14.31

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Linhart: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder des Bundesrates! Liebe Österreicherinnen und Öster­reicher! Herzlichen Dank für die Möglichkeit, mich im Zuge der Debatte zur Regierungs­erklärung an Sie alle zu wenden! Es ist mir eine Ehre, zum ersten Mal in meiner Funktion als Außenminister zu Ihnen, werte Damen und Herren des Bundesrates, zu sprechen. Als Diplomaten sind wir es ja gewohnt, uns für unser Land, für Österreich, im Ausland, aber auch im Inland einzusetzen, und ich sehe es als Chance, dies nun auch als Außen­minister zu tun.

Vor drei Wochen habe ich dieses Amt mit großem Respekt und großer Demut angetre­ten. Wie bereits in den vergangenen Jahren im diplomatischen Dienst lasse ich mich dabei von Werten leiten: Dialog und Verbindlichkeit bei klarer inhaltlicher Position im Einsatz für unser Land. Ich darf Ihnen versichern: Österreichs Diplomatie steht nie still. Die Arbeit geht seither nahtlos weiter, denn auch die außenpolitischen Krisen und Krisenherde stehen nicht still. In Syrien und im Jemen herrscht die Sprache der Gewalt anstelle des Dialogs. Das Wiener Atomabkommen mit dem Iran hängt an einem sei­denen Faden. In Belarus, Myanmar oder Nicaragua wird den demokratischen Kräften die Luft zum Atmen genommen. Die Grausamkeiten des islamistischen Terrorismus blicken uns aus immer mehr afrikanischen Staaten – von Mali, Somalia bis Mosambik – entgegen.

Afghanistan entwickelt sich zu einem sicherheitspolitischen schwarzen Loch, das die gesamte Region destabilisieren könnte. Die Entwicklungen in und um Afghanistan werden thematisch im Zentrum meiner Reise in die zentralasiatischen Staaten Kirgisis­tan, Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan stehen, die ich bereits morgen antre­ten werde, und sie standen auch letzte Woche im Mittelpunkt meiner Reise nach Katar.

Nicht nur die Region um Afghanistan, sondern die gesamte Golfregion ist im Wandel. Die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umwälzungen in dieser Region sind enorm. Ich bin überzeugt, dass es in unserem Eigeninteresse ist, diese Dynamik zu begleiten und positiv zu beeinflussen. Gleichzeitig verlaufen durch die Region Bruch­linien. Als Österreicher wollen wir dazu beitragen, dass Spannungen abgebaut werden und das gegenseitige Vertrauen gestärkt wird. (Vizepräsidentin Schwarz-Fuchs über­nimmt den Vorsitz.)

Von besonderer geopolitischer Bedeutung ist für mich auch die Region des Westbal­kans. Sicherheit und Stabilität am Westbalkan bedeuten auch für uns und ganz Europa Sicherheit und Stabilität. Deshalb hat mich meine erste Auslandsreise als Minister noch in der Woche meiner Angelobung nach Sarajevo und damit in die Region des West­balkans zu unseren Nachbarn, Freunden und hoffentlich in absehbarer Zeit auch Ver­bündeten innerhalb der Europäischen Union geführt.

Angesichts dieser weltweiten Herausforderungen steht eine enge Abstimmung mit den EU-Partnern für mich als überzeugten Europäer im Zentrum. Wir brauchen eine starke Europäische Union, eine Wertegemeinschaft, einen Champion für eine auf Regeln basierende Weltordnung – wo die Herrschaft des Rechts und nicht das Recht des Stärkeren gilt.

Bereits wenige Tage nach Amtsantritt hatte ich die Gelegenheit, mich in Luxemburg mit meinen EU-Amtskolleginnen und -Amtskollegen auszutauschen, denn ich glaube, nur in enger Partnerschaft mit unseren europäischen und internationalen Verbündeten können wir die Herausforderungen von heute und morgen – wie zum Beispiel die globale Covid-19-Krise und ihre sozialen und wirtschaftlichen Folgen, die Chancen und Risken, die der Einsatz neuer Technologien mit sich bringt, oder den Klimawandel als die entscheidende Aufgabe heutiger und künftiger Generationen – bewältigen.

Da gibt es auch verschiedene Formate: gerade in der Nachbarschaftspolitik, in der es auch Interessen, Berührungspunkte mit den Bundesländern und Potenzial, ja, ich glau­be, Notwendigkeit für eine Zusammenarbeit gibt. Mir ist es ein persönliches Anliegen, die erfolgreiche Zusammenarbeit im Format der Slavkov-Staaten – also Tschechien, Slowakei und Österreich – sowie auch mit den Central Five – da kommen Ungarn und Slowenien dazu – fortzusetzen und weiter zu intensivieren, denn gerade die multilaterale Kooperation war und ist einer der wichtigsten Schlüssel bei der gemeinsamen Bekämp­fung der Coronapandemie und ebenso wichtig beim wirtschaftlichen Wiederaufbau. Da­rum liegt auch einer meiner Schwerpunkte jetzt auf Refocus Austria, unserem Come­backplan für die heimische Wirtschaft auf der ganzen Welt. Auch da ist der enge Aus­tausch mit unseren Nachbarn und Partnern essenziell, daher war das auch einer der Schwerpunkte beim Treffen mit meinen C5-Kollegen vor zwei Wochen in Wien.

Meine Damen und Herren Bundesräte, ich versichere Ihnen, dass wir weiterhin unsere Stimme erheben werden: für friedliche Lösungen von Konflikten am Verhandlungstisch, für die Menschenrechte und Grundfreiheiten, die für mich ein universelles Gut darstellen, gegen jegliche Form des Antisemitismus, für eine starke transatlantische Partnerschaft, die es erlaubt, unser Lebensmodell gegen autoritäre Gegenentwürfe zu verteidigen, und für unsere offene, pluralistische und demokratische Gesellschaft, denn ich bin über­zeugt, dass dieser Wertekatalog Grundstein unserer Stabilität und unseres Wohlstands ist, dass unser diplomatischer Einsatz dafür ein Mehr an Sicherheit für die Österreiche­rinnen und Österreicher bringt.

Vor diesem Hintergrund freue ich mich sehr auf die große Herausforderung, die vor mir liegt. Ich möchte mich an dieser Stelle auch für das Vertrauen, das Sie in mich setzen, ganz herzlich bedanken – insbesondere aber auch bei dir, Herr Bundeskanzler, lieber Alexander, aber auch bei Bundesparteiobmann Sebastian Kurz. Als Teil des ÖVP-Regierungsteams freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit all meinen Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Bundesregierung, mit dem Hohen Haus und mit Ihnen, liebe Damen und Herren Bundesräte. Vor uns liegt eine spannende und intensive Zeit, in der es gilt, gemeinsam bestmöglich für die Österreicherinnen und Österreicher im In- wie im Ausland zu arbeiten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und Grünen.)

14.38

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.