9.49

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher via Livestream! Hast du deinen Vorgesetzten zuvor gefragt, ob ihr noch ein zweites Kind haben dürft? Wie kannst du Job und Kinder unter einen Hut bringen? Wie soll es überhaupt möglich sein, eine Führungsfunktion innezuhaben und Kinder zu haben? Tja, manchem ist die Karriere halt offensichtlich wichtiger als die eigenen Kinder!

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das sind keine erfundenen Fragen, das sind Fragen aus dem realen Leben. Das sind Fragen, die mir oder meinen Bekannten regel­mäßig gestellt werden, Fragen, die so vermutlich kaum einem Mann gestellt werden. Es sind aber auch Fragen, die nicht nur Männer, sondern gerade auch Frauen stellen.

Meine Erfahrung deckt sich auch mit wissenschaftlichen Studien. Laut dem Gender-So­cial-Norms-Index haben neun von zehn Menschen Vorurteile gegenüber Frauen. Welt­weit sind fast 50 Prozent der Männer und der Frauen der Meinung, dass Männer die besseren Politiker sind. Obwohl der Anteil an männlichen und weiblichen Wählern welt­weit gesehen nahezu identisch ist, sind nur 24 Prozent der parlamentarischen Sitze an Frauen vergeben.

Ähnliche Studien gibt es auch aus dem Arbeitsbereich. Demnach hätten 40 Prozent der Frauen lieber einen männlichen Chef und nur 10 Prozent der Frauen lieber eine Chefin. Was ich damit sagen möchte: Die gesellschaftliche Einstellung und die soziale Überzeu­gung jedes und jeder Einzelnen beeinflussen die Gleichstellung der Geschlechter maß­geblich. Empowerment beginnt also bereits im Kopf. Wenn von Female Empowerment die Rede ist, dann geht es immer darum, Frauen darin zu unterstützen, ein selbstbe­stimmtes Leben zu ermöglichen. Da ist natürlich die Politik ganz maßgeblich gefordert, gute Rahmenbedingungen zu schaffen.

Einige wirklich sinnvolle Vorschläge und konkrete Maßnahmen, wie zum Beispiel LEA, zur Stärkung von Frauen und Mädchen haben wir bereits in den Reden zuvor schon gehört. Doch mindestens genauso wichtig wie die politischen Maßnahmen ist auch un­sere innere Geisteshaltung, da adressiere ich nicht nur Männer, sondern gerade auch uns Frauen. Es braucht auch ein gesellschaftliches Umdenken, eine ehrliche Akzeptanz gegenüber unterschiedlichen Lebenskonzepten. Wir müssen Entscheidungen der Frau­en, die sich dazu entschließen, eine Karriere zu verfolgen und keine Kinder zu bekommen, genauso respektieren wie die Entscheidung von Frauen, die zu Hause bleiben möchten, um für ihre Familie zu sorgen und natürlich erst recht die Entscheidung solcher Frauen, die Kinder haben und gleichzeitig ihre Karriere vorantreiben möchten.

Wir müssen uns dafür stark machen, dass dies eine freie und eine bewusste Entschei­dung jeder einzelnen Frau sein darf und muss. Soziale Überzeugungen beeinflussen die Gleichstellung der Geschlechter maßgeblich. Deshalb sind wir alle gefordert, uns in un­serem täglichen Leben mit unseren Denkmustern auseinanderzusetzen und uns auch unserer Vorurteile bewusst zu werden. Liebe Frauen! Wir müssen uns besser unterein­ander vernetzen, uns gegenseitig unterstützen, den Rücken stärken und uns Mut ma­chen, anstatt uns für unsere unterschiedlichsten Lebenskonzepte zu verurteilen.

Männer und Frauen sind nicht gleich, das ist heute schon gefallen, und das ist auch gut so. Diese Unterschiedlichkeit gehört in jeden Besprechungsraum, in jede Verhandlung, in die Politik, in die Wirtschaft und in jedes Feld der Gesellschaft. Um das zu erreichen, müssen wir nicht nur die passenden Rahmenbedingungen schaffen, sondern auch an unserer Einstellung arbeiten, denn Empowerment beginnt bereits im Kopf. Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.53

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch. Ich erteile ihr das Wort.