9.41

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherin­nen und Zuseher! Gestern war der Weltfrauentag, der uns jährlich daran erinnert, welch weiten Weg wir einerseits auf der Welt, aber andererseits sicherlich auch in Österreich im Dienste der Gleichberechtigung, im Dienste der realen Gleichstellung von Frauen und Männern noch gehen müssen.

In diesem Jahr ist der Weltfrauentag natürlich besonders überschattet vom Krieg in der Ukraine – einem Krieg, der uns schmerzlich vor Augen führt, dass die Werte Freiheit und Sicherheit, die für uns in Europa alle so selbstverständlich sind, ganz zerbrechlich und nicht so selbstverständlich sind.

Aufgrund der Nähe dieses Krieges, der 600 Kilometer weit entfernt jetzt mitten in Europa stattfindet, haben wir eine Verpflichtung und eine Verantwortung, nämlich für Solidarität mit der Ukraine, humanitäre Hilfe vor Ort und selbstverständlich die Verpflichtung, jenen Schutz suchenden Frauen und Kindern, die flüchten müssen, Schutz zu geben, wenn sie diesen in Österreich brauchen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich durfte mich letzte Woche auch mit Frauen mit ukrainischen Wurzeln austauschen. Sie können sich vielleicht ansatzweise vorstellen, wie es denen derzeit geht. Sie sind oft die stillen Leidtragenden einer kriegerischen Situation, denn sie sind diejenigen, die alle Kraft zusammennehmen müssen, um für die Kinder da zu sein, um irgendwie für die Kinder stark zu sein, um den Kindern selbst auf der Flucht, in einer Situation, in der sie irre Ängste erleiden, weil sie nicht wissen, was mit ihrem Ehemann ist, weil sie nicht wissen, was mit dem Papa zu Hause ist, Kraft und Stärke zu zeigen, damit ihnen auch in dieser schwierigen Situation eine gewisse Normalität gegeben werden kann.

Ich habe den Frauen für diese Kraft und Stärke meinen allerhöchsten Respekt und auch die Solidarität Österreichs in dieser schwierigen Situation ausgedrückt. Damit allein ist es aber nicht getan. Selbstverständlich müssen wir das sage ich auch anlässlich des Weltfrauentags, da derzeit wirklich Frauen und Kinder unsere Unterstützung brauchen  auch Maßnahmen vorbereiten, um jene Frauen und Kinder in Österreich aufzunehmen und ihnen, sollte es die Kriegssituation notwendig machen, eine längerfristige Bleibe­perspektive zu geben.

Daher habe ich unter anderem gestern ein Frauenzentrum im Österreichischen Integra­tionsfonds eröffnet, in dem man speziell auf die Bedürfnisse der geflüchteten Frauen, die mit Kindern kommen, eingeht, in dem es eine Kinderbetreuung gibt, in dem man eben auch an Themen arbeitet, die primär Frauen betreffen. Ich sage jetzt nur Stichworte wie Frauengesundheit  wozu ich gestern ein Seminar besucht habe  und natürlich psychi­sche Gesundheit, wenn es darum geht, mit diesen schwierigen Situationen, in denen die Frauen derzeit sind, umzugehen.

Ja, wir sind solidarisch mit der Ukraine, ja, wir haben einen gemeinsamen Weg in der Europäischen Union. Selbstverständlich, das möchte ich an dieser Stelle noch einmal klarstellen und den Kanzler zitieren, der das auch unmissverständlich klargestellt hat, ist die Neutralität Österreichs, und sie wird es bleiben. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Spanring: Er hat auch gesagt, dass kein Lockdown kommt! Er hat auch gesagt, dass es keine Impflicht gibt!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich ist der Weltfrauentag jedenfalls der Tag, an dem wir unseren Blick, was die Gleichberechtigung, Gleichstellung der Frau in Öster­reich betrifft, in unser eigenes Land richten müssen. Der Befund zeigt uns ja, dass wir in der Vergangenheit sicherlich einige Schritte gegangen sind, aber er zeigt uns auch, dass noch viel zu tun ist. Ich glaube aber, und möchte mich auch ganz herzlich beim Koa­litionspartner bedanken, dass in den beiden letzten Jahren viel gelungen ist. Wir haben das Frauenbudget um über 80 Prozent erhöht. Es gab noch nie ein so hohes Frauen­budget, es gab noch nie so gute Beratungsstrukturen in den 170 Frauen- und Mädchen­beratungseinrichtungen, in den Gewaltschutzzentren, in den mehreren Hundert Fami­lienberatungsstellen, die wir finanziell gestärkt haben.

Wir haben das größte Gewaltschutzpaket mit fast 25 Millionen Euro verabschiedet. Wa­rum? Weil ein Leben frei von Gewalt das Wichtigste für die Unabhängigkeit, für die Selbstbestimmung ist. Was wollen wir? Wir wollen Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen, für jede Frau, für jedes Mädchen, das in Österreich lebt. Selbstverständlich ist es nicht die Aufgabe von Frauen und Mädchen, sich darum zu kümmern, dass sie selbst gestärkt werden, sondern das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es ist eine Auf­gabe, für die es die Politik braucht, eine Aufgabe, für die es die Gesellschaft und alle Einrichtungen braucht und für die es selbstverständlich auch die Männer braucht. Es ist daher auch das Thema dieser Aktuellen Stunde, da es zentral ganz oben auf der Agenda stehen muss, dass wir alles tun, damit jede Frau und jedes Mädchen in Österreich selbst­bestimmt leben kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Dafür ist es ganz wichtig, dass wir echte Wahlfreiheit ermöglichen. Wir wollen doch, dass jede Frau und jede Familie das Lebensmodell wählen kann, das sie möchte. Dazu braucht es selbstverständlich gute Strukturen in der Kinderbetreuung, weil man als Mutter das weiß ich aus eigener Erfahrung, wobei mein Sohn erst acht Monate alt ist, aber das Thema kommt schon immer näher  eine Kinderbetreuungseinrichtung haben will und braucht, die qualitativ gut ist, bei der man ein gutes Gefühl hat, wenn man das Kind dorthin gibt. Das ist wichtig, damit man selbst entscheiden kann, dass man arbeiten gehen kann. Daher werden wir, so ist das gemeinsame Commitment in der Bundes­regierung, mehr in die Kinderbetreuung investieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen. Ah-Rufe bei der SPÖ.)

Ja, ich habe letzte Woche zusätzlich zu bestehenden Einrichtungen, die gute Angebote haben, eine neue Einrichtung gegründet, die sich speziell der Selbstbestimmung und der Stärkung von Mädchen widmet, da ich selbst aus eigener Erfahrung weiß, wie wichtig es ist, dass man die tollen Frauen, die wir in Österreich haben – von der ersten Bundes­kanzlerin der Republik über die Rektorin der Technischen Universität Wien, über die Teamchefin im Fußball, über tolle Journalistinnen, wie Corinna Milborn –, einfach vor den Vorhang holt (Bundesrätin Schumann: Genau!), damit sie inspirierend wirken. Mich hat es als junge Frau immer inspiriert, andere Frauen kennenzulernen, die stark sind, ihren Weg gegangen sind, und das möchte ich für viele Frauen und Mädchen in Öster­reich. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das wird natürlich nicht das Einzige sein, was dieser Fonds tut, sondern wir werden Wissensvermittlung betreiben, denn es ist wichtig, dass Frauen informierte Entschei­dungen treffen, dass man weiß, was es für die Pension bedeutet, wenn man einige Jahre in Karenz geht. Man kann sich entscheiden, wie man will, aber man muss informiert sein. Ich möchte, dass die Politik diese Aufgabe wahrnimmt und auch diesen Beitrag zur Stär­kung und Gleichberechtigung leistet.

Ich möchte mich noch bei allen Abgeordneten bedanken. Wir haben zwar vielfach un­terschiedliche Zugänge, was die Frauenpolitik betrifft, aber uns eint sicher ein Gedanke, nämlich: dass wir noch nicht dort sind, wo wir sein müssen, wo es auch unsere liberale Demokratie gebietet, zu sein, und dass wir gemeinsam alles tun müssen, damit wir im­mer Schritte vorwärts kommen. Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.49

Vizepräsident Günther Novak: Danke, Frau Bundesministerin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Heike Eder. Ich erteile ihr das Wort und mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 5 Minuten nicht überschreiten sollte.