begrüßt und als äußerst wichtig eingestuft. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Dadurch wird es nun wieder möglich sein, dass von Stalking Betroffene wieder wirklich wichtige Informationen über wesentliche Opferschutzrechte wie die Pro­zess­begleitung und auch die Möglichkeit zur Durchsetzung von Schadenersatz­an­sprüchen bekommen; eben indem sie kontaktiert werden können und dadurch auch Beratung – insbesondere im Hinblick auf ihre eigene Sicherheit – besser in Anspruch nehmen können.

Darum ändern wir dieses Sicherheitspolizeigesetz, und das ist wichtig. (Beifall bei Bun­desrätInnen von Grünen und ÖVP.) Wir führen ein, dass künftig bei Stalking diese personenbezogenen Daten den OpferschützerInnen wieder proaktiv übermittelt werden, nämlich nicht erst nachdem es ein Betretungs- oder Annäherungsverbot gegeben hat, sondern schon dann, wenn es zur Anzeige wegen Stalking kommt. Wir korrigieren nun einen Fehler, das ist gut, richtig und wichtig. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Mit dieser Fehlerkultur und mit den Änderungen im Sicherheitspolizeigesetz gehen wir einen nächsten und wichtigen Schritt bei der Stärkung von Gewaltschutz und Opfer­schutz und setzen eine wirklich zentrale Forderung von Expertinnen und Experten um.

Ich weiß – und das wurde von meinen Vorrednern auch schon gesagt –, die Stärkung des Gewaltschutzes ist unser gemeinsames Ziel hier, und ich möchte mit einem Danke­schön abschließen, nämlich einem Dankeschön an all jene, die täglich im Gewaltschutz, im Opferschutz und in der Gewaltprävention wichtige Arbeit zum Schutz von von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern leisten: Vielen, vielen Dank für Ihre Arbeit, sie ist sehr wichtig und wir werden Sie weiterhin bestmöglich dabei unterstützen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.29

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Johannes Hübner. Ich erteile ihm dieses. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Kannst du sagen, dass Grün Stillstand heißt?)