13.03

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Bundesministerin! Liebe Gäste hier – eine ist noch da – und vor den Fernsehgeräten! Frau Mattersberger hat alles schon wun­derbar ausgeführt. Wir freuen uns über die 50-prozentige Aufstockung des Härtefall­fonds auf 3 Milliarden Euro. Wir freuen uns auch über die Klarstellung, dass die Non-Profit-Organisationen nun einen eigenen Fonds haben und das natürlich auch den Härtefallfonds nochmals entlastet. Was wir auch sehr gut finden, ist die neuere und die genauere Definition der Personen, die dem Härtefallfonds gegenüber anspruchs­berech­tigt sind. Es sind Personen, die ein aufrechtes Versicherungsverhältnis in einer ge­setzlich vorgeschriebenen oder auch freiwilligen Kranken- oder Pensionsversicherung haben oder solche aus den freien Berufen, deren Versicherungsverhältnis durch eigene Tätigkeit begründet wird.

Ja, ich bin die letzte Rednerin hierzu. Es wird wahrscheinlich nicht mehr gesagt, dass es gut war. Die Wirtschaft hat sich mehr erholt, als prognostiziert war, auch die Arbeits­losenzahlen gehen zurück, natürlich nicht so schnell, wie wir alle uns das wünschen würden.

Worauf ich jetzt aber eingehen möchte, ist die Debatte, die jetzt allenthalben ange­sprochen wurde, nämlich die, wie wieder Geld in die Bundeskasse hineinkommen soll. Nach unserer Positionierung sollte das kein Sparkurs sein und, wie das unser Kollege Koza immer sagt, auch kein Kürzungskurs. Einen solchen wollen wir nicht einschlagen. Wir finden eine Erhöhung der Produktivität mittels Investitionen, vor allem Investitionen in den Klimaschutz, in erneuerbare Energie und in Richtung Green Jobs sehr gut.

Ein kleiner Sidestep: Es braucht auch Investitionen zur Förderung von Berufen in Branchen mit Fachkräftemangel, und da vor allem für Frauen, um in besser bezahlte Mint-Berufe zu kommen und die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zu schließen.

Geht es nach uns, sollte ein solcher Kürzungskurs also nicht eingeschlagen werden. Ganz im Gegenteil: Wir würden uns freuen, wenn wieder eine Vermögensteuer einge­führt würde, die es ja schon einmal gegeben hat, aber unter Bundeskanzler Gusenbauer abgeschafft worden ist. Jetzt fordern sogar die Reichen selbst diese Steuer – Tax me now! ist das Sichtwort dazu. Mein Appell ist: Trauen wir uns das! Führen wir sie endlich wieder ein, es wird uns nicht schaden! (Beifall bei BundesrätInnen der Grünen und bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Es wurde auch die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten diskutiert. Tut mir leid, ich bin die letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt und es ist Mittag, aber darauf, warum wir die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten nicht wollen, vor allem nicht der Sonntagsladenöffnungszeiten, würde ich gerne ein bisschen genauer eingehen wollen. Dazu führe ich vier Punkte an.

Erster Punkt: Wer von Freiwilligkeit am Markt spricht – ich muss mich da entschuldigen –, der hat keine Ahnung vom Markt, der aus Konkurrenz und Wettbewerb besteht. Öffnen ein paar, müssen alle mitziehen, und vor allem werden die Großen öffnen, die sich Wochen­endzuschläge leichter leisten können. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Die anderen, die Kleinen – ich habe heute von Frau Kahofer „selbst und ständig“ gelernt, das ist sehr gut – müssen um ihre Existenz bangen.

Zweiter Punkt: Liberalisierte Öffnungszeiten bringen natürlich auch Druck auf die Han­delsangestellten. Wer sind die Handelsangestellten? – Es sind vor allem Frauen. Diese werden dann wohl, um ihren Job nicht zu verlieren, sagen, dass sie am Wochenende arbeiten, aber sie müssen sich dann halt auch um eine Kinderbetreuung, die am Sonntag wahrscheinlich nicht gratis ist, kümmern. Sonntag ist Ruhetag! Das sagt nicht die Kirche, sondern das sagt eben das Arbeitsruhegesetz.

Dritter Punkt: Der soziale Rhythmus unserer Gesellschaft ist klassisch Monday to Friday. Wir kennen es: In manchen Berufen trägt man am Freitag schon legere Kleidung, um ins Wochenende zu fahren. Menschen, die am Sonntag arbeiten, fallen aus diesem Rhythmus heraus. Das kann, ich betone, das kann ihnen vielleicht mehr Geld bringen, aber es frustriert sozial, denn sie können weder Freunde noch Familie treffen, sie können keine Aktivitäten mit ihnen unternehmen. Man muss arbeiten gehen. Ich glaube, wir hier, die wir politisch tätig sind und oft abends und am Wochenende arbeiten, kennen das alle sehr gut. Uns geht es aber finanziell, so glaube ich, nicht schlecht.

Vierter Punkt: Die Menschen würden vermehrt am Wochenende einkaufen gehen. Ich glaube, das war das Motiv dieses Liberalisierungswunsches. Dazu würde ich gerne eine kleine Anekdote erzählen. Ich habe einmal mit einer US-amerikanischen Diplomaten­gattin gesprochen und habe sie gefragt: Was gefällt Ihnen denn am besten in Wien? Und sie sagte: dass am Sonntag die Geschäfte zu sind. Ich habe mich ein bisschen ge­wundert über diese Aussage und habe gefragt: Warum? Und sie sagte: Ja, weil ich nicht mehr shoppen gehen kann, sondern ich muss ins Museum gehen oder mich anderwärtig kulturell bilden! Sie sagte, das war eine unglaublich Bereicherung für ihr Leben.

Das Fazit ist: Sonntagsöffnungszeiten sind ein riesiger Verlust an nichtkonsumorien­tierter Lebensqualität; sie nehmen uns Raum und Zeit für unsere Familie, für unsere Freunde; sie nehmen uns Zeit, uns unserer körperlichen Gesundheit durch Bewegung, Sport oder durch Nichtstun zu widmen und um uns zu erholen und abschalten zu können. Sie nehmen uns auch die Zeit für unsere geistige Gesundheit und kulturelle Weiterbildung, für Ausflüge in andere Welten, um so auch unsere eigene Welt etwas größer zu machen. Der gesellschaftspolitische Wert des Sonntags als Ruhetag ist nicht zu unterschätzen, denn nicht alles, nicht jeder Tag sollte sich um die Wirtschaft und ums Einkaufen drehen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

13.10

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Margarete Schramböck zu Wort gemeldet. Ich bitte darum.