17.32

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie zuschauen! Es ist natürlich eine etwas schwierige Situation, wenn man nach dieser Rede hier sprechen soll. Ich gebe auch zu: Ich bin kein Virologe, ich bin kein Arzt. Da gibt es andere, die, wie ich glaube, dazu heute auch noch sprechen werden.

Eines kann ich jetzt aber schon feststellen, denn wir sind alle sehr gut informiert worden, und es gibt eine sehr gute Datenlage: Wenn man beispielsweise die Spitalsbelegungen so ausrechnet, dass man alle Krankheiten mitrechnet und dann erst in geimpft oder un­geimpft aufteilt, dann ist das einfach eine ganz bewusste Strategie, um den besten Schutz, den es gibt, nämlich das Impfen, zu desavouieren. Ich bitte alle Zuschauer und Zuschauerinnen: Glauben Sie nicht, was hier jetzt gesagt worden ist! Schon gar nicht ist das irgendein Kampf für die Freiheit. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Bundesra­tes Arlamovsky.)

Der Ministerpräsident von Sachsen, ein CDU-Politiker, Kretschmer, hat neulich einen sehr klugen Satz gesagt, fand ich. Er hat gesagt: „Freiheit ohne Verantwortung nennt man Egoismus“. – Das ist ein ausgesprochen gescheiter Satz. (Bundesrat Steiner: Rich­tig!) Das, was wir jetzt machen müssen, ist, Freiheit als Freiheit mit Verantwortung zu verstehen. – Schön, dass Sie das auch richtig finden, Herr Kollege Steiner von der FPÖ.

Das muss man schon einmal klar sagen, weil heute wahrscheinlich mehrere Leute zu­schauen: Es gibt nur drei Möglichkeiten, wie wir aus dieser Krise der Pandemie heraus­kommen: Entweder wir erreichen eine hohe Durchimpfungsquote – das ist das Ziel, das auch ich habe –, oder es gibt einen permanenten Lockdown – den will doch wirklich nie­mand –, oder man lässt das Virus durchlaufen, die Menschen sterben in den Gängen, in den Spitälern en masse, niemand will mehr in den Spitälern arbeiten, unser Gesund­heitssystem steht vor einem Kollaps. Wenn ich, Herr Kollege Ofner – Sie lachen jetzt sogar darüber –, Ihren Ausführungen zuhöre, habe ich den Eindruck, das ist die Lösung der Freiheitlichen Partei: Wir lassen die Menschen einfach sterben, jetzt lassen wir es durchlaufen, ohne Lockdowns, ohne Impfungen. (Bundesrat Ofner: So ein Blödsinn!) Das ist Ihre Lösung. Ich kann es nicht anders interpretieren. (Bundesrat Spanring: Sie wollen es nicht anders interpretieren! – Bundesrat Steiner: Weil du zu blöd bist! Weil du es nicht verstehst!)

Vizepräsident Günther Novak: Herr Kollege Schreuder, bitte denken Sie nach, was Sie hier vorne sprechen. (Bundesrat Steiner: Bravo, Herr Präsident! – Beifall bei Bundesrä­tInnen der FPÖ.) – Bitte.

Bundesrat Marco Schreuder (fortsetzend): Ich habe eigentlich sehr gut darüber nach­gedacht, worüber ich spreche.

Wir sind immer noch in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, und nach wie vor ist das eine schwierige Zeit. Ich möchte schon auch betonen, dass beispielsweise der Herr Gesundheitsminister auch im Sommer immer wieder gesagt hat – auch meine Kollegin Claudia Hauschildt-Buschberger hat das immer wieder, auch im Sommer, be­tont –: „Die Pandemie ist nicht vorbei.“ – Das haben wir immer wieder gesagt, und es war auch immer wichtig, daran zu erinnern.

Eine Sache, die ich schon auch interessant finde: Wir diskutieren das vor allem aus einer nationalen Perspektive – das ist im Bundesrat auch logisch, denn wir sind ein nationales Parlament –, aber – das ist schon angesprochen worden – wir können ja die Grenzen nicht abschaffen. Wenn wir genau schauen, wie sich die Wellen in Europa ausgebreitet haben, sehen wir: Es ist ja nicht so, dass Österreich ein Alleinstellungsmerkmal gehabt hat. Es gibt derzeit rund um uns herum explodierende Zahlen, die uns allen natürlich Sorgen machen – in der Slowakei, in Slowenien, in Tschechien und jetzt auch in Bayern. (Bundesrätin Schumann: Aber nicht in Spanien und nicht in Portugal!) – Zu Spanien komme ich noch, keine Frage.

Sehr geehrte Damen und Herren und liebe SPÖ! Da sitzen wir wirklich gemeinsam in einem Boot. Schaut man sich an, wo es in Europa (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Hahn und Schumann) – ihr wisst ja noch gar nicht, was ich sagen will – gut funktioniert – und Sie haben Spanien zu Recht genannt, Frau Kollegin Schumann – und wo es Schwie­rigkeiten gibt, dann sieht man, dass das immer vom Organisierungsgrad der organisier­ten Impfgegnerschaft abhängt. Der entscheidet, ob es in einem Land erfolgreich läuft oder nicht.

Wir wissen es aus Spanien, wir wissen es zum Beispiel aus Dänemark (Bundesrat Stei­ner: Ja, gut! Super!), da gibt es keine einzige Partei, die gegen die Impfungen ist. Da sind alle Parteien für Impfungen, haben geschlossen und gemeinsam agiert und gesagt: Bitte, liebe Leute, wenn ihr keine fünfte, keine sechste, keine siebte und keine achte Welle haben wollt, dann müssen wir alle impfen gehen! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es gibt nun einmal – leider; das ist unser gemeinsames Problem, SPÖ – eine Allianz von Leugnern und Leugnerinnen. Da ist nicht nur die FPÖ dabei, sondern da ist auch die Esoterikschiene dabei, da sind viele Leute dabei, die nicht mehr an die evidenzbasierte Wissenschaft glauben. Das ist unser gemeinsames Problem. (Zwischenruf der Bundes­rätin Steiner-Wieser. – Bundesrat Spanring: Da klatscht jetzt keiner, gell!?)

Es ist eine gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir die Impf­quote hinaufbringen. Dafür wird die Regierung sorgen, dafür muss aber auch jeder von uns sorgen. Jeder Fußballverein, der wieder vor Publikum spielen soll, kann selbst Ak­tionen setzen und sagen: Bitte, liebe Fans, geht impfen! Jedes Ensemblemitglied eines Theaters, das gerne wieder vor Publikum spielen möchte, kann dazu beitragen und sa­gen: Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen, geht impfen!

Wir brauchen einen Zusammenhalt. Das ist keine parteipolitische Frage, und deswegen ist es mir an dieser Stelle auch wichtig, zu sagen: Ich bin sehr froh über Landeshaupt­mann und Bürgermeister Michael Ludwig in Wien. Er hat in dieser Zeit ausgezeichnete Arbeit gemacht. Ich bin sehr dankbar, dass es im Burgenland gelungen ist, eine so hohe Impfquote zu erreichen. Wir können uns anschauen: Wie haben die das geschafft? Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, aber es ist keine parteipolitische Frage.

Ich will nur ein Beispiel nennen – sorry, wenn ich das jetzt auch sagen muss –: In Kärnten sind die Impfquoten halt nicht so super. Es ist also keine parteipolitische Frage, sondern es geht immer um die Frage: Wie stark ist die organisierte Impfgegnerschaft in einem Land? (Zwischenruf des Bundesrates Ofner.) Das ist die Kernfrage, und es ist unsere Aufgabe, die Antworten zu finden.

Wir entscheiden jetzt, wie es in den kommenden Wochen und Monaten weitergehen wird. Wir müssen jetzt handeln, und das verlangen auch die Leute, die heute zuschauen: Die wollen keine fünfte Welle, die wollen keine sechste Welle! Die wollen, dass wir ge­meinsam daran arbeiten, dass ein Lockdown nicht mehr notwendig ist. Wir sind bereit dafür. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Ofner: Nein, wir wollen die Regierung nicht!)

17.40

Vizepräsident Günther Novak: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Steiner zu Wort gemeldet. – Bitte.